Der Wasservogel wird verkleidet: Stefan Hattler umbindet Luis mit Buchenzweigen
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Der Wasservogel ist ein alter Pfingstbrauch, der im Landkreis Dillingen noch gelebt wird.

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Nasser Brauch: Der Wasservogel bekommt die Dusche ab

Nasser Brauch: Der Wasservogel bekommt die Dusche ab

Es ist ein ungewöhnlicher und inzwischen seltener Brauch: An Pfingsten zieht der Wasservogel von Haus zu Haus. Ein ganz in Zweige gewickelter Jugendlicher sagt dabei ein Sprüchle auf, bekommt Gaben und manchmal auch eine nasse Dusche ab.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Langsam und sorgfältig wird Luis eingepackt. Stefan Hattler umwickelt den 16-Jährigen mit frischen Buchenzweigen, sodass daraus ein richtiges Kostüm wird, das des Wasservogels. Hattler hat Übung darin, er macht das schon seit ein paar Jahren. Jedes Jahr am Pfingstmontag zieht der Wasservogel durch Altenbaindt, einen Gemeindeteil von Holzheim im schwäbischen Landkreis Dillingen. Begleitet wird er von vier weiteren Buben, einem Baumträger, zwei Rutenträgern und einem, der den Korb für die Gaben trägt.

Kaltwasserdusche für den Wasservogel

Am Vormittag geht die kleine Gruppe zu Fuß von Haus zu Haus, um Gaben zu erheischen. Die Jungen sagen ihren Vers auf, dafür gibt es Geld und Schokolade. Alles wird in der Gruppe geteilt. Das Ungemach trifft nur den Wasservogel, der im Gegenzug von den Hausbewohnern mit Wasser übergossen werden darf. In diesem Jahr ist es zum Glück schön warm. Die beiden kleinen Rutenträger haben viel damit zu, die Bewohner mit ihren Stöcken zu verfolgen, wenn diese - meistens aus dem Hinterhalt - Wasser auf den Wasservogel schütten.

Ursprung in Flurumritten zu Pfingsten

Laut Theresa Hauck, Mitarbeiterin bei der Heimatpflege des Bezirks Schwaben, ist dieser Brauch vermutlich aus den Grenz- oder Flurumritten zu Pfingsten hervorgegangen. Diese Umritte sollten zunächst die Flurgrenzen klarmachen, später stand die Segnung der Felder im Vordergrund. Im Laufe der Zeit habe sich der Brauch stark verändert und so sei auch nicht genau zu klären, wie sich der Begriff "Wasservogel" etabliert hat.

Die Gruppe mit dem Wasservogel zieht durch den Ort
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Die Tradition des Wasservogels wird in Altenbaindt von Generation zu Generation weitergegeben.

Je nach Region trägt der auch andere Namen, wie zum Beispiel Staudenmockel, Pfingstl oder Pfingstlümmel. Auch in den ländlichen Gebieten in Niederbayern wird dieser Brauch noch gepflegt. In den Städten ist er so gut wie ausgestorben.

Der Wasservogel wird traditionell in Ginster oder Laub gehüllt, manchmal nur als Hut, oft aber als ganzes Kostüm. Mancher Wasservogel ist auch auf dem Pferd unterwegs. Der sogenannte Maienträger, der ein mit bunten Bändern geschmücktes Bäumchen trägt, ist ebenfalls fester Bestandteil. Je nach Region besteht die Gruppe aus weiteren Figuren und Begleitern.

In Altenbaindt muss man sich hocharbeiten

Luis hat im ersten Jahr auch das Körbchen getragen. Man muss sich hocharbeiten in Altenbaindt: "Zuerst habe ich angefangen mit dem Körble, das ist das Niedrigste, dann mit der Rute, dann Baum und heuer halt eben der Wasservogel". Zum Wasservogel wird in der Regel der Älteste in der Runde. So ist der Brauch. Einer, den es in Altenbaidt schon gibt, solang sich Stefan Hattler zurückerinnert. Er hat mit der Fruchtbarkeit, mit der Ernte und mit gutem Wetter zu tun, sagt Hattler: "Darum auch das Wasser und auch das frische Buchenlaub."

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