Nach mehreren Jahren Bauzeit und etlichen Verzögerungen ist es endlich so weit: Die Bahn nimmt ab diesem Wochenende das "Elektronische Stellwerk München Ost" in Betrieb. Die Hoffnung ist groß, dass damit der S-Bahnbetrieb stabiler wird – das Stellwerk wird später aber auch für die 2. Stammstrecke wichtig, die derzeit entsteht.
Stellwerk in Betrieb nehmen: Ein aufwendiges Unterfangen
Technisch gesehen sind eigentlich zwei elektronische Stellwerke neu entstanden. Die Bahn zählt das neue Stellwerk am Leuchtenbergring zum "Stellwerk München Ost" dazu. Diese beiden lösen die zuletzt sehr anfällige Relais-Technik aus den 1970er-Jahren ab. Sie werden den Verkehr auf der bestehenden östlichen Stammstrecke und den Bereich um den Ostbahnhof steuern.
Ein Teil des neuen Stellwerks soll einmal für die 2. Stammstrecke da sein. Dazu wurden etwa 400 Kilometer Kabel verlegt und rund 100 Signale aufgestellt. Während der Inbetriebnahme wird die Software gewechselt und die Leit- und Sicherungstechnik aufeinander abstimmt. Zudem gibt es S-Bahn-Probefahrten und insgesamt 8.000 Abnahmestunden, die von neun Abnahmeprüfern sowie mehreren Helfern durchgeführt werden – das alles wird eine knappe Woche dauern und führt auch dazu, dass die Stammstrecke am kommenden Wochenende noch einmal gesperrt werden muss.
Zwei Jahre Bauverzögerung beim elektronischen Stellwerk
Die Bahn hat mit dem Bau des neuen Stellwerks im Oktober 2021 begonnen. Die Bau- und Anschlussarbeiten haben sich zweimal stark verzögert – insgesamt um zwei Jahre.
Das hat verschiedene Gründe: Hauptsächlich gab es Schwierigkeiten, die neue an die alte Technik anzuschließen. Die Bahn spricht von einem "baulichen Umsetzungsproblem für die Schnittstellen des neuen Stellwerks zu benachbarten Bestands-Stellwerken in München". Software musste neu geplant werden, zusätzliche Prüfschleifen waren nötig. Dafür gibt es deutschlandweit nur wenige hochspezialisierte Fachleute, die solche Anlagen prüfen und abnehmen können.
Perspektive – wird der S-Bahn-Verkehr nach Pfingsten besser?
Bisherige Erfahrungen mit neuen elektronischen Stellwerken seien sehr positiv, heißt es von der Bahn. So funktioniere etwa das Stellwerk in Pasing höchst zuverlässig. Wenn es doch einmal zu einer Störung komme, "dann handelt es sich dabei bislang auch in der Regel nicht um Komplettausfälle". Das neue elektronische Stellwerk sei aufgrund seiner "neuralgischen Lage im S-Bahn-Netz ein wichtiger Schritt zu mehr Zuverlässigkeit und Stabilität".
Der Fahrgastverband Pro Bahn hofft ebenfalls, dass mit dem neuen Stellwerk die S-Bahn zuverlässiger und stabiler wird, schränkt aber auch ein: "Nach unseren Beobachtungen sind etliche Infrastrukturstörungen eher ursächlich im Bereich der Außenstrecken." Die sind mit dem neuen Stellwerk nicht automatisch vorbei. Pro-Bahn-Sprecher Andreas Barth kritisiert auch, dass die Inbetriebnahme jetzt eine knappe Woche braucht, während eine Inbetriebnahme in den 2000er-Jahren noch an einem Wochenende geschafft wurde.
Pünktlichkeit soll besser werden
Im Jahr 2024 lag die Gesamtpünktlichkeit der Bahn bei 87 Prozent. Darin sind ausgefallene Züge nicht enthalten – und als pünktlich gilt ein Zug, wenn er nicht mehr als 6 Minuten Verspätung hat. Auf einzelnen Linien lag die Pünktlichkeitsrate noch deutlich darunter. Mehr als die Hälfte aller Verspätungen waren laut der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, die den Bahn-Nahverkehr kontrolliert [externer Link], auf infrastrukturbedingte Störungen zurückzuführen – also Störungen und Ausfälle unter anderem von Leit- und Sicherungstechnik, Weichen und Bahnübergängen. Hier soll das neue Stellwerk helfen.
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