Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klage gegen den Kreuzerlass des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) abgewiesen. Der Freistaat muss Kreuze, die seit 2018 in jedem staatlichen Gebäude hängen, nicht abnehmen. Im Justizpalast in Bayreuth hängt statt eines solchen Kreuzes aber sowieso etwas anderes – und das kam so:
Statt Kreuz: "Engel der Kulturen" im Landgericht Bayreuth
"Engel der Kulturen": So heißt das Kunstwerk, das seit 2020 im Eingangsbereich des Justizpalasts in Bayreuth hängt. Gefertigt haben es die Künstler Carmen Dietrich und Gregor Merten. Der Präsident des Landgerichts, Matthias Burkhardt, ließ das Kunstwerk aufhängen und entschied sich damit gegen das schlichte Kreuz, das seit Markus Söders sogenanntem Kreuzerlass im Jahr 2018 in allen Landesbehörden in Bayern hängen soll.
Ein Kreuz für das Christentum zeige das Kunstwerk schon auch, sagt Burkhardt – aber nicht nur. Daneben ist in gleicher Größe ein Davidstern für das Judentum und ein Halbmond für den Islam zu sehen. Damit sind die drei abrahamitischen Weltreligionen auf dem Kunstwerk vereint. Und durch die geometrischen Figuren wie Kreise, Rechtecke und Quadrate seien auch alle anderen Religionen und Weltanschauungen mitgemeint, erläutert Burkhardt.
"Vor der Justiz sind alle gleich"
Warum er dieses Kunstwerk und nicht einfach nur ein Kreuz hat aufhängen lassen, erklärt der Landgerichtspräsident damit, dass es sehr treffend symbolisiere, dass vor der Justiz alle gleich seien, unabhängig von ihrer Weltanschauung und Religion. Dass vor Gericht eben nur das Grundgesetz und die darin verankerten Grundwerte wie die Achtung der Menschenwürde und die Gleichheit aller Menschen gelten. Justitia mit der Augenbinde drücke schließlich auch aus, dass vor Gericht gelte, Entscheidungen zu treffen, ohne Rücksicht auf das Ansehen der Person zu nehmen.
Burkhardt sagt, man bitte schließlich auch die Besucher des Gerichts mit dem Symbol, sich für diese Werte einzusetzen. Also respektvoll miteinander zu streiten und Recht und Gerechtigkeit auch dadurch zu erreichen, dass man sich in seiner Unterschiedlichkeit auch akzeptiert und respektiert. Auf einer Erklärtafel zu dem Kunstwerk sei das auch aufgeführt.
Noch keine Rückmeldung von der Staatsregierung
Bislang, sagt der Landgerichtspräsident, habe es überwiegend positives Feedback auf das Kunstwerk gegeben. Wenngleich man von der Staatsregierung keine Rückmeldung zu der Aktion bekommen habe. Als Kreuz sei das Kunstwerk aber selbstverständlich auch zu verstehen. Das Kreuz sei deutlich zu sehen.
"Mit diesen Symbolen erfüllen wir die auch für uns bestehende Verpflichtung, ein Kreuz aufzuhängen, öffnen aber auch den Blick für andere Religionen und Weltanschauungen." Matthias Burkhardt, Präsident am Landgericht Bayreuth
Den Menschen, sagt Burkhardt, werde heute schließlich immer mehr bewusst, dass ein vernünftiges und friedliches Miteinander nur möglich sei, wenn sich die Menschen respektierten und akzeptierten. "Das ist, glaube ich, der Schlüssel zu jedem Verständnis miteinander und auch zu unserer Welt, die ja von Recht und dem Versuch, Gerechtigkeit zu erzielen, auch geprägt wird", sagt der Landgerichtspräsident.
Kreuze als Symbol der "kulturellen Prägung Bayerns"
Im Juni 2018 hatten der damals frisch gewählte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und das bayerische Kabinett den sogenannten "Kreuzerlass" beschlossen. Seitdem muss im Eingangsbereich aller bayerischer Landesbehörden ein Kreuz hängen. Konkret heißt es in Paragraf 28 der Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats seither: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen."
Ausnahmen sind Hochschulen, Museen und Theater. Kritik gab es seitdem immer wieder – unter anderem von den Kirchen und Kardinal Reinhard Marx, die in dem Erlass eine Politisierung religiöser Symbole sehen.
Klage gegen "Kreuzerlass" abgewiesen
Am Dienstag hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Klage gegen den Kreuzerlass durch den "Bund für Geistesfreiheit" abgewiesen. Zur Begründung hieß es, die Kreuze verletzten nicht das Recht anderer Weltanschauungsgemeinschaften auf Religionsfreiheit. Sie seien auch kein Verstoß gegen das grundrechtliche Diskriminierungsverbot wegen des Glaubens.
Geklagt hatte der religionskritische "Bund für Geistesfreiheit". Er forderte die Aufhebung des Erlasses und die Entfernung der Kreuze. Die Kläger haben angekündigt, nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen. Söder unterdessen lobte am Dienstag das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Das Kreuz sei ein Zeichen der christlichen und kulturellen Prägung und gehöre zu Bayern.
Bereits im Jahr 2022 waren der "Bund für Geistesfreiheit" sowie mehrere Politiker, Unternehmer und Kulturschaffende mit einer Klage gegen den Kreuzerlass vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gescheitert.
Am Justizpalast Bayreuth will man sich zu dem Urteil nicht äußern – aus Neutralitätsgründen, wie es heißt. Der "Engel der Kulturen", der die drei verschiedenen Religionen abbildet, soll aber auch in Zukunft im Eingangsbereich hängen bleiben.
Mit Informationen von dpa.
"Engel der Kulturen": Bayreuths Gerichtspräsident im Interview
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