Ärzte am OP-Tisch
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Ärzte versuchen ein Blutgerinsel zu lösen
Bildrechte: BR, Arno Trümper
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Fliegende Ärzte: Schlaganfall-Spezialisten im Einsatz

Fliegende Ärzte: Schlaganfall-Spezialisten im Einsatz

Beim Schlaganfall zählt jede Minute – und auf dem Land fehlt oft schnelle Hilfe. Die Klinik München Harlaching fliegt Spezialisten mit dem Hubschrauber zu kleineren Krankenhäusern, um Patienten zu operieren. Über eine weltweit einzigartige Praxis.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Klinikum Harlaching, die ganze Maschinerie läuft an. Der Bereitschaftsarzt Gianfranco Russotto hat mit seinem Kollegen in Ebersberg über Videochat gesprochen und entschieden: Die Schlaganfall-Patientin in Ebersberg braucht schnellstens die Hilfe eines Spezialisten aus Harlaching: "Alles klar. Dann gebe ich das endgültige Go an den Piloten und du kannst dich schon auf den Weg machen", informiert Russotto anschließend seinen Kollegen Thomas Witton-Davies und die Hubschrauberbesatzung.

Eine besondere Behandlungsmethode

Thomas Witton-Davies war vor etwa zehn Jahren daran beteiligt, eine neue Operationsmethode zu entwickeln, mit der verstopfte Blutgefäße wieder frei gemacht werden können.

Bei einem Schlaganfall sind es oft Blutgerinnsel, die eine Arterie verstopfen, den Blutfluss unterbrechen und so verhindern, dass Teile des Gehirns mit Sauerstoff versorgt werden. Als Konsequenz sterben die betroffenen Gehirnzellen nach und nach ab. Etwa eine Million, jede Minute. Wird das Blutgerinnsel, das wie ein Stopfen in der Arterie wirkt, schnell entfernt, besteht die Chance, dass sich der Betroffene wieder vollständig erholt.

Es gibt diese Spezialisten nicht überall

Früher mussten Patienten aus der Region in die Schlaganfall-Zentren der großen Städte verlegt werden: Das kostete wertvolle Zeit. Darum gingen sie im Klinikum München Harlaching einen anderen Weg: Die Spezialisten fliegen heute mit dem Hubschrauber in die Region und versorgen die Patienten in den Landkrankenhäusern vor Ort - eine weltweit einzigartige Praxis.

Die Idee mit den fliegenden Ärzten hatte Gordian Hubert, Chefarzt in der Neurologie am Klinikum Harlaching. Untersuchungen hatten gezeigt, dass Patienten aus dem ländlichen Raum deutlich später behandelt wurden, als Patienten in den Ballungsräumen. "Bis der Patient endlich im Rettungswagen ist, bis er hergefahren wird, bis der hier wieder ausgepackt wird und wirklich im Operationsraum liegt. Das dauert sehr, sehr lange. Und beim Schlaganfall zählt ja jede Minute", erklärt Gordian Hubert.

Vorbereitung auf OP noch in der Luft

Ein OP-Assistent und Thomas Witton-Davies greifen sich drei Rucksäcke mit Spezialausrüstung und springen in den Hubschrauber, der schon mit drehenden Rotoren wartet. Eine gute Viertelstunde dauert der Flug – noch in der Luft erreichen Thomas Witton-Davies aktuelle Röntgenbilder, die ihm helfen, sich auf die OP vorzubereiten. "Den Verschluss, der bei der Patientin zu akutem Schwindel und Fall-Neigung führt, den werden wir versuchen abzusaugen", sagt der Operateur.

Dank des Helikoptertransfers kann Thomas Witton-Davies durchschnittlich 90 Minuten früher mit der Behandlung beginnen, als es bei einer Verlegung nach Harlaching möglich gewesen wäre.

20 Minuten Operation: So werden die Blutgerinnsel entfernt

Im Bereich der Leiste schneidet Thomas Witton-Davies ein winziges Loch in die Arterie der Patientin. Dort führt er einen etwa 1,5 Meter langen Spezialdraht ein. Diesen schiebt er, die Arterie entlang, durch den ganzen Körper, bis ins Gehirn der Patientin. Um sich zu orientieren, macht er ständig Röntgenaufnahmen. Mithilfe eines korbartigen Geflechtes an der Spitze des Drahtes gelingt es Witton-Davies, das Gerinsel zu lösen und dann abzusaugen.

Als etwa fünfzehn Millimeter langer und drei Millimeter dicker roter Schleimklumpen liegt es, nach nur 20 Minuten Operation, in einer Petrischale. Für Thomas Witten-Davies jedes Mal wieder bewegend: "Man ist immer erleichtert und hofft, dass es für die Patientin ein gutes Outcome gibt, also ein gutes Ergebnis."

Zwei Tage später dann die Gewissheit: Der Patientin geht es gut. Ohne den Eingriff wäre sie nach Einschätzung der Mediziner heute wahrscheinlich schwerbehindert.

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