In wenigen Tagen werden die Bullen von Landwirt Friedhelm Dickow geschlachtet – im 45 Kilometer entfernten Waldkraiburg in Oberbayern. Früher habe er im Schlachthof in Pfarrkirchen schlachten lassen, etwa gleich weit entfernt. Doch der habe inzwischen geschlossen. "Wir sind auf Waldkraiburg angewiesen", sagt der Landwirt aus Mamming.
Doch wie es mit dem Schlachthof weitergeht, ist unklar. Sicher ist: Vion möchte seine Schlachthöfe in Deutschland verkaufen. Aber an wen?
Übernahme durch Premium Food Group gescheitert
Eigentlich wollte die Premium Food Group (ehemals Tönnies) Anteile und Unternehmen des niederländischen Konzerns Vion erwerben. Doch das Bundeskartellamt hat dies nun untersagt – das betrifft insbesondere den Schlachthof in Crailsheim (Baden-Württemberg) und die beiden bayerischen Schlachthöfe in Waldkraiburg und Buchloe.
Man habe damit verhindert, dass es künftig in der Region keine Alternative mehr zum Tönnies-Konzern gibt, erklärt der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, in einem schriftlichen Statement. "Ein marktbeherrschendes Unternehmen hat ganz andere Spielräume, an der Preisschraube zu drehen und die Konditionen für die Erzeuger zu verschlechtern", so Mundt.
Tierhalter haben Sorge vor Übernahme aus dem Ausland
Landwirt Friedhelm Dickow hätte gerne ein deutsches Unternehmen wie die Premium Food Group als Nachfolger in Waldkraiburg gesehen. Er sorgt sich jetzt vor einer Übernahme durch ein ausländisches Unternehmen. Man habe es bei Vion gesehen, sagt Dickow. Ein ausländischer Konzern sei schnell weg, sobald ein Unternehmen nicht rentabel sei. "Wir wollen regionale Erzeuger und wir wollen auch endlich mal wieder einen regionalen Vermarkter haben", fordert der Tierhalter.
Bayerischer Bauernverband fordert: Regionale Strukturen müssen erhalten bleiben
Damit Fleisch regional, transparent und nachvollziehbar erzeugt werden könne, brauche es auch regionale Schlachthofstrukturen, fordert der Bayerische Bauernverband. Das Problem: Schlachthöfe stehen immer mehr unter Druck. Mangelnde Auslastung, hoher Investitionsbedarf oder Tierwohlskandale führten dazu, dass sich hauptsächlich große Unternehmen auf dem Markt halten können. Um ein Ungleichgewicht zwischen Tierhaltern und Abnehmern zu vermeiden, sei die Entscheidung zwar nachvollziehbar, doch brauche es auch große Abnehmer wie Fastfoodketten, die Tiere auch ganzheitlich vermarkten und verwerten, erklärt der Markus Drexler, Sprecher des Bauernverbandes. "Da braucht man über kleinere Strukturen hinaus auch leistungsfähige Schlachthöfe", so Drexler.
Erzeugergemeinschaft Südbayern spielt mit Gedanken der Übernahme
Könnte die Erzeugergemeinschaft Südbayern eine Lösung sein? Die hat letztes Jahr bereits zwei andere Schlachthöfe von Vion übernommen, in Landshut und in Vilshofen. "Das Gedankenspiel gibt es, aber man müsse auch realistisch bleiben", sagt der Vorstandsvorsitzende Erwin Hochecker gegenüber BR24. Denn in Vilshofen und Landshut hatte die Erzeugergemeinschaft bereits vor der Übernahme 49 Prozent der Anteile an den Schlachthöfen. In den anderen Schlachthöfen sei man weder Teilhaber noch Miteigentümer.
Doch die Sorge um die Schlachthöfe ist groß, schließlich seien auch die Mitglieder der Erzeugergemeinschaft auf die Standorte angewiesen. Es sei ihr Anspruch, dass 98 Prozent der Tiere nicht weiter als 50 Kilometer zum Schlachthof gefahren werden. Sollte der Standort im Worst Case sogar schließen müssen, "würde sich das natürlich schlagartig ändern", sagt Hochecker.
Premium Food Group prüft mögliche Beschwerde
Die Entscheidung des Bundeskartellamts habe keinen Einfluss auf das Tagesgeschäft, gab Vion in einer Pressemitteilung bekannt. Die Erzeugergemeinschaft Südbayern drängt trotzdem auf eine schnelle Lösung. Jede weitere Verzögerung verunsichere die Landwirte und schwäche den Markt.
Der Beschluss des Bundeskartellamts ist noch nicht rechtskräftig. Die Premium Food Group überprüft nach eigenen Angaben derzeit, ob sie Beschwerde einlegen kann.
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