Der Pflegestützpunkt Coburg ist für Stadt und Landkreis zuständig
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Beratungsgespräch beim Pflegestützpunkt Coburg

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Wenn der Durchblick fehlt: Viele Anfragen bei Pflegestützpunkten

Wenn der Durchblick fehlt: Viele Anfragen bei Pflegestützpunkten

Mit dem Thema Pflege setzen sich Menschen oft erst auseinander, wenn der Pflegefall eintritt. Dann ist die Überforderung schnell groß. Pflegestützpunkte helfen hier weiter. Doch noch mangelt es in vielen Städten an solchen Anlaufstellen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau am .

Klemens Müller deckt den Tisch, kocht Tee, schmiert Stullen. Der selbstständige Schreinermeister kümmert sich um seine Mutter Hildegard. Die 79-Jährige lebt daheim im oberfränkischen Bad Rodach im Landkreis Coburg. Sie hat seit dem Tod ihres Mannes vor einigen Jahren gesundheitlich abgebaut. Nun die Diagnose Demenz. Für Sohn Klemens eine Herausforderung. Anfangs verzweifelte der Handwerker fast – an Anträgen, Anschreiben, Zuständigkeiten. "Eine Katastrophe einfach", sagt er rückblickend. Es kostete viel Zeit und Nerven, um Gelder zu beantragen.

Hilfe beim Pflegestützpunkt – unabhängig und kostenlos

Hilfe fand Klemens Müller beim Pflegestützpunkt Coburg. Dort berät ein geschultes Beraterinnen-Team bei allen Fragen rund um das Thema Pflege. So gibt es Tipps zu Patientenverfügungen und Pflegegraden, finanzieller Unterstützung, Behindertenausweisen und Gutachten. Der Pflegestützpunkt informiert über Senioren-Betreuungs- und Begleitdienste und unterstützt bei Anträgen und bei der Suche nach einem Heimplatz.

Die Pflegeberaterinnen arbeiten unabhängig und unterliegen der Schweigepflicht. Ihre Beratung ist kostenlos – für gesetzlich und für privat Versicherte – egal, ob jemand einmal oder mehrfach kommt. Jeder Fall hier ist anders, wissen die Profis. Deshalb bringt jede Anfrage neue Herausforderungen mit sich und braucht speziell zugeschnittene Lösungen.

Coburgs Lotsen im Pflegedschungel

Beim Pflegestützpunkt läuft zusammen, was Angehörige zuvor zeitaufwändig selbst mit Krankenkassen, Pflegeheimen und Ämtern abklären mussten. Die Nachfrage nach dem Service ist sehr hoch: Rund 750 Gespräche führt Pflegeberaterin Beate Grünewald mit ihrem Team im Jahr. Seit der Gründung 2010 gab es insgesamt rund 9.000 Beratungsgespräche.

Ziel der Beraterinnen ist es, häusliche Pflege möglich zu machen und den Angehörigen den Alltag zu erleichtern. Und: Die Pflegebedürftigen sollen so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben dürfen. Finanziert werden die Pflegestützpunkte von den Pflege- und Krankenkassen, vom Bezirk und den jeweiligen Kommunen oder Landkreisen. Der Pflegestützpunkt Coburg ist für Stadt und Landkreis zuständig.

Immer mehr Pflegestützpunkte – aber ungleich verteilt

Gegründet 2010, gehört er zu den ersten Pflegestützpunkten in ganz Bayern. Die Zahl dieser Einrichtungen ist stark gestiegen: 2019 gab es bayernweit nur neun Pflegestützpunkte. Inzwischen sind es 50 – doch sie sind über den Freistaat hinweg ungleich verteilt. Während es in Oberbayern 19 Pflegestützpunkte gibt, sind es in Oberfranken nur vier. In der Oberpfalz gibt es nur einen einzigen in Regensburg. Aber: Die Zahl der Pflegestützpunkte soll wachsen. Das Bayerische Gesundheitsministerium unterstützt die Anlaufstellen deshalb finanziell: zum Beispiel mit einer Förderpauschale von jährlich bis zu 20.000 Euro für eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft.

Einmalig in Oberfranken: Eine barrierefreie Musterwohnung

Beate Grünewald und ihr Team sind auch im Coburger Land vor Ort. Jeden Montag bieten sie Außen-Sprechstunden an – in Neustadt, Sonnefeld, Seßlach und Bad Rodach. Ein Service für Menschen, die nicht mehr so mobil sind. Die Pflegeberaterinnen haben dann wichtige Formulare und Info-Material dabei.

Seit 2020 gib es in Coburg eine besondere Anlaufstelle: eine barrierefreie Musterwohnung. Die ist zum Beispiel mit einem barrierefreien Bad ausgestattet. Dort lassen sich aber auch viele Pflegehilfsmittel ausprobieren – wie höhenverstellbare Schränke, ein Aufstehbett oder Tremor-Löffel für Parkinson-Erkrankte. Wohnberaterin Marion Habelitz vom Pflegestützpunkt führt regelmäßig Gruppen, Paare und einzelne Ratsuchende durch die 80 Quadratmeter große Wohnung. So eine Wohnung gibt es in jedem bayerischen Regierungsbezirk nur einmal. Die Coburger Musterwohnung wurde vom Sozial-Ministerium mit 55.000 Euro gefördert.

Pflegestützpunkt "wie eine große Familie"

Klemens Müller hat sich inzwischen mithilfe des Coburger Pflegestützpunktes organisiert. Neben Tagespflege und Caritas sind auch Familie und Nachbarn bei der Pflege seiner Mutter mit im Boot. Müller hält immer noch Kontakt zu den Beraterinnen. Sie seien inzwischen für ihn wie eine große Familie - die Pflegeexpertinnen nähmen sich Zeit und hätten immer ein offenes Ohr.

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