Ukrainische Geflüchtete 2022 bei ihrer Ankunft in München
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"Löst Ängste aus": Geflüchtete müssen Münchner Hotels räumen

"Löst Ängste aus": Geflüchtete müssen Münchner Hotels räumen

Ende März erfuhr die Stadt München "überraschend" davon, dass die bayerische Staatsregierung die Kosten für die Unterbringung von 900 Geflüchteten in Hotels nicht weiter übernehmen wird. Die Betroffenen sollen jetzt binnen weniger Wochen ausziehen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Sie versammeln sich zu Dutzenden vor dem Eingang des Hotels im Schwabing-Freimann: Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine berichten von etlichen Sorgen und Ängsten - und von Frust. Denn: Die Geflüchteten sollen ihre Zimmer in dem Hotel auf Wunsch der bayerischen Staatsregierung bis Ende des Monats räumen. Laut der Arbeiterwohlfahrt (AWO) München, die die Geflüchteten in dem Hotel im Münchner Norden betreut, sollen die Ersten bereits weniger als zwei Wochen nach dem allgemeinen Bekanntwerden der Maßnahme aus ihren Zimmern ausziehen. "Das löst in erster Linie mal Ängste aus", sagt AWO München Geschäftsführerin Julia Sterzer.

AWO München: "Kurzfristigkeit ist ein großes Problem"

Die AWO habe am 7. April davon erfahren, dass das bayerische Innenministerium den Vertrag für die Unterbringung von rund 900 Geflüchteten in Hotels nicht weiter verlängern werde, sagt Sterzer. Diese Maßnahme betrifft insgesamt vier Hotels im Münchner Stadtgebiet, in denen die Betroffenen bis zum 1. Mai ihre Zimmer räumen müssen. In dem Hotel in Schwabing-Freimann soll der Umzug laut AWO bis zum 23. April erfolgt sein. "Aus Sicht der Bewohnerinnen und Bewohner ist natürlich gerade die Kurzfristigkeit ein großes Problem", sagt Julia Sterzer. "Bei allem Verständnis für Sparmaßnahmen, aber ein etwas größerer Vorlauf hätte die ganze Situation deutlich entschärft."

Münchens OB Dieter Reiter bat um Aufschub - ohne Erfolg

Das bayerische Innenministerium hat die Stadt München laut dem zuständigen Sozialreferat bereits Ende März über die Maßnahme informiert. Das Ministerium begründet den Schritt damit, dass die Hotelunterbringung von Geflüchteten "immense Kosten" verursache und bereits in der Vergangenheit nur als Zwischenlösung gedacht war. "Die Unterbringung in den betreffenden Hotels ist zwei- bis dreimal so teuer wie die Unterbringung in regulären Gemeinschafts- oder dezentralen Unterkünften in der Landeshauptstadt München", teilt das Ministerium dem BR schriftlich mit. Das bayerische Innenministerium und auch die Regierung von Oberbayern betonen, dass der Freistaat Bayern anders als andere Bundesländer „die Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern“ trage bzw. die Kosten den Kommunen vollständig erstatte.

Die Staatsregierung halte aber alle Bezirksregierungen dazu an, "die Kosten insbesondere im Bereich der Unterkünfte für Geflüchtete zu senken", so die Regierung von Oberbayern weiter. Insofern handele es sich nicht um eine Besonderheit der Landeshauptstadt München. Im Landkreis Berchtesgadener Land wurde etwa im November des vergangenen Jahres bekannt, dass der Mietvertrag mit einem Hotel für die Unterbringung von 300 Geflüchteten aus Kostengründen gekündigt wurde [externer Link mit Bezahlschranke].

Laut dem Münchner Sozialreferat gab es in der Landeshauptstadt bis dato sechs Hotels, in denen Geflüchtete unterkamen. Vier dieser Hotels mit insgesamt 900 Betten für Geflüchtete sollen auf Wunsch der bayerischen Staatsregierung bis Ende des Monats geräumt sein. Bis Ende Juni sollen laut Sozialreferat weitere Streichungen erfolgen.

Geflüchtete aus Hotels sollen in Flüchtlingsunterkünften wohnen

Die insgesamt 219 in dem Schwabinger Hotel untergebrachten Geflüchteten werden nun auf bestehende Unterkünfte verteilt. Doch laut dem Münchner Sozialreferat sind die kommunalen dezentralen Unterkünfte derzeit nahezu voll belegt.

Erstanlaufstelle wird geleert - und mit Flüchtlingen aus Hotels gefüllt

Das Münchner Sozialreferat plane nun "mit Unterstützung der Regierung von Oberbayern", die Erstanlaufstelle in der Dachauer Straße zu leeren, um dort die Geflüchteten aus den Hotels unterzubringen. Diese Zentren seien aber insbesondere für alte und kranke Geflüchtete zur dauerhaften Unterbringung ungeeignet, kritisiert Sterzer von der AWO München: "In vielen Unterkünften gibt es nur Sammelsanitäranlagen und wir haben hier viele vulnerable Menschen, die krank sind oder auch sehr alt", so Sterzer.

Ein zweites Problem: Die geflüchteten Kinder müssen gegebenenfalls unter dem Jahr die Schule, die Kita oder den Kindergarten wechseln, sollte die neue Unterkunft zu weit entfernt liegen. "Es hat lange gedauert, bis sich die Kinder in der Schule wohlfühlen", schildert eine ukrainische Mutter. Ihr Sohn habe große Angst, in eine neue Unterkunft und eine neue Schule zu kommen: "Dann muss er wieder von vorne anfangen".

Neue Unterkünfte in München geplant

Neben der geplanten Neubelegung der Erstanlaufstelle in der Dachauer Straße ist laut Sozialreferat für Mai auch die Eröffnung von zwei neuen Unterkünften geplant. Eine weitere Unterkunft käme dann noch im Juni dazu, außerdem soll eine Leichtbauhalle instandgesetzt werden. Mit diesen Maßnahmen entstehen laut dem Münchner Sozialreferat knapp 800 neue Plätze.

Im Video: Unsichere Zukunft für Geflüchtete

Unterkunft in München: Für rund 900 Geflüchtete, überwiegend aus der Ukraine, will der Freistaat ab Mai keine Hotelkosten mehr übernehmen.
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Unterkunft in München: Für rund 900 Geflüchtete, überwiegend aus der Ukraine, will der Freistaat ab Mai keine Hotelkosten mehr übernehmen.

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