Das Speditionsunternehmen W & P in Prichsenstadt hat seinen Fuhrpark auf E-Lkw umgestellt.
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Das Speditionsunternehmen W & P in Prichsenstadt hat seinen Fuhrpark auf E-Lkw umgestellt.

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Umstellung auf E-Lkw: Bayerns größter privater Ladepark eröffnet

Umstellung auf E-Lkw: Bayerns größter privater Ladepark eröffnet

Der Ausbau der E-Mobilität im Speditionsverkehr hinkt hinterher. Die mangelnde öffentliche Ladestruktur schreckt ab. Ein unterfränkischer Spediteur hat seinen Fuhrpark umgestellt und Bayerns größten privaten E-Ladepark errichtet. Ein Vorzeigeprojekt?

Über dieses Thema berichtet: Tagesschau am .

56 nagelneue Ladesäulen, zwanzig E-Trucks und riesige Batteriespeicher mit einer Kapazität von 15 Megawattstunden: Die Spedition W & P im unterfränkischen Prichsenstadt hat alles auf eine Karte gesetzt, auf die der E-Mobilität. "Wir müssen etwas für die Zukunft tun", so Firmen-Chef Alexander Wehr, "und da war klar, entweder ganz oder gar nicht." 19 Millionen Euro hat die Spedition aus dem Landkreis Kitzingen in die Hand genommen, um den größten privaten E-Ladepark in Bayern zu errichten. Am Wochenende wurde er offiziell eröffnet.

Dank grünem Strom: Rechnung in zwölf Jahren?

In etwa zwölf Jahren will Wehr die Kosten gedeckt haben. Elektro-Laster sind aktuell von Maut- und Kfz-Steuer befreit, vor allem aber spare er Stromkosten. Denn rund 80 Prozent des Bedarfs soll aus den firmeneigenen Photovoltaik-Anlagen kommen. Auf dem Dach sind Module mit einer Gesamtleistung von vier Megawatt installiert, laden können die Laster dank Speicher über Nacht.

Mit Verzögerungen im Betriebsablauf rechnet Wehr durch die Umstellung nicht. Die neueste Generation E-Lkw hat eine Reichweite von 500 Kilometern. Mehr fahre ein Lkw für gewöhnlich ohnehin nicht am Tag, so Wehr. Die Ladezeiten könnten parallel zu den Pausenzeiten geplant werden.

Öffentliche Ladestruktur ausbaufähig

Das Problem: Bei der öffentlichen Ladeinfrastruktur für Elektro-Laster muss sich noch viel tun. Von insgesamt 351 geplanten Ladepunkten für Lkw sind aktuell 67 realisiert, in Bayern sind es 14 von 73. Die Herausforderungen in Bezug auf die Flächenverfügbarkeit seien für E-Lkw wesentlich größer als für Pkw, so die nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur. Zudem seien die Netzkapazitäten häufig gar nicht ausreichend ausgebaut, um die nötigen Ladeleistungen im Megawatt-Bereich bereitzustellen.

Bis das öffentlich zugängliche Netz entsprechend ausgebaut ist, würden sich Spediteure gegenseitig aushelfen, sagt Wehr: "Darf ich bei dir laden? Du darfst bei mir laden." Die Firma W & P hat dafür auch zusätzliche Ladesäulen an ihren Laderampen installiert, sodass die Zeit zum Entladen der Fracht zum Aufladen der Batterien genutzt werden kann. Damit der gesamte Fuhrpark elektronisch fährt, muss das Unternehmen noch einige Trucks austauschen, 42 E-Laster sollen es zum Schluss sein.

Speditions-Verbände skeptisch: "Wir sprechen von Jahrzehnten"

Speditions-Berufsverbände zeigen sich aktuell jedoch noch skeptisch, was einen schnellen und lohnenden Umstieg auf E-Mobilität in der Logistikbranche angeht. "Wir sprechen hier von Jahrzehnten", so Sabine Lehmann vom Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS). Ohne Förderung rechne sich die Umstellung bislang nicht und gerade in der aktuellen Wirtschaftslage fehle den Unternehmen die Planungssicherheit.

Für international tätige Unternehmen ist der Umstieg auf E-Mobilität zudem kaum denkbar, gerade in Ost-Europa seien kaum ausreichend Ladepunkte vorhanden. Laut einer EU-Verordnung von 2024 müssen bis 2030 alle Hauptverkehrsachsen der EU alle 60 Kilometer mit Ladeinfrastruktur für E-Lkw ausgestattet sein - die Umsetzung lässt jedoch auf sich warten. "Ein löbliches Ansinnen", so auch Lehmann, "aber keine belastbare Grundlage für Investitionsentscheidungen heute".

Bundesverband fordert Nutzfahrzeug-Gipfel

Zudem seien Elektro-Lkw nicht nur zwei bis dreimal teurer, sondern auch etwa vier Tonnen schwerer als vergleichbare Diesel-Lkw, warnt Dirk Engelhardt, Vorstands-Sprecher des Bundesverbands Güterkraftverkehr Logistik BGL. Diese Zusatzlast müsse kompensiert werden, wenn zulässige Höchstlasten nicht überschritten und die Infrastruktur nicht zusätzlich belastet werden soll. Um all diese Problemstellen anzugehen, fordert der Verband einen Nutzfahrzeug-Gipfel mit Beteiligung der zuständigen Ministerien und Energieversorger.

Bayerisches Förderprogramm für private Ladesäulen

Um einen Anreiz für die Umstellung zu setzen, werden nicht öffentlich zugängliche Ladesäulen in Bayern seit 2023 durch die Kompetenzstelle Elektromobilität der Bayern Innovativ GmbH gefördert. Auch 16 Ladesäulen der Spedition W & P wurden mit insgesamt 500.000 Euro bezuschusst. Das Projekt sei bislang einmalig, so Bastian Ritter, Projektmanager von Bayern Innovativ. Genau solche Leuchtturm-Projekte brauche es, um die Aufmerksamkeit auf das Thema Elektrifizierung zu lenken. Gerade für kleinere Speditionen mit überschaubarem Fuhrpark könne die Förderung der nötige Anreiz sein.

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