Auf die Stadt München kommt ein großer Engpass bei der Unterbringung von Flüchtlingen zu. Grund ist eine Entscheidung des bayerischen Innenministeriums, die Kosten für die Unterbringung in Hotels nicht weiter tragen zu wollen. Die Regierung von Oberbayern habe dies der Stadt München Ende März überraschend mitgeteilt, teilte ein Sprecher des Münchner Sozialreferats dem BR mit. Zum 1. Mai fallen laut der Behörde deswegen vier Hotels und rund 900 Bettplätze weg. Bis spätestens Ende Juni sollen zudem weitere Plätze wegfallen.
Reiter bittet um Aufschub
Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) habe in einem Schreiben an Innenminister Joachim Herrmann (CSU) darum gebeten, die Finanzierung bis zum 31. Dezember 2025 zu sichern, um der Landeshauptstadt "mehr zeitlichen Spielraum bei der Schaffung von Ersatzunterkünften zu verschaffen". Dieser Bitte wurde jedoch nicht entsprochen, teilte der Sprecher des Münchner Sozialreferats weiter mit.
Innenministerium: Hotelplätze sind zu teuer
Das Innenministerium betont in einer schriftlichen Stellungnahme, dass der Freistaat Bayern die Stadt München keineswegs dazu angewiesen habe, alle in Hotels untergebrachten Geflüchteten umzuverteilen. Man habe lediglich die Neuvergabe von 900 Hotel-Bettplätzen wegen immenser Kosten abgelehnt. "In der Gesamtschau der bestehenden Kapazitäten geht das Innenministerium davon aus, dass eine Umverteilung der aktuellen Belegung aus den auslaufenden Hotels innerhalb der Landeshauptstadt München möglich ist", so eine Sprecherin des Innenministeriums. Sollte dennoch eine Lücke entstehen, würden verträgliche Lösungen ermöglicht – etwa durch die "Steuerung der Zuweisungen".
Wohlfahrtsverbände fordern mehr Zeit
Die Wohlfahrtsverbände, die viele Unterkünfte in München betreuen, hätten vergangenen Donnerstag von der bevorstehenden Räumung erfahren, sagte Karin Majewski, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in München. Im Münchner Sozialausschuss sei mündlich über das Thema berichtet worden; zeitgleich sei die Stadt mit den zuständigen Wohlfahrtsverbänden in Kontakt getreten, um Lösungen zu suchen, so Majewski.
Man habe zwar Verständnis dafür, dass der Freistaat im Rahmen von Sparmaßnahmen diese teure Form der Flüchtlingsunterbringung beenden wolle. "Was wir aber überhaupt nicht verstehen, ist, dass es jetzt sofort sein muss und dass dadurch die Kinder während dem Schuljahr oder während dem laufenden Kitajahr rausgerissen werden". Die Wohlfahrtsverbände hätten sich einen größeren zeitlichen Vorlauf gewünscht, der einen menschenwürdigen Umgang ermögliche, so die Geschäftsführerin des Paritätischen Bezirksverbands Oberbayern weiter. "Jetzt wird erwartet, dass das alles in den nächsten zwei Wochen passiert."
Logistische Herausforderung
Die plötzliche Umverlegung der Geflüchteten aus den Hotels stellt Wohlfahrtsverbände und die Stadt München vor eine logistische Herausforderung: "Wir sprechen von 900 bis 1.000 Menschen, für die jetzt im Hau-Ruck-Verfahren Unterbringungsplätze gefunden werden müssen, die es eigentlich gar nicht gibt", so Majewski. Konkret versuche man, schon bestehende Unterkünfte "nachzuverdichten", sprich: weitere Betten dazuzustellen. Das Münchner Sozialreferat teilte aber mit: Die 43 kommunalen dezentrale Unterkünfte für Geflüchtete seien derzeit nahezu voll belegt.
Geplant sei nun unter anderem, mit Unterstützung der Regierung von Oberbayern die Erstanlaufstelle in der Dachauer Straße zu leeren und dort sowie im Rückgebäude die Geflüchteten aus den Hotels unterzubringen. Ab Mai ist laut dem Münchner Sozialreferat die Eröffnung von zwei neuen Unterkünften geplant. Eine weitere Unterkunft komme dann noch im Juni dazu, außerdem soll eine Leichtbauhalle instandgesetzt werden. Mit diesen Maßnahmen entstehen laut dem Münchner Sozialreferat knapp 800 neue Plätze.
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