Am liebsten hat er beim Frühstückmachen geholfen – jetzt darf der junge Syrer nur noch zugucken. Vier Wochen lang hat Jafaar bei "Eis Stephan" in Veitshöchheim im Landkreis Würzburg Praktikum gemacht – dann der Schock: der junge Syrer soll abgeschoben werden. Der 18-Jährige wirkt mut- und kraftlos. Das Konditoreiteam hatte Jafaar schon ins Herz geschlossen, er war gut integriert. Alle haben sich dafür eingesetzt, dass er bleiben kann. Und seiner Chefin fällt der geplante Azubi weg.
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Ausbildungsplatz bleibt jetzt leer
"Wir finden niemanden in dem Bereich für die Ausbildung. Jafaar hatte so eine Begeisterung für die Produkte, die er dem Kunden auch so rübergebracht hat", sagt Inhaberin Theresa Götz. Trotzdem: Vom Bayerischen Innenministerium heißt es, dass Jafaar ausreisen muss. Und zwar nach Griechenland, wo er bereits registriert ist. Er habe aber die Möglichkeit, freiwillig zu gehen. Dann darf er über ein Visum legal wieder nach Deutschland kommen.
Chefin: "Er hätte in die Steuer eingezahlt"
Für Götz vollkommen unverständlich, eine Geldverschwendung, findet sie: "Jafaar würde seit diesem Jahr Steuern zahlen. Jetzt wird er aber woanders hingeschickt und die Behörden müssen seinen Visumsantrag bearbeiten, damit er im nächsten Jahr die Ausbildung starten kann." Sie würde sich wünschen, dass der Staat sich auch Einzelfälle anguckt.
Entscheidung im Einzelfall ist eine absolute Ausnahme
So wie bei Fabrice. Der 31-Jährige konnte jetzt seine Maurerausbildung in Rimpar im Landkreis Würzburg starten. Während dieser Zeit gilt er als geduldet. Im Anschluss hat Fabrice die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, sofern er seinen ivorischen Pass von der Elfenbeinküste vorlegt. Dabei ist die Ausgangslage bei Fabrice dieselbe gewesen wie bei Jafaar.
Auch sein Asylantrag war abgelehnt worden. Auch er galt damit als ausreisepflichtig. Dass er trotzdem bleiben durfte, hat er wohl seinem Fußballteam zu verdanken, das auf Social Media zu einer Petition aufgerufen hatte. Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) hat dann kurzfristig entschieden, dass Fabrice für die Ausbildung in Deutschland bleiben darf. Jan Hußl, Anwalt für Migrationsrecht, sagt: Glück gehabt. "Das war eine Königsentscheidung und wäre bei Jafaar genauso möglich."
"Asylrecht schaut nicht auf Integrationsleistungen"
Laut EU-Asylrecht werden Einzelfälle nicht berücksichtigt, so das Bayerische Innenministerium auf Nachfrage von BR24: "Integrationsleistungen oder Deutschkenntnisse sind bei dieser Prüfung nicht relevant. […] Das Asylverfahren dient dazu, Menschen Schutz zu gewähren, die aufgrund der Situation im Heimatland Schutz benötigen; nicht hingegen der Behebung des Arbeitskräftemangels." Das bestätigt auch Hußl: "Das EU-Asylrecht schaut nicht auf die Integrationsleistungen. Die machen die Tür zu, egal wie du dich anstrengst." Trotzdem findet er das Asylrecht grundsätzlich fair.
Jafaar reist freiwillig aus und kommt wieder
Jafaars ehemalige Konditorei-Kollegin fliegt in einigen Wochen nach Griechenland in den Urlaub. Im selben Flieger wie Jafaar. Ein Hilfsangebot, damit der 18-Jährige nicht ganz alleine ins Ungewisse reisen muss.
Grafik: Wie hat sich die Zahl der Abschiebungen in Bayern entwickelt?
Fabrice schüttet Zement in einen Eimer.
Dieser Artikel ist erstmals am 09.09.2025 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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