Im sogenannten "Loverboy"-Prozess gegen einen Würzburger und seinen Bruder hat das Landgericht Nürnberg-Fürth eine Entscheidung gefällt: Der 23-jähirge Hauptangeklagte wurden zu acht Jahren und drei Monate Haft verurteilt. Sein 24-jähriger Bruder erhielt wegen Beihilfe eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
"Loverboy"-Masche bei vier jungen Frauen angewendet
In dem Fall ging es um Zwangsprostitution. Dem Gericht zufolge drängten die Männer vier junge Frauen, eine davon erst 17 Jahre alt, Sex gegen Geld anzubieten. Der Hauptangeklagte hatte den Frauen, die er auf verschiedenen Dating-Plattformen kennengelernt hatte, Liebesbeziehungen vorgespielt, um sie emotional von ihm abhängig zu machen und von ihrem Umfeld zu isolieren. Diese Vorgehensweise wird vom Bundeskriminalamt als "Loverboy"-Masche definiert.
Opfer brachen zum Teil ihre Ausbildung ab
Nach wenigen Treffen soll er die Frauen überredet haben, sich zu prostituieren, um ihn finanziell zu unterstützen. Die Männer haben nach Ansicht der Staatsanwaltschaft dafür Hotelzimmer gebucht, Treffen mit Freiern ausgemacht und die Frauen regelmäßig zu den Verabredungen gefahren. Die Opfer wurden unter anderem dazu gezwungen, ungeschützten Geschlechtsverkehr auszuüben und Praktiken anzuwenden, die sie ablehnten.
Die jungen Frauen brachen für die Tätigkeit zum Teil ihre Ausbildung und ihre Schule ab. Wenn sie aussteigen wollten, drohte der 23-Jährige mit Liebesentzug, beleidigte sie oder wurde gewalttätig. Einer Frau schlug er ins Gesicht, sodass sie mit dem Kopf gegen eine Wand prallte.
Täter sollen über 220.000 Euro eingenommen haben
Der ältere Bruder half bei der Organisation und agierte in einem Fall selbst als Zuhälter. Insgesamt nahmen die Männer so mindestens 224.000 Euro ein. Das Geld hat der Hauptangeklagte laut seines Anwalts aber direkt wieder für seine Spielsucht, gemietete Autos oder Klamotten ausgegeben. Die Frauen sahen von dem Geld fast nichts.
Der 23-Jährige ist dabei kein unbeschriebenes Blatt: Der Würzburger verbüßt bereits jetzt eine fünfjährige Haftstrafe wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung. Die beiden Brüder hatten bereits am ersten Prozesstag am Dienstag sämtliche Vorwürfe eingeräumt. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig.
Sexuelle Ausbeutung in Deutschland - hier gibt es Hilfe
Im vergangenen Jahr gab es laut BKA in Deutschland über 460 polizeilich erfasste Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. In fast jedem fünften Fall spielen Loverboys eine Rolle. Hilfsangebote bieten:
- die bayernweite Kampagne "Gemeinsam gegen Loverboys" (Externer Link)
- das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" (rund um die Uhr): 116 016
- das Opfertelefon WEISSER RING (7 - 22 Uhr): 116 006
- die Polizei per Online-Anzeige (Externer Link) oder in akuten Bedrohungssituationen unter 110
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