Die Idee für ein oberbayerisches Lavendelfeld entstand aus einer Ideologie heraus, denn Matthias Tafelmeier wollte damit vor allem eine "artenreichere und erholsamere Landschaft" gestalten. Dass sich das Feld wirtschaftlich nicht rentieren wird, war dem Landschaftsgärtner von vornherein klar. Er wollte mit dem farbenprächtigen und duftenden Feld erst einmal nur den "Landschaftswert", wie er sagt, erhöhen.
Und so kam es, dass der 40-Jährige aus Dorfen im Landkreis Erding 2019 zum ersten Mal Lavendel anpflanzte. Eine Gärtnerei mit angegliederter Behinderteneinrichtung hat dabei geholfen. Seitdem blühen die mehrjährigen Pflanzen jedes Jahr aufs Neue auf.
Nahrungsquelle für unterschiedliche Insekten
Tafelmeier hat sich nicht nur wegen der Optik für die mediterranen Sträucher entschieden, sondern auch, um damit die Artenvielfalt zu fördern: "Der Lavendel inspiriert mich schon lange. Ich habe immer wieder beobachtet, dass sehr viele verschiedene Insekten – Schmetterlinge, Taubenschwänzchen, Hummeln und alles mögliche – über einen ziemlich langen Zeitraum an diesen Pflanzen Nahrung finden", erzählt er.
Jetzt beobachtet er mit seinem Verein, welche anderen Pflanzen bei uns in Bayern mittlerweile gut wachsen können. In diesem Jahr haben sie beispielsweise neben dem Lavendel auch wieder ein Feld mit der blauen Apfelbeere (Aronia). Mitte August wird voraussichtlich die Ernte stattfinden. Das Lavendelfeld wurde in der vergangenen Woche schon abgeerntet.
Lavendel gegen die Eintönigkeit
Das blühende Lavendelfeld hat vor der Ernte wochenlang Abwechslung in die Landschaft gebracht und auch viele Fotografinnen und Fotografen angezogen, worüber sich die Familie freute. Wie in vielen anderen Gegenden Bayerns dominiere auch im Landkreis Erding hauptsächlich die sogenannte "Intensiv-Landwirtschaft" – also Felder mit Mais, Getreide und Klee, so der Landschaftsgärtner: "Es steht überwiegend Mais und wenn man sich das mal aus der Vogelperspektive anschaut, dann ist da ein kleiner blauer Punkt und das andere drumherum ist ziemlich eintönig."
Tafelmeier will mit seinem Feld zu einer "schöneren und abwechslungsreicheren Landschaft" beitragen, und dadurch Kraftorte für Menschen schaffen: "Gestalten wir eine Landschaft, die erholsam ist, die schön ist, dann gefällt es uns daheim auch wieder", sagt er überzeugt. Und eigentlich fange das Wohlfühlen sogar schon mit der Arbeit am Feld an, glaubt Tafelmeier.
Erlös aus Lavendelöl fließt zurück ins Projekt
Das oberste Ziel des Lavendelprojektes sei eine artenreichere Landschaft und das Miteinander, wie es durch die Vereinsarbeit entstehe, erklärt der Landschaftsgärtner-Meister.
Jetzt nach der Ernte werden die Blüten weiter verarbeitet. Seit 2021 stellen sie am Hof ätherisches Öl und Lavendelwasser her. Der Erlös der saisonal limitierten und natürlichen Produkte soll dann wieder in das Projekt zurückfließen. "Mit unserer Projektarbeit möchten wir auch dazu beitragen, mehr Bewusstsein für die lokale Qualität zu entwickeln", sagt Tafelmeier.
Gemeinnütziger Verein will Landwirtschaft neu denken
Den gemeinnützigen Verein, dessen Vorsitzende Matthias Tafelmeier und seine Frau sind, gibt es seit 2020. Die Mitglieder helfen bei Feldarbeit und Ernte. Außerdem unterstützen sie das Projekt mit einem Förderbetrag. Mitmachen kann jeder. Ziel des Vereins ist auch, etwas gemeinsam aufzubauen und "Landwirtschaft neu zu denken".
Nur durch diesen Verein sei es überhaupt möglich, das ganz unabhängig zu finanzieren und Spielraum für Experimente zu haben. "Sonst könnte man das Lavendelfeld gar nicht durchbringen, dann braucht man es gar nicht beginnen, weil es nicht wirtschaftlich ist", gibt Tafelmeier offen zu. Aber wenn man es aus einer Ideologie heraus mache, dann sehe man, was man alles ausprobieren kann. Im Verein entstünden nicht nur Ideen. Es gehe auch darum, die Gesellschaft zusammenzubringen durch gleichgesinnte Interessierte, die sich bei der gemeinsamen Arbeit untereinander austauschen können.
Experimente in der Landwirtschaft
Wenn es wieder genügend Freiwillige gibt, dann soll es auch nächstes Jahr weitergehen mit dem Lavendelfeld bei Dorfen. "Wenn das Wetter und alles passt, dann blüht er nächstes Jahr wieder wunderschön", hofft Tafelmeier. Außerdem ist er davon überzeugt: "Wenn wir gemeinsam die Landschaft pflegen, entstehen auch wunderschöne erholsame Kulissen für die Menschen."
Das Lavendelfeld im Landkreis Erding ist nicht das erste außergewöhnliche landwirtschaftliche Projekt in Oberbayern: Ganz in der Nähe, im Landkreis Mühldorf, hat ein Hobby-Landwirt ebenfalls etwas Neues gewagt und im vergangenen Sommer erstmals selbst Kümmel angebaut. Die Kultur des Kümmelanbaus ist hierzulande mittlerweile fast in Vergessenheit geraten, weshalb es schwierig war, geeignete Maschinen für die Ernte und Trocknung zu finden. Doch letztendlich ist das Experiment gelungen. Der Kümmel wird mittlerweile auch in Bäckereien und Großküchen in der Region verwendet.
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