Der Anwalt führt seinen Mandanten ins Gericht.
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Der 23-Jährige wird in Fußfesseln ins Gericht geführt. Er sitzt bereits wegen eines anderen Urteils für fünf Jahre in der JVA.
Bildrechte: BR24 / Pogner
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Der 23-Jährige wird in Fußfesseln ins Gericht geführt. Er sitzt bereits wegen eines anderen Urteils für fünf Jahre in der JVA.

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Frauen zur Prostitution gezwungen: "Loverboy" vor Gericht

Frauen zur Prostitution gezwungen: "Loverboy" vor Gericht

In Nürnberg hat der Prozess gegen zwei Brüder begonnen. Sie sollen Frauen zu Sex mit Freiern gedrängt haben. Einer der Männer soll Frauen Liebesbeziehungen vorgegaukelt haben, um sie dann zu Sex mit Fremden zu bewegen.

Über dieses Thema berichtet: Bayern-1-Nachrichten am .

Prozess gegen zwei Brüder in Nürnberg: Der Hauptangeklagte wird in Fußfesseln in den Saal des Landgerichts Nürnberg-Fürth geführt. Der 23 Jahre alte Würzburger verbüßt bereits jetzt eine fünfjährige Haftstrafe wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung. Für seinen ein Jahr älteren Bruder ist es der erste Prozess.

Minderjährige zu Prostitution gezwungen

Dem 23-Jährigen wirft die Staatsanwaltschaft vor, vier Frauen zur Prostitution gezwungen zu haben. Sein Bruder soll ihm in drei Fällen geholfen haben und in einem Fall selbst als Zuhälter aufgetreten sein.

Der 23-Jährige habe die Frauen, eine davon zum Tatzeitraum erst 17 Jahre alt, auf verschiedenen Dating-Plattformen kennengelernt und ihnen die große Liebe vorgespielt. Nach ein paar Treffen habe er von seinen Spielschulden erzählt und die Frauen gebeten, ihn finanziell zu unterstützen. Die Männer hätten Hotelzimmer gebucht, Treffen mit Freiern ausgemacht und die Frauen regelmäßig zu den Verabredungen gefahren. Die Opfer brachen für die Tätigkeit zum Teil ihre Ausbildung und ihre Schule ab.

Durch die Prostitution soll laut Staatsanwaltschaft eine Summe von über 224.600 Euro zusammengekommen sein. Das meiste davon soll der 23-Jährige behalten haben. Das Geld habe er laut seines Anwalts aber direkt wieder für seine Spielsucht, gemietete Autos oder Klamotten ausgegeben. Einen Teil soll der Bruder und ein weiterer Beteiligter bekommen haben, die Frauen sollen von dem Geld kaum etwas gesehen haben. Schnell seien sie deshalb von den Männern nicht nur emotional, sondern auch finanziell abhängig geworden.

Die Loverboy-Masche

Das Vorgehen passt ins Bild der "Loverboy"-Masche. Im vergangenen Jahr gab es laut Bundeskriminalamt (BKA) rund 100 polizeilich erfasste Fälle in Deutschland. Das BKA erklärt die Methode so:

Die Masche der "Loverboys" ist immer gleich: Erst Nähe aufbauen, dann ausnutzen. Konkret täuschen Menschenhändler vor allem jungen Mädchen oder jungen Frauen Liebesbeziehungen vor. Sie machen sie emotional abhängig und isolieren sie von ihrem Umfeld. Das Ziel der Täter: ihre Opfer zur Prostitution zwingen oder in andere Formen der sexuellen Ausbeutung treiben, um Geld zu verdienen.

So auch im Fall der Würzburger Brüder. Vor allem der 23-Jährige soll die Frauen zu ungeschütztem Geschlechtsverkehr gedrängt haben. Er solle sie überredet haben, Männer zu treffen, auf die sie keine Lust hatten und Praktiken anzuwenden, die sie nicht wollten. Wenn die Frauen aussteigen wollten, soll der Loverboy ihnen mit Liebesentzug gedroht oder sie beleidigt haben. Eine der Frauen soll er so stark ins Gesicht geschlagen haben, dass sie mit dem Kopf gegen eine Wand geknallt sei.

Brüder räumen Vorwürfe ein

Im Prozess vergräbt der Ältere der beiden seinen Kopf immer wieder in seinen Händen. Sein Bruder hängt lässig in seinem Stuhl. Er grinst immer wieder und wirft einer jungen Frau im Zuschauerraum einen Handkuss zu. Die Einlassungen, die die Anwälte der Männer vorlesen, sind voller Reue: Sie würden die Taten zutiefst bedauern und die Frauen um Vergebung bitten. Außerdem schildern beide, dass der 23-Jährige seinen Bruder in die Taten mit hineingezogen hätte.

Gleich nach Prozessbeginn verständigen sich die Beteiligten unter Ausschluss der Öffentlichkeit und teilen im Anschluss mit: Beide Beschuldigten räumen die Vorwürfe vollumfänglich ein und können sich die Forderungen der Staatsanwaltschaft als Strafmaß vorstellen. Demnach würde der 23-Jährige eine zusätzliche Haftstrafe von bis zu acht Jahren und neun Monaten erhalten, der 24-Jährige läge bei bis zu zwei Jahren.

Zum Schutz der Betroffenen verzichtet das Gericht auf die Vernehmung der vier Frauen. Die Urteilsverkündung findet daher voraussichtlich bereits am folgenden Prozesstag statt.

Sexuelle Ausbeutung in Deutschland - hier gibt es Hilfe

Im vergangenen Jahr gab es laut BKA in Deutschland über 460 polizeilich erfasste Opfer von Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. In fast jedem fünften Fall spielen Loverboys eine Rolle. Hilfsangebote bieten:

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