Ein Totenkopf
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Schädel und Knochen von rund 3.000 Menschen wurden geborgen und lagern jetzt in einem ehemaligen Supermarkt in Bamberg.
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Schädel und Knochen von rund 3.000 Menschen wurden geborgen und lagern jetzt in einem ehemaligen Supermarkt in Bamberg.

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Nach Pestgrab-Fund: 3.000 Skelette in ehemaligem Supermarkt

Nach Pestgrab-Fund: 3.000 Skelette in ehemaligem Supermarkt

Im vergangenen Jahr wurde bei Grabungen in Nürnberg ein ehemaliges Pestgrab aus dem 17. Jahrhundert gefunden: Jetzt lagern Schädel und Knochen aus dem Fund in einem ehemaligen Supermarkt in Bamberg. Wie lange, ist noch unklar.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Im Kühlraum eines ehemaligen Supermarkts in Bamberg stapeln sich graue Kisten mit menschlichen Knochen. Hier lagern die Gebeine von rund 3.000 Menschen und die Reste dessen, was sie am Leib trugen. Im vergangenen Jahr wurden Skelette durch Zufall bei Bauarbeiten in Nürnberg entdeckt. Damals kam ein ehemaliges Pestgrab aus dem 17. Jahrhundert zum Vorschein.

Verstorbene kamen mit Alltagskleidung ins Grab

Weil es sich bei den Verstorbenen um Pest-Tote handelte, gab es damals ein Problem, als sie starben. "Sie waren potenziell noch ansteckend", erklärt Julian Decker von der Grabungsfirma "in terra veritas". Weil sie niemand anfassen wollte, seien die Toten so bestattet worden, wie sie gestorben sind. "Da sind alle möglichen anderen Sachen dabei, Kleidungsbestandteile, Haken, Ösen, Knöpfe. Alles, was der Tote an der Kleidung und in den Taschen hatte." So fanden die Archäologen zum Beispiel auch Spielwürfel und medizinische Geräte.

Pest-Tote liefern wissenschaftlich wertvolle Erkenntnisse

Decker ist der Herr über die Knochen in den grauen Kisten, 42 Jahre alt, Archäologe und Mit-Chef einer auf archäologische Grabungen spezialisierten Firma mit 22 festen Mitarbeitern. Im Sommer während der Ausgrabungen sind es mehr. Den leeren Supermarkt zu mieten, war ein Glücksfall, meint Deckert. Hier war Platz für die menschlichen Überreste der Pestwelle, die von 1632 bis 1634 über Nürnberg hinweg rollte. Die schiere Menge überraschte die Ausgräber wie die Nürnberger Stadtarchäologin Melanie Langbein. Denn niemand wusste von den Massengräbern außerhalb eines Friedhofes, berichtet die 46-Jährige.

Eine wissenschaftliche Sensation: "Die Pest-Toten sind letzten Endes für die Zeit ein einmaliger Querschnitt der Bevölkerungsgröße und vor allem der Bevölkerung Nürnbergs", so Langbein. "Wir denken immer, wir wissen ja schon alles, warum muss das noch gemacht werden? Wenn man noch genauer hinschaut, dann sieht man recht häufig, dass wir eben doch noch nicht alles so genau wissen."

Noch fehlt das Geld für 3.000 Skelett-Untersuchungen

Ein internationales Team von Anthropologen reinigt die menschlichen Überreste aus dem Pestgrab, bestimmt Alter und Geschlecht und entdeckt Fehlbildungen an Knochen und Zähnen oder Brüche oder Ablagerung von Syphilis. Eine erste Analyse, die irgendwann später in einem spezialisierten Labor noch verfeinert werden soll – wenn sich Gelder für rund 3.000 Skelett-Untersuchungen auftreiben lassen. Wenn nicht, ruhen die Knochen in graue Kisten verpackt in einem Depot.

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