Chia Rabiei vor einem Blumenmeer
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Chia Rabiei hat sich 2021 einem Messerangreifer entgegengestellt – und lebt seither mit der Rolle des Helden.
Bildrechte: picture alliance/dpa | Carolin Gißibl
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Chia Rabiei hat sich 2021 einem Messerangreifer entgegengestellt – und lebt seither mit der Rolle des Helden.

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Würzburger Messerangriff: Ein Held, der einfach bleiben will

Würzburger Messerangriff: Ein Held, der einfach bleiben will

Im Sommer 2021 stellt sich Chia Rabiei in der Würzburger Altstadt einem Messerattentäter entgegen. Der Moment macht ihn berühmt. Im ARD-Podcast "Nicht Mehr Mein Land" erzählt Rabiei jetzt, warum es nicht immer einfach ist, Held zu sein.

Über dieses Thema berichtet: Nicht Mehr Mein Land - Geschichten über Migration, den Rechtsruck und die Gräben zwischen uns am .

Das Video geht 2021 viral: Tausende Aufrufe im Netz, viele teilen es auf Social Media. In dem kurzen Clip kreisen Chia Rabiei und ein Mann mit einem Küchenmesser kampfsportartig umeinander herum. Rabiei hat nichts, um sich zu verteidigen. Nur seinen Rucksack hält er wie ein Schutzschild vor sich.

Insgesamt tötet der Angreifer, ein Flüchtling aus Somalia, an diesem Tag drei Menschen in der Würzburger Altstadt. Fünf weitere verletzt er schwer. Mehrere Menschen versuchen, ihn aufzuhalten. Doch nur Chia Rabiei stellt sich ihm direkt in den Weg. So kann er ihn mehrere Minuten lang aufhalten, bevor die Polizei eintrifft – und rettet so vermutlich mehreren Menschen das Leben.

Vom Flüchtling zum "Helden von Würzburg"

Der Kurde und gebürtige Iraner Chia Rabiei, der 2019 nach Deutschland geflüchtet ist, wird damals als "Held von Würzburg" gefeiert. Er bekommt mehrere Ehrenmedaillen für Zivilcourage, unter anderem vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und der damaligen Innenministerin Nancy Faeser. Zahlreiche Medien berichten und viele fordern: Rabiei solle als Dank die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.

Wenige Monate später der Schock: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnt Rabieis Asylantrag ab. Es sieht damals keine Gründe dafür, dass er als Kurde im Iran verfolgt werden könnte. Rabiei drohte eine Abschiebung.

Doch der Iraner klagt gegen den Beschluss. Im März 2023 urteilt das Verwaltungsgericht in Würzburg: Er darf bleiben. Der Iraner sei wegen der Medienberichte mittlerweile so bekannt, dass er bei einer Abschiebung in sein Heimatland große Probleme bekommen könnte. Weil er zum Beispiel mit Medien gesprochen hat, die das iranische Regime kritisieren. Rabiei bekommt eine Aufenthaltsgenehmigung, die zunächst auf drei Jahre befristet ist.

Held sein ist nicht immer einfach

"Würzburg ist meine Heimat", sagt Rabiei im neuen ARD-Podcast "Nicht Mehr Mein Land". Er spricht erstmals aber auch darüber, dass es für ihn nicht immer einfach ist, ein Held zu sein. Die Gesellschaft erhebe ihn zur Helden-Figur, erwarte perfektes, vorbildliches Verhalten. Das setze ihn unter Druck: "Wenn die Leute dich als Held kennen, dann musst du dich wie ein Held verhalten", sagt er, "du musst aufpassen."

Auch praktische Probleme machen ihm zu schaffen. Derzeit versucht er, seinen Führerschein zu machen. Auch wenn er mittlerweile gutes Deutsch spricht, sind die bürokratischen Formulierungen in der Trainingsapp für ihn oft schwer verständlich. Seine Tage sind lang. Er arbeitet als Gabelstaplerfahrer in Schichtarbeit und muss früh aufstehen. Ob er langfristig in Deutschland bleiben kann, ist noch nicht geklärt. "Es ist momentan ein bisschen schwer", sagt Rabiei. Sein Wunsch: Kein Dauerstatus als Held, sondern ein "ganz normales ruhiges Leben".

Mehr über Chia Rabiei und die Folgen seiner Heldentat erzählt der neue ARD-Podcast "Nicht Mehr Mein Land". Der Podcast erscheint zum zehnten Jahrestag von Angela Merkels Aussage: "Wir schaffen das!". In sechs Folgen geht es um Migration, den Rechtsruck und die Gräben zwischen uns. "Nicht Mehr Mein Land" finden Sie in der ARD Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt.

Im Audio: Nicht Mehr Mein Land - Der Held und der Messerangriff

Nicht Mehr Mein Land: Ein Podcast, der Geschichten über Migration, den Rechtsruck und die Gräben zwischen uns erzählt
Bildrechte: BR/Max Hofstetter Grafik: Veronika Grenzebach, Hannah Wiesner
Audiobeitrag

Nicht Mehr Mein Land, Folge 6: Der Held und der Messerangriff

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