Hochspannungsleitung (Symbolbild)
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Die Tendenz geht bei den großen Stromtrassen zu Freileitungen statt Erdkabeln. Auch Bayern ist inzwischen dafür (Symbolbild)

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Mehr Hochspannungsleitungen statt Erdkabel: Söders neuer Kurs

Mehr Hochspannungsleitungen statt Erdkabel: Söders neuer Kurs

Große Stromtrassen wie Südlink oder Südostlink werden derzeit als Erdkabel gebaut – das könnte sich ändern. Initiativen dafür kommen gleichzeitig von mehreren Bundesländern. In der neuen Position Bayerns sehen Netzbetreiber ein Problem.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will künftig alle großen Stromtrassen im Normalfall wieder oberirdisch bauen lassen. Das hat er in seiner Regierungserklärung vergangene Woche verkündet – und weicht damit von der bisherigen CSU-Position ab. Die besagte seit einem Jahrzehnt: Um die Proteste dagegen möglichst gering zu halten, sollen die Stromtrassen unter der Erde verschwinden – jedenfalls die Gleichstromleitungen, bei denen das im Gegensatz zu Wechselstrom technisch möglich ist. Diese auch als "Stromautobahnen" bezeichneten Gleichstromverbindungen bilden das Rückgrat der künftigen Stromversorgung in Deutschland.

Seehofer setzte Erdkabel durch - und vervielfachte Kosten

2015 setzte der damalige CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer in der Großen Koalition ein Bundesgesetz durch, das für sie die Erdverkabelung vorschreibt. Seehofer selbst nannte das eine "epochale" Entscheidung, damit seien "sämtliche Monstertrassen vom Tisch".

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Die im Bau befindlichen Trassen Südlink und Südostlink führen auf vielen Kilometern durch Bayern. Die künftig noch geplanten deutlich weniger.

Allerdings verzögerte das auch den Bau der Stromleitungen und vervielfachte die Kosten. Nach Angaben des Stromnetzbetreibers "Tennet" sind Erdkabel um den Faktor vier bis acht teurer als Hochspannungsleitungen. Allein der im Bau befindliche Südostlink, der aus dem Norden in den Raum Landshut führt, soll jetzt elf Milliarden Euro kosten. Das wird über die Netzentgelte auf den Strompreis umgelegt.

Die Zweifel wachsen, ob das auch für die Zukunft die richtige Herangehensweise ist. Es zeichnet sich eine breite politische Bewegung dafür ab, zwar die derzeit weit fortgeschrittenen Erdkabelprojekte fertigzustellen, aber bei künftigen Gleichstromtrassen wieder klassischen Hochspannungsmasten den Vorzug zu geben.

Mehrere Bundesländer dafür

Die Netzbetreiber rechnen vor, dass dies in den kommenden Jahren 20 Milliarden Euro sparen könne. Das entspreche einer Senkung der Netzentgelte um fünf Prozent. Die Betriebskosten von Freileitungen seien ebenfalls günstiger. Sie seien auch schneller zu bauen und technisch zuverlässiger, weil sie sich im Schadensfall schneller reparieren ließen. Diesen Argumenten folgend, haben das grün regierte Baden-Württemberg und das CDU-geführte Sachsen gemeinsam einen Antrag in den Bundesrat eingebracht, die Erdverkabelung wieder fallen zu lassen. Abgestimmt wurde darüber noch nicht, aber weitere Bundesländer haben Unterstützung signalisiert.

Söder revidiert Seehofer-Kurs

Dazu gehört prinzipiell auch Bayern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat in seiner Regierungserklärung vergangene Woche angekündigt, den Kurs seines Vorgängers Seehofer zu revidieren. Knapper und teurer Strom könne zum Standortrisiko für Bayern werden. Der Bau von Stromleitungen müsse deshalb künftig schneller und günstiger werden. Um das zu erreichen, soll nach dem Willen Söders für künftige Gleichstromtrassen gelten: "Überirdisch, wo möglich, unterirdisch, wo nötig. Das heißt, in belasteten Gebieten ist Erdverkabelung da, aber bei allen anderen müssen wir die Möglichkeit nutzen, schneller zu werden."

Bayern will Hintertür für Erdkabel behalten

Anders, als es der Antrag im Bundesrat fordert, will Bayern also die Möglichkeit behalten, Stromleitungen zumindest teilweise unter die Erde zu legen. "Das macht keinen Sinn", kritisiert der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig: "Wir können nicht eine Leitung bauen wie einen Regenwurm, der mal ab- und dann wieder auftaucht." Wenn Bayern versuchen wolle, mit Teil-Erdverkabelung Trassengegner innerhalb der CSU zu befrieden, werde das weder zu einer Beschleunigung noch zu einer Kostenreduzierung führen. Unterfränkische CSU-Abgeordnete hatten sich erst vor einigen Tagen in der Mainpost (externer Link) noch einmal vehement dagegen ausgesprochen, statt Erdkabeln Freileitungen zu bauen.

Netzbetreiber Tennet: Bitte entscheidet euch

Netzbetreiber stützen die Argumentation der Grünen: Ein mehrfacher Wechsel zwischen Freileitung und Kabel sei aufwendig in der Planung und in der Technik, sagt Tennet-Sprecher Markus Lieberknecht auf BR-Anfrage. Es brauche dazu jedes Mal so etwas wie ein kleines Umspannwerk – was auch die Zuverlässigkeit der Stromübertragung senke. "Dementsprechend fordern wir entweder Freileitungen oder Erdkabel, aber bitte keine Hybridlösung, wo es rauf- und wieder runtergeht." Vor allem aber wünschen sich die Netzbetreiber eine schnelle Entscheidung: Damit sie nicht wieder, wie 2015, nach einem Schwenk der Politik jahrelange Planungen einstampfen müssen.

Bayern nur wenig betroffen

Eine mögliche Neuregelung beträfe nach derzeitigem Stand vier Gleichstromleitungen, die nach 2030 noch gebaut werden sollen. Sie sollen lediglich in Unterfranken verlaufen, zum Großteil jedoch außerhalb Bayerns. Am meisten wäre Niedersachsen von einer Änderung betroffen, das von gleich drei der künftigen Leitungen durchquert werden soll. Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen haben sich in einer Umfrage der Nachrichtenagentur dpa Anfang Juni dagegen ausgesprochen, von Erdkabeln auf Freileitungen umzuschwenken, und begründen dies mit der Akzeptanz in der Bevölkerung.

Für den Wechsel auf Freileitungen sind neben Baden-Württemberg und Sachsen auch Hessen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will nach eigenen Angaben den Erdkabelvorrang nur dann aufgeben, wenn die Bundesländer inklusive Bayern den Bund schnell und in großer Gemeinsamkeit dazu auffordern. Das halte er für unwahrscheinlich, hatte Habeck im März in einem Interview mit der "Zeit" gesagt.

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