Von Januar bis Juni dieses Jahres sind in Bayern bereits 20 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen, weil sie nicht angegurtet waren. Das sind laut Innenministerium schon drei Menschen mehr als im ersten Halbjahr 2024. Insgesamt lag der Anteil der tödlichen Unfälle wegen fehlender Gurtsicherung 2024 bei 16,8 Prozent, im Jahr zuvor waren es 24,2 Prozent.
"Der Schuljahresbeginn ist ein idealer Zeitpunkt, um das Bewusstsein für die lebensrettende Wirkung des Sicherheitsgurts erneut zu schärfen und die Einhaltung der Gurt- und Kindersicherungspflicht konsequent zu kontrollieren", sagt Innenminister Joachim Herrmann (CSU) über die landesweite Aktion zur Gurt- und Kindersicherungspflicht in der ersten Schulwoche nach den Sommerferien.
- Zur Datenanalyse: Weniger Unfälle auf dem Schulweg in Bayern
Eltern sind sich der Gefahren oft nicht bewusst
Bayernweit gibt es daher in diesen Tagen Schwerpunktkontrollen der Polizei – so auch vor der Grundschule St. Peter in Straubing. Um 7.15 Uhr steigen hier Polizeiobermeisterin Lisa Heigl und Polizeihauptmeister Robert Zwickenpflug aus ihrem Dienstwagen. Sie sind als Verkehrserzieher öfter an Schulen aktiv. Heute stehen bei der Kontrolle aber die Erwachsenen im Fokus. Denn wie ihre Kinder seien auch sie sich manchmal der Gefahren gar nicht bewusst, sagen die Beamten.
"Auch wenn ich bloß zehn km/h oder 20 km/h fahre und dann eine Vollbremsung machen muss, reicht das aus, dass mein Kind durch das Auto fliegt", sagt Zwickenpflug, bevor er einen blauen Kleinwagen zu sich winkt. Auf der Rückbank des Wagens sitzt ein Junge im Kindersitz – allerdings mit dem Rucksack auf dem Rücken. Der Beamte spricht die Mutter an: "Das ist wirklich ganz schlecht. Das ist sehr gefährlich. Wenn Sie bremsen müssen, kann er sich schwer am Rücken verletzen." Die Mutter muss aussteigen, ihrem Sohn den Rucksack abnehmen und den Gurt wieder anbringen. Sie hat heute doppeltes Glück: Denn zum einen ist nichts passiert, und zum anderen belässt es der Polizist bei einer mündlichen Verwarnung.
Chaos wegen Elterntaxis
Aber nicht nur die Kinder im Auto sind gefährdet, sondern auch die, die zu Fuß und mit dem Fahrrad zur Schule kommen. Denn vor vielen Schulen im Stadtgebiet herrsche morgens ein Verkehrschaos durch Elterntaxis, wie es Zwickenpflugs Kollegin Lisa Heigl beschreibt. "Die Eltern wollen ihre Kinder am besten direkt vor der Schultüre aus dem Auto lassen." Das sei der Sorge um das Kind oder eben dem Zeitdruck geschuldet.
Heraus kämen dabei gefährliche Situationen. Verkehrsregeln würden missachtet. Auch an diesem Morgen halten Eltern an Stellen, an denen dies nicht erlaubt ist. Die Polizisten ermahnen und verteilen Flyer, auf denen die regelgerechten Haltepunkte im Bereich der Schule markiert sind. Zugegebenermaßen ist die Beschilderung in der Schulgasse etwas unübersichtlich.
Zeitdruck häufig genannter Grund
Nina Hartl hat ihre beiden Kinder mit dem Fahrrad zur Grundschule gebracht. Das mache sie fast immer so, sagt sie. Hartl findet die Polizeipräsenz gut. "Weil die Verkehrssituation hier in der Schulgasse eigentlich eine Katastrophe ist. Weil alle mit dem Auto die Kinder zur Schule bringen. Oder zumindest viele", beschreibt die Mutter die Situation. Auf dem Rad habe sie ein beklemmendes Gefühl, würde oft von Autos angehupt.
Kurz darauf parkt ein dunkles SUV gegenüber dem Eingang der Schule. Fahrerin Ina öffnet die hinteren Türen, zwei Kinder im Erstklässleralter steigen aus. "Es ist wirklich in der Früh der Zeitdruck", erklärt sie, "ich habe noch eine Große, die muss ich jetzt nach Ittling (Anm. d. Red.: anderer Stadtteil von Straubing) bringen. Und ich kann jetzt nicht die Erstklässler mit dem Bus fahren lassen, dazu sind sie zu klein." Ina hat aber Verständnis dafür, dass sie und andere autofahrende Eltern kritisch beäugt würden: "Es ist schon manchmal etwas chaotisch in der Früh. Das stimmt schon."
Prävention wirkt
Für die Polizeibeamten ist es heute trotzdem ein zufriedenstellender Einsatz: Es habe keine gröberen Verstöße gegeben und die autofahrenden Eltern würden ganz überwiegend Verständnis zeigen. Auch zusätzliche Geschwindigkeitskontrollen vor der Grundschule verlaufen ergebnislos. Vielleicht Dank der auffällig hohen Polizeipräsenz zum Schulanfang.
Zum Nachhören: Polizei nimmt Elterntaxis unter die Lupe
Polizeibeamte kontrollieren in den ersten Schultagen, ob die Kinder richtig angegurtet sind.
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