L.: Hanna S., "Fußabtreter", 2022, Frauenhaare, R.: Hanna S. im Gerichtssaal
Bildrechte: L.: Hanna S., "Fußabtreter", 2022, Frauenhaare; r. picture alliance/ dpa | Alf Meier
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Für ihre Kunst – wie "Fußabtreter" (2022) aus Frauenhaaren – bekommt Hanna S. den Bundeskunstpreis. Rechts ist sie im Gerichtssaal.

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Prozess gegen Hanna S.: Angeklagte erhält Bundeskunstpreis

Prozess gegen Hanna S.: Angeklagte erhält Bundeskunstpreis

Seit Februar steht die Nürnberger Studentin Hanna S. vor dem Oberlandesgericht München. Zusammen mit anderen soll sie in Ungarn Neonazis überfallen und verletzt haben. Trotz ihrer Inhaftierung bekommt sie nun den Bundespreis für Kunststudierende.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg verteidigt den Bundespreis für Kunststudierende an die inhaftierte mutmaßliche Linksextremistin Hanna S. Die Auswahl der Studentin sei aus rein fachlich-künstlerischen Kriterien erfolgt, teilte die Akademie auf BR-Anfrage mit. Im Übrigen gelte die Unschuldsvermutung. Hanna S. muss sich derzeit wegen eines Angriffs auf mutmaßliche Neonazis in Ungarn vor dem Oberlandesgericht in München verantworten. Sie war im Mai 2024 festgenommen worden.

Hanna S. überzeugte Jury mit ihrer Kunst

Lange vor ihrer Verhaftung hatte ihre Professorin Suska Mackert Hanna S. für den Bundeskunstpreis vorgeschlagen. Extra für den Wettbewerb fertigte sie daraufhin fünf Objekte und Installationen an – und überzeugte damit die unabhängige Jury.

Jurymitglied Stefanie Kleefeld erklärte, die Objekte und Installationen von Hanna S. seien gekennzeichnet von "Fragilität und Sensibilität". Hanna S. beschäftige sich mit Macht- und Gewaltmechanismen in der Gesellschaft. Indem ihre Arbeiten mit vermeintlichen Gegensätzen spielten, werde "eine Spannung und Ambivalenz erzeugt, die den Arbeiten eine Komplexität und Dringlichkeit verleiht, der sich nur schwer zu entziehen ist", so Kleefeld.

Großes Lob für Fußmatte aus Frauenhaar

Besonders lobte die Direktorin der Kunsthalle Bremerhaven das Werk "Fußabtreter" – eine Fußmatte, bei der sich erst beim näheren Hinsehen herausstellt, dass sie aus verschiedenfarbigen Frauenhaaren gewebt wurde.

Schon vor der Nominierung für den Bundeskunstpreis gewann Hanna S. Preise für ihre Kunst. In einem Interview mit den Nürnberger Nachrichten war sie von einer Akademie-Sprecherin vor einigen Monaten als "herausragende, motivierte, anerkannte und integrierte Studierende" bezeichnet worden.

Angriffe auf Neonazis? Prozess gegen Hanna S.

Hanna S. sitzt seit ihrer Festnahme im Mai 2024 in Untersuchungshaft. Nach Angriffen auf Neonazis in Ungarn muss sie sich seit Februar vor dem Oberlandesgericht München verantworten. Sie ist wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Laut Anklageschrift der Bundesanwaltschaft soll Hanna S. zusammen mit anderen Antifaschisten vor zwei Jahren am Rande einer Neonazi-Großveranstaltung in Budapest Jagd auf Rechtsextreme gemacht haben. Drei mutmaßliche Neonazis – zwei davon aus Deutschland – sollen bei den Überfällen, an denen Hanna S. beteiligt gewesen sein soll, erheblich verletzt worden sein. Laut Anklage soll Hanna S. in einem Fall geholfen haben, das Opfer festzuhalten, im anderen auch selbst zugeschlagen haben.

Bundesbildungsministerium prüft Preisvergabe

Der Bundeskunstpreis wird vom Deutschen Studierendenwerk in Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung vergeben. Das Preisgeld von 30.000 Euro wird unter den acht Preisträgerinnen und Preisträgern aufgeteilt. Zusätzlich gibt es 18.000 Euro Produktionsgeld - mit diesem wird eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn finanziert, die am 6. November eröffnet. Eine Sprecherin des Bildungsministeriums erklärte auf BR-Anfrage: "Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat vor Kurzem von der Situation erfahren. Die Preisträgerinnen und Preisträger wurden von einer unabhängigen Jury ausgewählt. Derzeit wird der Sachverhalt erhoben."

Die AfD Mittelfranken hatte Anfang der Woche Kritik an der Preisvergabe geübt. Die Partei bezeichnete die Auszeichnung als "geschmacklos und kurzsichtig".

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