Innerhalb von 24 Stunden 200 Liter Regen pro Quadratmeter. Mit diesen Wassermassen hatte Bayern Anfang Juni zu kämpfen. Binnen Stunden wurden ganze Landstriche geflutet. Umweltminister Thorsten Glauber von den Freien Wählern sagte dazu in der Münchner Runde: "Trockenheit und Starkregenereignisse begleiten mich seit Jahren." Fakt ist: Die Extremwetterereignisse in Bayern häufen sich, das zeigen die Daten aus den vergangenen Jahren.
Forderung nach "adäquatem Klimaschutz"
Und diese Tendenz wird sich fortsetzen. Davon ist Meteorologe Özden Terli überzeugt: Die hohe CO₂-Belastung führe zu einer Erwärmung der Atmosphäre. Warme Luft nehme mehr Feuchtigkeit auf. Und diese werde dann auch wieder abgeregnet. Ein weiteres Problem: Großwetterlagen würden sich festsetzen, Tiefs enorme Regenmengen mit sich bringen und Hochdruckgebiete für anhaltende Hitzewellen sorgen. Terlis Prognose: Wenn sich die Meere und die Atmosphäre weiter aufheizen, wird es weltweit alle Regionen treffen. "Es darf nicht mehr wärmer werden! Aber so handeln wir nicht!" Zentral für Terli: Ein "adäquater Klimaschutz. CO₂ muss effizient reduziert werden."
Hochwasserschutz verstärken
Extremwetterereignisse erfordern Anpassung, sagte Umweltminister Glauber in der Münchner Runde. Bayern arbeite "kontinuierlich am Hochwasserschutz". Insgesamt seien vier Milliarden Euro in entsprechende Maßnahmen investiert worden. Bayern sei das einzige Bundesland, das hier Jahr für Jahr draufgepackt habe. Ganz anders als der Bund: Im aktuellen Haushalt würde die Bundesregierung gerade die finanziellen Mittel für die nationale Hochwasserstrategie kürzen. Gegen das einstimmige Votum der Umweltministerkonferenz. "Falsch, es gibt keine Kürzung", konterte Carmen Wegge, Bundestagsabgeordnete der SPD. Das Problem sei vielmehr, dass der Katastrophenschutz nicht von der Schuldenbremse ausgenommen werde. Carmen Wegge stellte in der Münchner Runde außerdem infrage, wie die von Bayern abgerufenen Bundesmittel für den Hochwasserschutz sinnvoll eingesetzt worden sind. Es gebe Flutpolder, die seit über zwanzig Jahren geplant werden, aber immer noch nicht realisiert seien. Auch weil Freie Wähler-Chef Hubert Aiwanger immer wieder dagegen gearbeitet habe.
Regenrückhaltebecken für Dinkelscherben
Ein anderes Beispiel für sehr lange Planungszeiträume: Seit über zwanzig Jahren wird ein Rückhaltebecken für den Fluss Zusam geplant – ohne Erfolg. Davon berichtete Ulrich Fahrner (CSU), 2. Bürgermeister in Dinkelscherben, in der Münchner Runde. Dinkelscherben war Anfang Juni massiv vom Starkregen und der Flut betroffen. Der Frust über den schlechten Hochwasserschutz sei laut Fahrner groß. Umweltminister Thorsten Glauber betonte hier allerdings, dass der Bau bislang auch dadurch ausgebremst wurde, dass Grundstückseigentümer vor Ort nicht bereit waren, die für den Bau nötigen Flächen zu verkaufen. Glauber will nun eine "Zwangsanweisung und den Sofortvollzug" beantragen, er sehe keine andere Möglichkeit mehr. Spätestens Anfang 2025 könne dann gebaut werden. Auch zur von Bürgermeister Fahrner gewünschten Wiedervernässung eines Moores äußerte sich Glauber positiv: Eine derartige Maßnahme könne zu 100 Prozent durch den Freistaat gefördert werden. Carmen Wegge betonte, dass hierfür auch Bundesmittel vorhanden sind und beantragt werden könnten.
Ganzheitliche Konzepte für Extremwetterereignisse
Ob die Flutpolder-Diskussion überhaupt weit genug gehe, wurde in der Sendung jedoch auch infrage gestellt. "Wir können nicht von den investierten Milliarden darauf schließen, ob wir genug gemacht haben", sagte Harald Kunstmann, Hydrologe und Klimaforscher an der Universität Augsburg. "Flutpolder sind nur ein Puzzleteil." Für Kunstmann steht fest: "Wir müssen mehr Wasser in die Böden reinbekommen." Starkregen müsse besser versickern und so gespeichert werden können, damit dieses dann beim Extremwetter Dürre genutzt werden kann.
Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, sagte in der Sendung: "Wir müssen anders bauen." Statt auf Einfamilienhäuser müsse mehr auf gemeinschaftliches Bauen gesetzt werden, auf mehr Dachbegrünungen, auf weniger versiegelte Flächen. Das Bauen in Gewässernähe müsse viel stärker in den Fokus genommen werden und auch die intensive Bewirtschaftung der Flächen sei ein Problem. Gebhards Forderung: Ein Landesentwicklungsprogramm, das nachhaltiges Bauen, Hochwasserschutz und vor allem auch Renaturierungsmaßnahmen vereint und festschreibt.
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