Ministerpräsident Söder, Gesundheitsministerin Huml, Wirtschaftsminister Aiwanger und Innenminister Herrmann (v.l.n.r.) am 30.03.20
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Ministerpräsident Söder, Gesundheitsministerin Huml, Wirtschaftsminister Aiwanger und Innenminister Herrmann (v.l.n.r.) am 30.03.20

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Söder und seine Minister im Anti-Corona-Kampf

Söder und seine Minister im Anti-Corona-Kampf

Seit einem halben Jahr dreht sich in der bayerischen Landespolitik fast alles um Corona. Wie haben sich Ministerpräsident Söder und sein Kabinett in dieser Zeit geschlagen? Wer sticht bei den Ministerinnen und Ministern heraus? Eine Analyse.

Es war eine Art "Bäumchen wechsle dich"-Spiel mit Sonderregel: Von den zwei Rednerpulten in der bayerischen Staatskanzlei war das eine für den Chef reserviert, die anwesenden Minister (Hubert Aiwanger, Joachim Herrmann und Melanie Huml) mussten sich Ende März zu dritt am anderen abwechseln. Eine mögliche Interpretation: Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ließ seinen Ministern schon früher wenig Raum für eigene Akzente, auf dem Höhepunkt der Corona-Krise wurde das besonders sichtbar.

Söder gab zwar den Ton an - an Arbeit mangelte es den Ministern in den vergangenen sechs Monaten angesichts der Auswirkungen von Lockdown, rasch aufgelegten Hilfsprogrammen und dem Ringen um eine schrittweise Rückkehr zu mehr Normalität dennoch nicht. Im Gegenteil: Das ein oder andere Kabinettsmitglied, das lange weitgehend unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung agierte, rückte plötzlich in den Fokus der Aufmerksamkeit. Ein Überblick:

Ministerpräsident Söder: Als Krisenmanager zu neuen Umfragehöhen

Nach anfänglichem Zögern nahm Ministerpräsident Markus Söder (CSU) Mitte März in der Corona-Krise das Heft des Handelns fest in die Hand und wurde rasch auch bundesweit als entschlossener Corona-Krisenmanager wahrgenommen. Obwohl er als Vorsitzender der Ministerpräsidenten-Konferenz ein deutschlandweit einheitliches Vorgehen anmahnte, preschte Bayern immer wieder mit Corona-Maßnahmen vor - zum Beispiel beim Verbot größerer Veranstaltungen, den Schulschließungen und den Ausgangsbeschränkungen. Bayern sei "ein Stück weit vorangegangen", weil der Freistaat besonders stark von Corona betroffen gewesen sei, pflegt Söder dazu zu sagen - und ergänzt meist, dass viele Bundesländer später Bayerns Beispiel gefolgt seien.

In der Bevölkerung kommen Söders Kurs der "Vorsicht und Umsicht", sein Nein zu schnellen Lockerungen und die regelmäßigen Warnungen vor Leichtsinn gut an: Seine Zustimmungswerte sind in Umfragen auch auf Bundesebene sehr hoch, weswegen er als möglicher Kanzlerkandidat der Union gehandelt wird. Kritiker werfen ihm dagegen übertriebene Selbstdarstellung vor. Dazu trugen auch die Fotos mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Chiemsee bei - auf dem Schiff, in der Kutsche, im prunkvollen Spiegelsaal des Schlosses.

Über Wochen war Söder in der Corona-Krise omnipräsent: Er hielt zwei Regierungserklärungen, gab etliche Pressekonferenzen, veröffentlichte Videobotschaften und gab unermüdlich Interviews. Die Stadtwerke Bamberg machten bei der Auswertung des Internet-Traffics in ihrem Glasfasernetz sogar eine "Söder-Spitze" aus: Wenn der Ministerpräsident über die Corona-Lage informiere, stieg der Datenverkehr demnach wegen der Livestreams steil an. Für die bayerischen Minister blieb bei so viel Söder vielfach wenig Raum, sich zu entfalten - sie mussten kräftig strampeln, um nicht wie Statisten zu wirken.

Wirtschaftsminister Aiwanger: Umtriebig in Söders Schatten

Als sich das Corona-Virus im Norden Italiens schon rasch ausbreitete, sprach Hubert Aiwanger Anfang März auf einem Starkbierfest im oberbayerischen Ismaning. Beobachtern zufolge schüttelte er beim Einmarsch fleißig Hände - und lobte kurz darauf die Veranstalter dafür, dass sie das Fest nicht abgesagt hätten. Dann erläuterte Bayerns stellvertretender Ministerpräsident und Wirtschaftsminister: Starkbierfeste seien "der natürliche Feind des Coronavirus".

Auch nach diesem aus heutiger Sicht holprigen Start in die Corona-Bewältigung sorgte Aiwanger teilweise für Stirnrunzeln. Seine Forderung nach einer "Ersatz-Wiesn" platzierte er unmittelbar nach Söders Ankündigung, heuer schweren Herzens auf das Oktoberfest verzichten zu müssen. Auch bei der Forderung nach weiteren Lockerungen preschte Aiwanger immer wieder vor - und gab sogar Tipps, wie man mit möglichst vielen Kumpels ins Wirtshaus kommt. In einigen Fällen hatte er im Nachhinein betrachtet aber Recht - etwa bei der Öffnung größerer Läden, längeren Öffnungszeiten für die Gastronomie oder Plexiglas statt Maskenpflicht für Kassiererinnen und Kassierer.

Die Hauptaufgabe von Aiwangers Wirtschaftsministerium waren die Soforthilfen für Bayerns Unternehmen. Hier gab es zwischenzeitlich von Finanzminister Albert Füracker (CSU) deutliche Mahnungen an Aiwanger, die Auszahlungen zu beschleunigen. Ohnehin brachten die vergangenen Monate einige Spannungen zwischen CSU und Freien Wählern mit sich: Mitte Juni klagte Aiwanger über "gezielte Gemeinheiten aus der CSU, mit dem Ziel, mich zu beschädigen". Damit spielte er auch auf Kritik an seinem Großeinkauf für eine geplante Notunterkunft an - inklusive 90.000 Einmalbezügen für Wischmopps.

Gesundheitsministerin Huml: Durch Corona im Blickpunkt

Die aktuellen Infizierten-Zahlen, die rasch umgesetzten Hilfskrankenhäuser, die geplante Test-Strategie oder Regeln für private Feiern - bei vielen Details zur Anti-Corona-Politik der Staatsregierung landet man beim bayerischen Gesundheitsministerium. Ministerin Melanie Huml (CSU) ist regelmäßig in den Corona-Pressekonferenzen der Staatsregierung dabei. Meistens führt sie dabei die bereits von Ministerpräsident Söder umrissenen Neuerungen aus - oder muss die eine oder andere Nachfrage beantworten. Zuletzt wies sie Kritik innerhalb der Regierungskoalition am Umgang mit dem Corona-Hotspot Mamming zurück. Entsprechende Äußerungen seien "überflüssig", erklärte sie in Richtung von Florian Streibl, dem Fraktionschef der Freien Wähler.

Allerdings halten nicht alle die Arbeit von Humls Ministerium in den vergangenen Wochen für rundum gelungen. Ob Ausgangsbeschränkungen, Maskenpflicht, Quarantäne-Verordnung oder Bußgeldkatalog für Verstöße gegen die Regeln - in der Corona-Krise ist Huml als Gesundheitsministerin für die wichtigsten Maßnahmen zuständig. Die meisten Corona-Verordnungen - von denen einige mittlerweile von Gerichten gekippt oder gestutzt wurden - stammen von den dortigen Juristen. Das bayerische Justizministerium stellt dazu auf BR-Anfrage klar: "Eine grundsätzliche Prüfung, beispielsweise auf die Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht, findet seitens des Justizministeriums nicht statt".

Kultusminister Piazolo: Balanceakt Schulöffnung

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) verweist in diesen Wochen selbst immer wieder auf das Spannungsfeld, in dem er sich mit seinen Konzepten für die bayerischen Schulen bewegt. Ein Teil der Eltern und Lehrer ist gegen eine Rückkehr zum Regelbetrieb im neuen Schuljahr - aus Sorge vor einer Corona-Ausbreitung. Ein anderer Teil pocht wie auch die bayerische Opposition schon seit Wochen auf mehr Präsenzunterricht für die Kinder.

Nachdem manche Schulen in der Anfangszeit der Corona-Krise über mangelnde Informationen aus dem Ministerium geklagt hatten, waren es anderen später zu viele Ansagen. Im Juli sprach Piazolo selbst von mehr als 150 coronabedingten ministeriellen Schreiben mit insgesamt rund 1.400 Seiten. Wie der Start des neuen Schuljahrs aussehen wird, ist dennoch offen: Piazolo legte vier unterschiedliche Modelle vor, um flexibel auf das Infektionsgeschehen reagieren zu können. Die endgültige Entscheidung, ob es wieder Präsenzunterricht für alle Schüler gleichzeitig geben wird, soll das bayerische Kabinett treffen. Bisher ist es Piazolo zudem nicht gelungen, Sorgen zu zerstreuen, dass es im Herbst Engpässe bei der Lehrerversorgung geben könnte.

Kunstminister Sibler: Kritik der Künstler

Als Kunstminister stand Bernd Sibler (CSU) vor allem wegen der schleppenden Hilfe für Künstler und Kulturschaffende in der Kritik. Im April hatte Ministerpräsident Söder die Unterstützung angekündigt - wegen IT-Problemen dauerte es aber Wochen, bis das Kunstministerium das Antragsformular online stellte. Der Kreis der Antragsberechtigten wurde nach heftiger Kritik von Kulturschaffenden erweitert. Auch Chefs großer Bühnen - wie der Intendant des Münchner Volkstheaters, Christian Stückl, und der Chef der Bayerischen Staatsoper, Nikolaus Bachler - äußerten öffentlich Unmut über das Corona-Krisenmanagement des Kunstministeriums.

Als Wissenschaftsminister hat Sibler zuletzt einen "verbindlichen Rahmen" für die Hochschulen im Freistaat vorgelegt, wie sie wieder mehr Präsenzveranstaltungen anbieten können. Grüne und SPD warfen ihm dabei aber vor, es fehlten klare Vorgaben und Regelungen.

Sozialministerin Trautner: Balanceakt Kita-Öffnung

Erst seit 6. Februar ist sie offiziell im Amt – zu diesem Zeitpunkt konnte Bayerns Sozialministerin Carolina Trautner (CSU) nicht ahnen, dass sie schon wenige Wochen später die flächendeckende Schließung von Kitas erklären muss. Manche private Träger gerieten daraufhin in finanzielle Not, das Ministerium reagierte mit einem 170-Millionen-Euro-Paket. Als sich langsam abzeichnete, dass Kinder das Virus zumindest nicht besonders massiv übertragen, kündigte Trautner dann in langsamen Schritten die Wiedereröffnung der Einrichtungen für alle an. Der Opposition ging das zu langsam - und Mitte Juni beanstandete auch das Verwaltungsgericht Regensburg die bis Ende Juni geltenden Einschränkungen bei der Regelbetreuung als "nicht mehr verhältnismäßig".

Ende Juli stellte Trautner ihr Konzept für den Kita-Regelbetrieb ab September vor. Ähnlich wie bei den Schulen gibt es mehrere Szenarien - abhängig vom Infektionsgeschehen. Manche Eltern in Bayern ärgerten sich zuletzt auch darüber, dass ihre Kinder schon bei minimalem Schnupfen nach Hause geschickt wurden. Im Herbst soll das nicht mehr ganz so streng gehandhabt werden. Trautner stellte aber klar: "Kranke Kinder gehören nicht in die Kita." Ein weiterer Kritikpunkt von Teilen der Opposition: Das Sozialministerium habe viel Verantwortung, etwa bei der genauen Umsetzung von Hygienekonzepten, bei den einzelnen Einrichtungen abgeladen.

Innenminister Herrmann: Warnen und mahnen

Die Einhaltung von Abstand und Kontaktbeschränkungen anzumahnen und die Polizei zu fairem, aber konsequentem Durchgreifen zu animieren – das waren zuletzt die Hauptaufgaben von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) mit Blick auf die Corona-Bewältigung. Als es Anfang April nach einem Tweet der Münchner Polizei kurz danach aussah, als sei das Lesen eines Buchs auf einer Parkbank nicht länger erlaubt, stellte Herrmann klar: Da spreche überhaupt nichts dagegen.

Zuletzt warnte der Innenminister gemeinsam mit dem bayerischen Verfassungsschutz mehrmals davor, dass Extremisten jeder Art die Corona-Pandemie für ihre Zwecke instrumentalisieren würden. Aber auch am Innenministerium gibt es Kritik - etwa nachdem bekannt wurde, dass die Polizei teils die Corona-bedingt eingeführten Gästelisten in der Gastronomie für die Strafverfolgung auswertet.

Staatskanzleichef Herrmann: Söders "Dr. Sommer"

In den vergangenen Wochen überließ es Söder mehrfach seinem Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU), vor laufenden Kameras Beschlüsse des bayerischen Kabinetts zu verkünden. Der Ministerpräsident war bei diesen Auftritten oft trotzdem irgendwie anwesend - Herrmann, ein loyaler Söderianer, ließ in seine Ausführungen immer wieder Zitate seines Chefs einfließen.

Eine Schlüsselrolle hatte der Staatskanzleichef in der Corona-Krise freilich schon vorher - als Leiter des bayerischen Corona-Krisenstabs. Söder sagte kürzlich bei einer CSU-Veranstaltung, Herrmann sei für ihn in der Corona-Krise eine "ganz starke Stütze" gewesen - und bezeichnete ihn als eine Art "Dr. Sommer": Wie der "Bravo"-Aufklärungsberater könne auch Herrmann jede Frage beantworten. Angesichts der Vielzahl der Corona-Verordnungen im Freistaat offenbarte zuletzt aber selbst Herrmann bei Nachfragen das eine oder andere Mal Wissenslücken.

Und die anderen?

Mehr als ein Jahrzehnt lang galt der ausgeglichene Haushalt ohne Neuverschuldung als Markenzeichen bayerischer Finanzpolitik - angesichts der gewaltigen Herausforderungen im Zuge der Corona-Krise muss Finanzminister Albert Füracker (CSU) nun Schulden in Milliardenhöhe aufnehmen. Der Minister versucht, dennoch Zuversicht zu verbreiten: Der Freistaat stehe im Bundesvergleich noch immer gut da.

Die bayerische Digitalministerin Judith Gerlach (CSU), die auch für die Kinos im Freistaat zuständig ist, verkündete derweil Mitte Juni erste Lockerungen im Kino-Betrieb. An der Corona-Warn-App war ihr Ministerium dagegen nicht unmittelbar beteiligt, hier war der Bund zuständig. Und Justizminister Georg Eisenreich (CSU) musste nach dem Lockdown dafür sorgen, dass die Gerichte ihren Betrieb langsam wieder hochfahren, damit verschobene Gerichtsverhandlungen nachgeholt werden können. Außerdem liefen in seinem Haus die Informationen über Corona-Betrügereien zusammen.

In Kerstin Schreyers (CSU) Zuständigkeit als Verkehrsministerin fiel unter anderem die Fahrplanausdünnung im Öffentlichen Personennahverkehrs und später das schrittweise Hochfahren des Betriebs. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) musste die Nöte der von der Krise teilweise gebeutelten Bauern im Blick haben - und bekam dann durch die Debatte über Schlachthof-Strukturen zusätzliche Arbeit. Thorsten Glauber (Freie Wähler) war vor allem als Verbraucherschutzminister gefordert - zuletzt kündigte er die Inbetriebnahme einer "Bayerischen Prüfstelle für Schutzgüter" an, die unter anderem Schutzmasken und Handschuhe ins Visier nimmt.

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