Feierliches Gelöbnis in der Graf-Aswin-Kaserne in Bogen. Die Rekrutinnen und Rekruten treten mit ihren Ausbildern an.
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Feierliches Gelöbnis in der Graf-Aswin-Kaserne in Bogen. Die Rekrutinnen und Rekruten treten mit ihren Ausbildern an.
Bildrechte: Kilian Neuwert, BR
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Feierliches Gelöbnis in der Graf-Aswin-Kaserne in Bogen. Die Rekrutinnen und Rekruten treten mit ihren Ausbildern an.

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Pfarrer und Journalistin in Uniform: Als Zivilist beim Bund

Pfarrer und Journalistin in Uniform: Als Zivilist beim Bund

Dienst leisten in der Bundeswehr, ohne je gedient zu haben: Mit einer speziellen Ausbildung ist das möglich. In Bogen nehmen aktuell 31 Männer und Frauen daran teil. Sie stammen aus dem ganzen Freistaat und werden zu Heimatschützern ausgebildet.

Über dieses Thema berichtet: Politik und Hintergrund am .

"Gelöbnisaufstellung stillgestanden!", befiehlt ein Offizier. 31 Männer und Frauen nehmen Haltung an. Mit einem Ruck liegen ihre Hände links und rechts an den Außenseiten der Oberschenkel. In Dreierreihen sind sie am frühen Abend angetreten auf dem Exerzierplatz der Graf-Aswin-Kaserne in Bogen. Der Regen macht gerade eine Pause. Blauer Himmel spiegelt sich in Pfützen auf dem Asphalt.

Für die Männer und Frauen ist es ein großer Moment. Vielstimmig schallt es über den Platz: "Ich gelobe der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des Deutschen Volkes tapfer zu verteidigen!" Angehörige lauschen der Gelöbnisformel. Kinder blicken neugierig von den Schultern ihrer Eltern auf die, die da stehen.

Journalistin wird Reservistin

Für die 31 Menschen markiert das feierliche Gelöbnis so etwas wie den Beginn eines neuen Lebensabschnitts. Es ist ihr zweiter Tag in Uniform. Sie stammen aus ganz Bayern, sind zwischen 20 und 60 Jahren alt. Unter ihnen ist die 56-jährige Sonny aus Kulmbach. Auf Bitten der Bundeswehr bleiben wir beim Vornamen.

Die blonden Haare hat Sonny zu einem Zopf gebunden. Mit einem Lachen stellt sie sich als Journalistin vor, sagt, sie sei eben jemand, der die Ärmel hochkremple: "Ich wollte nochmal neue Impulse setzen, meine Tochter ist aus dem Haus, ich habe sehr viel Energie und dann habe ich gesagt: Ich werde Reservistin."

Ausbildung zur Heimatschutzsoldatin

Reservistin werden: Darum geht es für die Mittfünfzigerin in den kommenden vier Wochen. Die Bundeswehr bildet in Bogen Ungediente aus. Sie sollen einmal als Reservisten im Heimatschutz eingesetzt werden. Dafür lernen sie militärische Grundlagen: die Handhabung von Waffen etwa. Auch Orientieren im Gelände steht auf dem Programm. Weitere Ausbildungstermine zur Spezialisierung sollen folgen. Eingekleidet wurden die Teilnehmer bereits vor den Tagen in Bogen.

Im Kriegsfall würde die Bewachung von Depots oder Umschlagplätzen in Deutschland zu den Aufgaben der Heimatschützer zählen.

Auslöser Ukrainekrieg

Für Sonny war der russische Angriff auf die Ukraine ein Grund, sich für das Programm zu melden. Sie will etwas beitragen zur Sicherheit Deutschlands. Schon am zweiten Tag stellt sie fest: Das Gefühl der Ohnmacht gegenüber all den Krisen und Konflikten weicht dem Gefühl, doch etwas tun zu können – wenn auch nur im Kleinen. Sonny wünscht sich allerdings, dass sich mehr Frauen in diesem Bereich engagieren.

Pfarrer: Kriegsdienstverweigerung zurückgezogen

Bei Simon aus dem Landkreis Bamberg war es ebenfalls der russische Überfall, der ihn nachdenklich gemacht hat: "Das hat mir vor Augen geführt, wie viel die Freiheit wert ist, in der wir leben dürfen." Simon zog damals seine Kriegsdienstverweigerung zurück.

Simon hatte einst Zivildienst geleistet. Es sei eben eine andere Zeit gewesen, vor gut zwanzig Jahren, sagt der 37-jährige zweifache Vater. Von Beruf ist Simon heute evangelischer Pfarrer. Nun trägt er ein grünes Barett mit dem goldenen Eichenlaub der Jägertruppe auf dem Kopf. Der Unterschied zwischen den beiden Welten sei gar nicht so groß, schmunzelt er: "Im Endeffekt arbeiten wir alle daran, unseren Dienst für die Menschen in unserem Land zu tun."

Die Reaktionen aus dem Umfeld beschreiben beide als positiv. Simon hat Rückendeckung von seiner Familie, die ihn unterstützt, und von seinem Arbeitgeber, der ihn freistellt für die Ausbildungswochen.

Viele Bewerber, wenig Plätze

Zur Wahrheit gehört auch: Die beiden hatten Glück, überhaupt an dem Programm teilnehmen zu können. Gedulden mussten sie sich obendrein. Eineinhalb Jahre waren es bei Simon.

Zuletzt gab es mehr motivierte Interessenten als Plätze. In diesem Jahr wurden laut Angaben der Bundeswehr 444 Personen deutschlandweit für die Ausbildung eingeplant. Der Durchgang in Bogen ist dabei der einzige in Bayern. Obendrein ist die Zukunft des Modells noch unklar.

Während es in der Reserve als Erfolg gilt, weil die Teilnehmer oft hochmotiviert sind und anschließend häufig an Übungen teilnehmen, kommt von Teilen der aktiven Truppe seit langem Kritik: Die Fähigkeiten seien am Ende unzureichend, die Ausbildungen würden zu viel Personal binden.

Mehr zum Heimatschutz und seiner Rolle erfahren Sie in einem Interview mit dem Kommandeur der neuen Heimatschutzdivision, Generalmajor Andreas Henne, in der Sendung "Politik und Hintergrund". Zu hören am 10.8. um 08:05 Uhr im Radioprogramm von BR24 oder bereits vorab als Podcast in der ARD-Audiothek.

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