Günter Holzwarth hängt an Schläuchen und Kabeln. Ein Teil der Schläuche führt zu einer Vene im Hals, über die verschiedene Medikamente in seinen Körper fließen. Ein anderer Schlauch führt zu seiner Nase und versorgt ihn mit Sauerstoff. Auf der Brust des 60-Jährigen kleben weiße Elektroden. Sie sind mit einem Elektrokardiografen (EKG) verbunden, der rund um die Uhr die Aktivität seines Herzens misst.
- Zum Artikel: Leben mit dem Herz eines anderen Kindes
"Dem Tod mehrmals von der Schippe gesprungen"
Günter Holzwarths Herz ist schwach. Seit 15 Jahren kämpft er damit, dass es nicht mehr so will wie er. Die genaue Ursache ist unklar. Vor zwei Wochen wurde die Lage so akut, dass er das Universitätsklinikum Regensburg seitdem nicht mehr verlassen kann. Schon Anfang vergangenen Jahres war die Situation kritisch. "Ich bin dem Tod schon mehrmals von der Schippe gesprungen", sagt der zweifache Familienvater.
Er ist gelernter Maschinenschlosser, hatte zuletzt als Betriebsleiter in einem Amberger Unternehmen gearbeitet. Seit ein paar Tagen ist er bei Eurotransplant, der zentralen Vermittlungsstelle für Organtransplantationen, als hoch dringlich gelistet. Günter Holzwarth braucht ein Spenderherz.
Hohe Nachfrage, zu wenig Angebot
Neben ihm warten derzeit viele weitere Menschen in Deutschland auf mindestens ein Spenderorgan. Ende 2024 waren es laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) 8.260 Menschen. Am häufigsten wurden Nieren benötigt, gefolgt von Leber, Herz und Lunge. Knapp 1.120 der Patienten kamen aus Bayern. Demgegenüber lag die Zahl der postmortalen Organspender 2024 bundesweit bei 953, bayernweit bei 157. Hinzu kommen Organspender aus dem Ausland.
Nach Informationen der DSO wurden vergangenes Jahr rund 3.700 Organe in Deutschland nach einer Lebendspende oder einer postmortalen Spende im In- oder Ausland transplantiert. Den Großteil machten postmortale Spenden aus.
Entscheidungslösung und Widerspruchslösung
Um auf die Relevanz von Organspende aufmerksam zu machen, veranstalten mehrere Verbände alljährlich am ersten Samstag im Juni den Tag der Organspende – in der Regel immer in einer anderen Stadt in Deutschland. Diesmal kehrt der Aktionstag nach Regensburg zurück. Hier wurde er der DSO zufolge 1983 zum ersten Mal überhaupt abgehalten, damals noch in kleinerem Rahmen.
In Deutschland gilt bei der Organspende die Entscheidungslösung. Das ist im Transplantationsgesetz festgelegt und bedeutet, dass ein potenzieller Organspender zu Lebzeiten einer Entnahme zugestimmt haben muss. Gibt es keine schriftliche Dokumentation über eine Entscheidung für oder gegen eine Organspende in einem Organspendeausweis, im Organspende-Register oder in einer Patientenverfügung, müssen nach dessen Tod die nächsten Angehörigen sie treffen. Das soll laut den rechtlichen Vorgaben nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen geschehen.
In anderen Ländern, wie etwa in Frankreich, in den Niederlanden und in Italien, gilt die Widerspruchslösung. Das heißt, alle Erwachsenen sind automatisch mögliche Spender, außer sie haben dem ausdrücklich schriftlich widersprochen.
Hirntod versus Herztod
Bei den Debatten um eine mögliche Änderung gesetzlicher Regelungen in Deutschland spielten in den vergangenen Jahren auch immer wieder Persönlichkeitsrechtsaspekte, ethische Vorstellungen und die Todesdefinition für eine etwaige Entnahme von Organen eine Rolle. Damit ein Spender überhaupt infrage kommt, müssen zwei Fachärzte unabhängig voneinander den Hirntod eines Patienten feststellen. So sieht es das Transplantationsgesetz vor. Anders als zum Beispiel in Spanien reicht der Herztod nicht aus.
Günter Holzwarths Hoffnungen sind groß, dass er schnell ein Spenderherz bekommt. Und nicht nur seine – auch die seiner Frau Birgit und der beiden Söhne Alexander und Christian. Der 60-Jährige ist leidenschaftlicher Modellflugbauer und Motorradfahrer. Dinge, die für ihn im Moment ganz weit weg erscheinen. Eines, was er definitiv wieder angehen will, wenn es mit einem Spenderherz klappt und er entsprechend fit ist, ist das Skifahren. Aufgeben gilt für Günter Holzwarth nicht: "Wenn du das tust, dann hast du schon verloren."
Tag der Organspende
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!