Polarforscherin Laura Schmidt von der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus und BR-Korrespondent Martin Breitkopf auf dem Nördlichen Schneeferner.
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Polarforscherin Laura Schmidt von der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus und BR-Korrespondent Martin Breitkopf auf der Zugspitze.

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Zugspitz-Gletscher: "Es kommt zum Abschmelzen – auf jeden Fall"

Zugspitz-Gletscher: "Es kommt zum Abschmelzen – auf jeden Fall"

Forscher sind sich einig: Für die letzten beiden Gletscher in Oberbayern gibt es keine Hoffnung – der Nördliche Schneeferner und der Höllentalferner auf der Zugspitze werden infolge des Klimawandels abschmelzen. BR24 sprach mit Experten.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Im vergangenen Jahr ist dem Südlichen Schneeferner der Gletscher-Status abgesprochen worden. Das Eis ist inzwischen so dünn, dass keine Eisbewegung mehr zu erwarten ist. "Und das ist ein Definitionskriterium von einem Gletscher: Es muss sich bewegen", sagte Glaziologe Wilfried Hagg von der Hochschule München im BR24-Interview.

Mit einem Kollegen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften führte er im vergangenen Jahr Messungen der Eisdicke durch. Diese ergaben, dass nur noch ein bis zwei Meter Eis in den meisten Bereichen an Mächtigkeit da ist. "Das ist zu wenig, als dass sich hier durch den Druck eine Eisbewegung ergeben könnte."

Nördlicher Schneeferner noch um die 30 Meter dick

Anders dagegen die Eisdicke beim Nördlichen Schneeferner mit dem beliebten Schlepplift für Skifahrer und Snowboarder. "Hier dürften es an der dicksten Stelle noch so um die 30 Meter sein", sagte der Gletscherexperte. Das sei mehr als man vermuten würde, wenn man davorstehe, aber: Auch die Tage dieses Gletschers seien gezählt. Aufgrund der Erderwärmung, vor allem verursacht durch das Treibhausgas Kohlendioxid, schmilzt im Sommer mehr Eis ab, als im Winter Schnee fällt – wenn überhaupt Schnee fällt. Deshalb sterben die Gletscher.

Wie Hagg geht auch Laura Schmidt von der Umweltforschungsstation Schneefernerhaus davon aus, dass dem Nördlichen Schneeferner bis zum Ende dieses Jahrzehnts der Gletscherstatus abgesprochen wird. Daran ändere auch der ergiebige Schneefall im Mai nichts, sagte die Wissenschaftlerin und Polarforscherin im Gespräch mit BR24. "Dadurch, dass der Niederschlag so spät gefallen ist, könnte es sich so anfühlen, aber langfristig ist es natürlich kein Polster mehr. Die Gletscher hier so sind singulär und so klein, dass es zum Abschmelzen kommt – auf jeden Fall."

Höllentalferner: Lage und Lawinen verlängern sein Leben

Bei den Prognosen für den Höllentalferner, der nördlich unterhalb des Zugspitzgipfels liegt, gehen die Fachleute davon aus, dass er ab 2040 seinen Gletscherstatus verlieren wird. "Er hat eine hohe Felsumrahmung, die ihn zum einen vor der direkten Sonneneinstrahlung schützt. Das hilft ihm natürlich, die Schmelzraten gering zu halten", so Hagg. "Und er bekommt im Winter zusätzliche Ernährung im Form von Lawinen. Er erhält also mehr Schnee, als ihm durch seine Fläche durch den normalen Niederschlag zukäme". Das sei ein Unterschied von wahrscheinlich maximal zehn Jahren, "was sein Leben oder Leiden verlängert und verzögert".

Glaziologe: Schneller auf Klimawandel reagieren

Das Gletschersterben macht beide betroffen. Aber im Gegensatz zu anderen Weltgegenden seien die Auswirkungen des Gletscherschwunds in Bayern einigermaßen verkraftbar – abgesehen davon, dass sich das Landschaftsbild unwiederbringlich verändert. "Wir werden deshalb nicht an Wassermangel im Sommer leiden wie anderswo auf der Welt", betonten Hagg und Schmidt. Insofern wäre es falsch, den Gletschern zu sehr nachzutrauern. "Aber sie zeigen uns, dass der Klimawandel da ist und mit großen Schritten vorangeht, dass er sich beschleunigt und dass er auf anderen Ebenen die größte Herausforderung des Jahrhunderts für uns darstellen wird", mahnte der Glaziologe. Es mache ihn ärgerlich, dass die Gegenmaßnahmen so zögerlich seien und dass der Mensch immer noch nicht verstanden habe, "dass wir schneller reagieren müssen".

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