Boris Pistorius (SPD), Bundesminister der Verteidigung, bei einem Pressestatement im Rahmen eines Besuches auf dem Truppenübungsplatz in Altengrabow.
Bildrechte: picture alliance / photothek | Florian Gaertner
Videobeitrag

Die Bundeswehr müsse kriegstüchtig werden - für diese Äußerung erntete Bundesverteidigungsminister Pistorius mehrfach Kritik. (Archivbild)

Videobeitrag
>

"Kriegstüchtig" werden? Weiter Streit um Pistorius' Forderung

"Kriegstüchtig" werden? Weiter Streit um Pistorius' Forderung

"Wir teilen nicht die Zielrichtung": Auch CSU-Chef Markus Söder kritisiert die Forderung nach einer "kriegstüchtigen" Bundeswehr. Der Begriff ist Teil neuer Richtlinien, die Bundesverteidigungsminister Pistorius vorgelegt hatte.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die Formulierung des Verteidigungsministers sorgt schon seit Tagen für Diskussionen: "Kriegstüchtig" müsse die Bundeswehr werden, hatte Boris Pistorius (SPD) betont - und damit auch Kritik aus den Reihen der Ampel bekommen.

Nun hat sich auch Markus Söder zu Wort gemeldet. Laut den Worten des CSU-Chefs will Deutschland keinen Krieg führen, Deutschland wolle sich verteidigen können und wehrhaft sein, "aber nicht kriegsbegeistert".

"Wir finden es wirklich gut, wenn die Bundeswehr endlich verstärkt wird. Aber wir teilen ausdrücklich nicht die Zielrichtung der Bundesregierung, kriegstüchtig und kriegsbereit zu sein", sagte Söder nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. Deutschland beziehungsweise die Bundeswehr solle verteidigungsbereit sein, aber nicht kriegstüchtig werden. "Wir halten es für eine echt unglückliche Metapher und auch eine unglückliche Zielrichtung", betonte Söder.

"Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime"

In neuen verteidigungspolitischen Richtlinien, die Pistorius am vergangenen Donnerstag auf der Bundeswehrtagung in Berlin vorlegt hatte, wird "Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime" bezeichnet. Pistorius und der Generalinspekteur Carsten Breuer schreiben in dem Dokument: "Wir müssen Rückgrat der Abschreckung und kollektiven Verteidigung in Europa sein. Unsere Bevölkerung, aber auch unsere Partner in Europa, Nordamerika und der Welt erwarten von uns, dass wir uns dieser Verantwortung stellen."

Unter anderem der linke SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner hatte Pistorius für die Aussage kritisiert. Auch der Vorsitzende des Europaausschusses des Bundestags, Anton Hofreiter (Grüne), hatte sich von der Wortwahl distanziert. "Ich verstehe, was der Verteidigungsminister meint, hätte persönlich aber andere Worte gewählt", sagte Hofreiter t-online. "In Zeiten, in denen Russland die europäische Sicherheitsordnung beseitigt und einzig auf das Recht des Stärkeren setzt, müssen wir in der Lage sein, unser Bündnisgebiet zu verteidigen."

Militärexperte Masala: "Verteidigen uns nicht mit Wattebäuschen"

Lob kam indes von der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Sie sagte t-online: "Die Vokabel ist ehrlich und trifft es auf den Punkt." Die Lage "sprachlich zu verweichlichen, damit wir uns besser fühlen, ist unehrlich und naiv."

Mit Blick auf Söders Kritik an Pistorius' Äußerung schrieb der Militärexperte Carlo Masala auf Twitter: "Deutschland will keinen Krieg führen und schon gar nicht anfangen, aber wir verteidigen uns auch nicht mit Wattebäuschen, sondern mit Waffen im Falle eines Angriffs. Und dann ist Verteidigung ein Teil des Krieges."

Brauchen "Mentalitätswandel": Pistorius verteidigt Forderung

Pistorius hatte am Sonntagabend Verständnis für Kritik an seiner Formulierung gezeigt, dass die Bundeswehr kriegstüchtig werden müsse - zugleich war er aber davon nicht abgerückt. "Ich verstehe, wenn man den Begriff nicht mag. Das ist ein hässliches Wort für eine hässliche Sache. Krieg ist hässlich", sagte der SPD-Politiker in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". "Aber wenn wir ihn verhindern wollen, müssen wir einem potenziellen Aggressor sagen: Wir sind verteidigungsfähig." Dafür brauche es einen Mentalitätswandel in Deutschland, auch in der Gesellschaft.

Pistorius: Worte nicht leichtfertig gewählt - Krieg "zurück in Europa"

Schon bei der Bundeswehrtagung in Berlin einige Tage zuvor hatte der Verteidigungsminister erklärt, er wisse, dass seine Worte hart klingen und einige erschreckt haben. Er sage dies aber "nicht mit Leichtfertigkeit". Der Krieg sei "zurück in Europa" und darauf müsse sich Deutschland einstellen. Dies sei die Zäsur der Zeitenwende nach Russlands Angriff auf die Ukraine. "Ein souveränes Land muss in der Lage sein, sich gegen äußere Feinde im Ernstfall zur Wehr zu setzen", sagte Pistorius. "Das Ziel muss es sein, es gar nicht erst zum Ernstfall kommen zu lassen durch eine effektive Abschreckung: Krieg führen können, um keinen Krieg führen zu müssen." Dies bedeute es, "kriegstüchtig" zu sein. Dabei gehe es "nicht um Kriegstreiberei", sondern darum, Deutschlands Sicherheit zu gewährleisten.

Für die Bundeswehr bedeute dies, dass sie ausreichende Ausrüstung und Personal, aber auch eine neue Mentalität und effizientere Strukturen brauche. Pistorius begrüßte dabei, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) der Bundeswehr "dauerhaft" einen höheren Verteidigungsetat zugesichert hat, auch für die Zeit, wenn das 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für die Bundeswehr aufgebraucht sei. Dies sei notwendig, betonte der Minister, denn "Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif".

Mit Informationen von dpa und AFP

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!