Mit diesem Resultat hatten wohl die wenigsten gerechnet, als am Donnerstagnachmittag im Lindauer Kreistag ein Gutachten zur künftigen Krankenhausversorgung präsentiert wurde. Das zentrale Ergebnis: Die Experten schlagen vor, für das Westallgäu ein neues, zentrales Krankenhaus im Raum Hergatz im Landkreis Lindau zu bauen. Dadurch könne die medizinische Versorgung der Region effizienter und moderner gestaltet werden.
Große Defizite und Lücken der Kliniken im Westallgäu
Das hieße, dass nicht die vorhandenen Krankenhäuser in Lindau oder Wangen (Landkreis Ravensburg) ausgebaut würden, sondern ein neues Haus an einem neuen Standort entsteht. Erst im Sommer war bekannt gegeben worden, dass die Rotkreuzklinik in Lindenberg insolvent ist, sie ist mittlerweile geschlossen. Auch die Häuser in Lindau und Wangen kämpfen jährlich mit Defiziten.
Neuer Krankenhausstandort in zentraler Lage
Das Gutachten empfiehlt nun ein zentrales Krankenhaus im Raum Hergatz. Die Gemeinde mit rund 2.500 Einwohnern liegt fast in der Mitte der bisherigen Standorte Lindenberg, Lindau und Wangen. Es gibt einen Bahnhof mit Verbindungen nach Kempten, Lindau und Memmingen sowie zwei Bundesstraßen: die B12 und die B32. Von hier aus, so das Ergebnis, sei eine flächendeckende Versorgung des gesamten Westallgäus am besten möglich. Die Gutachter betonen jedoch, dass mit ihrem Vorschlag keine Vorfestlegung auf einen konkreten Standort verbunden sei.
Klinik mit Orthopädie, Geriatrie, Geburtsklinik, Notfallmedizin
Das neue Klinikum könnte das medizinische Angebot der drei bisherigen Krankenhäuser mit dem Schwerpunkt Grund- und Regelversorgung, sowie einer Fachklinik im Bereich der Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie, weitgehend übernehmen und punktuell ausbauen. Auch eine Geriatrieabteilung und eine Geburtsklinik sollen am neuen Standort vorhanden sein. Einen Schwerpunkt legen die Gutachter auf den Ausbau der Notfallversorgung am neuen Standort.
Für jährlich rund 15.000 Patienten
Knapp 300 Betten sollen entstehen, sowie rund sieben OP-Säle. So könnten nach den Berechnungen der Gutachter jährlich etwa 14.500 bis 15.700 Patienten stationär versorgt werden. Gleichzeitig sollen hier in Zukunft auch mehr Behandlungen ambulant durchgeführt werden können.
Wirtschaftlich verspreche die Bündelung auf einen zentralen Standort Kostenersparnisse, so die Experten. Durch eine Zusammenführung der bisherigen Kliniken könnten die Betriebskosten deutlich gesenkt und das neue Klinikum voraussichtlich wirtschaftlich zukunftssicher aufgestellt werden.
Gutachten als Diskussionsgrundlage
Das Gutachten in Auftrag gegeben hatte das bayerische Gesundheitsministerium, unterstützt vom baden-württembergischen Sozialministerium, den Landkreisen Lindau und Ravensburg sowie den drei Klinikträgern Asklepios Klinik Lindau, Rotkreuzklinik Lindenberg und der Oberschwabenklinik in Ravensburg.
Ziel sei es gewesen, konkrete Vorschläge zu entwickeln, wie die stationäre Gesundheitsversorgung im Westallgäu grundlegend neu ausgerichtet werden könnte. "Wir wollen neue Wege in der Gesundheitsversorgung des Westallgäus gehen. Für die anstehenden Diskussionsprozesse bietet dieses Gutachten eine sehr gute Grundlage", erklärten die Landräte der beteiligten Landkreise, Elmar Stegmann (Lindau) und Harald Sievers (Ravensburg), in einer gemeinsamen Mitteilung. "Wenn wir es schaffen, eine trägerübergreifende Zusammenarbeit über Landkreis- und sogar Landesgrenzen hinweg zu etablieren, könnte das im Krankenhauswesen Vorbildcharakter haben", betonen die beiden Landräte.
Erster Schritt in langem Entscheidungsprozess
Das Gutachten wurde am Donnerstag im Kreistag des Landkreises Lindau vorgestellt und soll am 19. November im Ravensburger Kreistag präsentiert werden. Damit sei ein politischer Diskussionsprozess angestoßen, heißt es in der Mitteilung der beiden Landkreise.
In den kommenden Wochen und Monaten werde das Gutachten nun fachlich und rechtlich geprüft. Unter anderem sei zu klären, wer als Träger für die neue Klinik infrage kommen könnte. Noch sind viele Fragen offen. Bis eine endgültige Entscheidung gefallen ist, wird noch viel Zeit vergehen.
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