Die Deutschen trinken weniger Wein. Und die jüngere Generation setzt immer öfter auf alkoholfreie Weine. Der Weinkonsum und -umsatz ist im vergangenen Jahr in Deutschland um fünf Prozent zurückgegangen. Auch die Winzer in Unterfranken spüren das: In immer mehr Weinbergen entstehen momentan Lücken. Diese Brachflächen bieten aber auch die Chance für mehr Biodiversität und weniger Monokultur.
Blühwiese statt Silvaner
Florian Engelmann hat das Weingut Leininger in Eibelstadt übernommen. Schon im vergangenen Jahr hat er bemerkt, dass seine Kunden weniger Wein kaufen. Gleichzeitig kamen Winzerkollegen und haben ihm Weinberge zur Pacht angeboten, die sie selbst nicht mehr brauchen. "Wir wollten vor der Welle sein und haben deshalb schon letztes Jahr entschieden, eigene Weinberge zu roden und gepachtete Weinberge zurückzugeben", sagt Engelmann. Seine zehn Hektar Rebfläche hat er auf acht Hektar reduziert. In den Steillagen von Eibelstadt neben einem seiner Rieslingweinberge liegt nun eine große Brachfläche. Ein Winzer hat dort im Frühjahr alle Rebstöcke gerodet. Wo noch gestern Silvaner gewachsen ist, steht nun eine Blühwiese.
Der rückläufige Weinkonsum trifft alle
Auch in Stammheim im Landkreis Schweinfurt steht Johannes Prowald vor einem stillgelegten Weinberg. Die Metallpfosten und Drähte sind bereits abgebaut, die Rebstöcke wird er in den nächsten Tagen herausreißen. Dann ist auch dieser Weinberg eine Brachfläche. Prowald ist mit 28 Hektar Rebfläche Traubenerzeuger für eine große Genossenschaft. Die kann aufgrund der aktuellen Marktsituation immer weniger je Hektar Rebfläche an Auszahlung leisten.
Für Prowald wird es unrentabel, alle 28 Hektar weiterhin zu bewirtschaften. Auch er gibt deshalb momentan gepachtete Weinberge an die Eigentümer zurück. Doch diese Rebflächen braucht niemand. Der Wert der Weinberge sinkt damit auf null Euro. Noch vor zehn Jahren war das die Altersvorsorge für viele Winzer - Weinberge gewinnbringend verpachten und so die Rente aufbessern, sagt Prowald.
Sogar Spitzenweingüter werden schrumpfen
Das Weingut Juliusspital in Würzburg gehört zu den Spitzenbetrieben in Franken, gegründet 1567. Mit 180 Hektar Rebfläche ist es heute das größte Privatweingut in Deutschland. Doch der rückläufige Weinkonsum geht auch an diesem Prädikats-Weingut nicht spurlos vorüber. Joachim Brand, Leiter des Weingutes Juliusspital bringt es so auf den Punkt: "Die Weinbranche ist im Umbruch. Das wird eine strukturelle Veränderung in der Weinlandschaft mit sich bringen." Bei ihnen werde es mit Sicherheit eine Flächengröße von circa 40 Hektar betreffen, darunter auch Pachtflächen.
Rebflächen verschwinden
Von den derzeit 6.000 Hektar Rebfläche in Franken werden 1.000 Hektar verschwinden, so die Prognose von Experten. Die Kulturlandschaft auch mit den Steillagenweinbergen wird sich also verändern. Mit der Flurbereinigung in den 70er und 80er Jahren sind Monokulturen entstanden. Jetzt klaffen in den großen Lagen immer öfter Lücken.
Mehr Biodiversität – weniger Monokultur
Das müsse nicht immer schlecht sein, findet Winzer Florian Engelmann aus Eibelstadt, der in dieser Entwicklung auch eine Chance sieht. Wenn diese Brachflächen mitten in den Weinbergen in Blühwiesen umgewandelt werden, wenn dort Hecken, Büsche, Bäume gepflanzt werden, dann wäre das ein Mehrwert für die Kulturlandschaft – ein Mehr an Biodiversität für die ganze Region, so Engelmann.
Und auch Joachim Brand vom Weingut Juliusspital denkt zurück an die Zeit vor der Flurbereinigung. Da habe es noch Obstbäume, Büsche, Hecken in den Weinbergen gegeben. Auch er will frei werdende Rebflächen ökologisch aufwerten. Solche Agroforst-Streifen in den Weinbergen könnten auch die Folgen des Klimawandels mildern.
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