Nördlingen von oben - mit der St.-Georgskirche. Sie besteht zum Großteil aus Suevit, in dem Diamantensplitter stecken.
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Unter Nördlingen und dem Nördlinger Ries liegen 13 Millionen Kilo Diamanten.

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Nördlinger Ries: Warum 13 Millionen Kilo Diamanten wenig bringen

Nördlinger Ries: Warum 13 Millionen Kilo Diamanten wenig bringen

Rund 13 Millionen Kilo Diamanten liegen im Nördlinger Ries im Untergrund. Entstanden durch den Einschlag eines Asteroiden. Der Landstrich ist "steinreich", aber trotzdem gibt es dort keine Diamanten-Minen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Beim Buddeln im Garten plötzlich einen glitzernden Stein in der Hand halten – ist das möglich? Darauf angesprochen reagieren die meisten Leute in der Nördlinger Fußgängerzone mit einem Lachen. Denn gefunden haben sie noch nichts. Viele haben auch noch nie davon gehört, dass es im Nördlinger Ries 13 Millionen Kilo Diamanten geben soll – so viele wie sonst nirgendwo in Bayern.

Asteroid sorgte für "gigantische Katastrophe"

Der kürzeste Weg zu den Diamanten führt ins Nördlinger Rieskratermuseum. Dort arbeitet der Geologe Professor Stefan Hölzl. Er steht im Eingangsbereich des Museums vor einer großen Fotoleinwand. Ein Luftbild vom Nördlinger Ries. Ein 25 Kilometer großer Meteoritenkrater. Vor 15 Millionen Jahren krachte hier ein kilometergroßer Asteroid mit 70.000 km/h auf die Erde.

"Das war eine gigantische Katastrophe. Das war wie eine riesenhafte Bombe, man spricht von mehreren hunderttausend Hiroshima-Atombomben-Äquivalenten", sagt Hölzl.

Diamanten stecken im Suevit

Aber durch diese kosmische Katastrophe sind die Diamanten entstanden. Dazu braucht es vor allem extrem hohen Druck. Durch den Einschlag hat es – vereinfacht gesagt – den Kohlenstoff im Untergrund zusammengepresst. "Das ist nicht anders, als wenn wir in einen Bus einsteigen. Da kommen immer mehr und dann rutschen die Leute zusammen und mit den Atomen in einem Mineral ist es genauso. In dem Fall sind die einzelnen Kohlenstoffatome näher zusammengerückt und ganz eng gepackter Kohlenstoff ist Diamant", sagt Hölzl.

Die Diamanten stecken heute im Suevit, dem Schwabenstein. Im Grunde ein wilder Mix aus versteinerter Asche, Staub und Gesteinstrümmern. In dem grauen Gestein stechen aber einige dunkle Flecken heraus. Es erinnert ein wenig an einen Marmorkuchen. Die dunklen Flecken nennen die Geologen Flädle – weil sie auch ein wenig Ähnlichkeit mit Kuhfladen haben. Das sind bei dem Einschlag aufgeschmolzene Gesteine, die den höchsten Druck abbekommen haben. Darin stecken die Diamanten.

Entdeckung in den 1970er Jahren löste Diamanten-Fieber aus

Aber warum gibt es dann keine Diamanten-Minen im Nördlinger Ries? Dass es die Diamanten gibt, ist schon seit Ende der 1970er Jahre bekannt. Und tatsächlich soll es damals ein bisschen Diamanten-Fieber im Ries gegeben haben, erzählt Hölzl: "Die Bauern, die Äcker hatten, auf denen früher Suevit und vor allem die Flädle an der Oberfläche herumlagen, haben gedacht: Oh, jetzt sind sie reich, aber das war leider nicht so – weil die Diamanten sind einfach furchtbar klein. Da kann man höchstens Schleifpapier draus machen." Die meisten Diamanten sind nur ein zehntel Millimeter groß. Man benötigt ein Mikroskop, um sie zu sehen. Und damit sind sie als Schmuckstück natürlich wertlos.

Pro Tonne Suevit, dem Schwabenstein, gibt es laut einer Studie im Schnitt nur 0,2 Gramm Diamanten. Wenn man das auf die Masse an Suevit-Gestein im Untergrund des Kraters hochrechnet, kommt man auf die rund 13 Millionen Kilogramm Diamanten, wie Geologe Hölzl berechnet hat. Der Suevit wird in Steinbrüchen abgebaut, aber nicht wegen der Diamanten.

Bergbauunternehmen macht aus Suevit Spezialzement

Einer der Steinbrüche liegt bei Oettingen. Das Gestein wird in der Firma Märker in Harburg in mehreren Arbeitsschritten zerkleinert und fein gemahlen. Am Ende entsteht daraus Zement. "Wir haben hier einen Trasszement und der ist sehr gut geeignet zum Beispiel für Bauarbeiten im Denkmalschutz", erklärt Sabine Heuschkel, die als Geologin für das Unternehmen arbeitet.

Der Vorteil: Der Suevit habe eine sehr hohe Wasseraufnahmefähigkeit. Und wenn daraus ein Mörtel gemacht wird, werde der besonders fest, habe gleichzeitig aber eine langsame Festigkeitsentwicklung, so Heuschkel. Bei Ausbesserungsarbeiten von Fugen bleibe so das historische Mauerwerk intakt.

Ein paar Kilogramm Rohdiamant in den Kirchenmauern

Aus dem Suevit sind im Nördlinger Ries früher aber auch ganze Gebäude errichtet worden. Die St.-Georgskirche in Nördlingen zum Beispiel. Dort stecken Diamanten in den Mauern. "Ich habe mal ausgerechnet, was in der ganzen Kirche und dem Turm drinsteckt und bin auf so fünf bis sieben Kilo Rohdiamant gekommen", sagt Hölzl.

Wenn auch anders als vielleicht gedacht: Nördlingen ist gebaut auf und mit Diamanten.

Zum Video: Diamanten-Vorkommen im Nördlinger Ries

Luftbild von Nördlingen
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Diamanten im Nördlinger Ries

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