Landwirte müssen die Stoffstrombilanz erstellen, um Nährstoffein- und -ausgänge zu dokumentieren (Archiv- und Symbolbild)
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Landwirte müssen die Stoffstrombilanz erstellen, um Nährstoffein- und -ausgänge zu dokumentieren (Archiv- und Symbolbild)
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Landwirte müssen die Stoffstrombilanz erstellen, um Nährstoffein- und -ausgänge zu dokumentieren (Archiv- und Symbolbild)

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Düngevorgaben lockern: Bürokratieabbau auf Kosten der Umwelt?

Düngevorgaben lockern: Bürokratieabbau auf Kosten der Umwelt?

Bundesagrarminister Rainer will Vorgaben beim Düngen lockern und die Stoffstrombilanz abschaffen. Landwirte müssten dann die Zu- und Ausfuhr von Nährstoffen aus dem Betrieb nicht mehr dokumentieren. Bauern jubeln, Umweltverbände sind empört.

Über dieses Thema berichtet: BR24 - Informationen am Abend am .

Was im Betrieb vorne rein und hinten wieder rauskommt – darum geht es bei der Stoffstrombilanz. Landwirte müssen alle Inputs, wie zum Beispiel Dünger, Futter, Saatgut oder Nutztiere, dokumentieren. Ebenso den Output: die verkaufte Ernte, Tiere und Gülle, die auf dem Feld ausgebracht wird. Die Dokumentation soll dabei helfen, überschüssige Nährstoffe, die Luft oder Wasser belasten können, zu reduzieren.

Wer ist verantwortlich für die Gewässerbelastung?

Die Stoffstrombilanzverordnung war 2018 von der damaligen Großen Koalition eingeführt worden. Hintergrund war ein jahrelanger Streit mit der EU-Kommission, weil in vielen Gegenden in Deutschland das Grundwasser zu stark nitratbelastet ist. 2018 verurteilte der Europäische Gerichtshof die Bundesrepublik, weil über Jahre hinweg nicht genug gegen das Problem unternommen worden war.

In Deutschland gibt es zahlreiche sogenannte "rote" und "gelbe" Gebiete, in denen die Nitrat- oder Phosphatbelastung im Wasser zu hoch ist.

Landwirte fordern Bürokratieabbau

Düngegesetz, Düngeverordnung, Düngemonitoring, Stoffstrombilanz – das sei zu viel Bürokratie, kritisiert der Bauernverband seit Jahren. Deshalb ist die Erleichterung nun groß, dass die Stoffstrombilanz gekippt werden soll. "Wir schaffen schlanke, praxisnahe Regelungen, die funktionieren, anstatt zu frustrieren", so Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU). Er spricht von 18 Millionen Euro weniger Bürokratieballast für Landwirte, das habe das Statistische Bundesamt berechnet.

Beifall bekommt Rainer von Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU): "Die Stoffstrombilanzverordnung ist endlich Geschichte, und ich kann nur sagen: 'Gott sei Dank!' Unsere Landwirte wollen Lebensmittel erzeugen, nicht in Excel-Listen ersticken." Nach den Bauernprotesten im vergangenen Jahr habe man den Landwirten Erleichterungen versprochen, das sei ein erster Schritt.

Weniger Bürokratie auf Kosten der Umwelt?

Scharfe Kritik an der Abschaffung kommt von Agrarwissenschaftler Friedhelm Taube von der Universität Kiel. Der Minister sage die Unwahrheit, wenn er von Bürokratieabbau spreche, so Taube. Seine eigene Ressortforschung, das Thünen-Institut, habe pro Betrieb einen Zeitaufwand von vier bis sechs Stunden im Jahr für die Erstellung der Stoffstrombilanz errechnet. "Es wird ohne Scham gelogen, um zu verhindern, dass eine Düngepolitik greift, die das Drittel der Betriebe, das sich nicht an Regeln der guten fachlichen Praxis hält, sanktioniert!"

Auch Wasserversorger, Greenpeace und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) üben Kritik an der Abschaffung der Stoffstrombilanz. Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) spricht von einem "falschen Signal" und kritisiert: "Die mangelhafte Einbindung der Verbände untergräbt notwendige demokratische Beteiligungsprozesse.“

Landwirte müssen sich trotzdem an Düngeregeln halten

Für die meisten Landwirte in Bayern ändert sich mit der Abschaffung der Stoffstrombilanz nichts. Denn strenge Auflagen der Düngeverordnung gelten weiterhin. Es dürfen nur bestimmte Mengen Gülle oder Mineraldünger pro Hektar ausgebracht werden. Als 2018 die Stoffstrombilanz als zusätzliches Instrument in Deutschland eingeführt wurde, galt sie zunächst nur für sehr viehintensive Betriebe und für bestimmte Betriebe mit Biogasanlagen. Ab 2023 wurde sie erweitert auf Betriebe mit über 20 Hektar oder 50 sogenannten Großvieheinheiten. Doch diese Erweiterung wurde in Bayern nicht umgesetzt. Insofern macht bisher nur ein kleiner Prozentsatz aller Betriebe in Bayern überhaupt eine Stoffstrombilanz.

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