Es war eine Abstimmung mit ungewöhnlichen Vorzeichen, die am Mittwochvormittag im großen Sitzungssaal des Münchner Rathauses stattfand. Der amtierende Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) stellte sich zur Wahl als Referent für Arbeit und Wirtschaft der Stadt München (RAW). Er erhielt 44 Stimmen, sein Mitbewerber Clemens Baumgärtner kam auf 29 Stimmen.
Scharpf nahm die Wahl an. Damit gibt er sein Amt als Ingolstädter OB Ende Februar auf und ist ab März seinem bisherigen Münchner Amtskollegen Dieter Reiter unterstellt. Scharpf sagte, er freue sich auf seine neue Aufgabe in München.
Wirtschaftsreferent zugleich Chef des Münchner Oktoberfests
Wie sehr man mit dem Posten Wirtschaftsreferent glänzen kann und welche Karrierechancen sich daraus ergeben, zeigt sich an Dieter Reiter, der selbst dieses Amt bekleidete, bevor er Münchens Oberbürgermeister wurde.
Münchens Noch-Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner hofft auf denselben Aufstieg – er wird 2026 als Reiters CSU-Konkurrent ins Rennen um das Amt des Münchner Oberbürgermeisters gehen. Er blickt auf eine bewegte Amtszeit zurück: In der Zeit kündigten nicht nur die Tech-Giganten Apple, Google und Meta an, ihre Standorte in München ausbauen zu wollen. Baumgärtner war es auch, der im Hintergrund die Fäden zog, um die seit dem Jahr 2022 in der Messe Riem stattfindenden Megakonzerte zu ermöglichen - eine Frischzellenkur für den Münchner Tourismus.
Scharpf: Familie ist der Grund für den Wechsel nach München
Für Christian Scharpf eröffnen sich ab März viele Möglichkeiten, in München zu wirken. Er selbst begründete seine Bewerbung aber nicht mit Karriereaussichten. Christian Scharpf möchte laut eigener Aussage aus familiären Gründen von Ingolstadt nach München wechseln. Scharpf, der schon Büroleiter von Münchens Alt-OB Christian Ude (SPD) war, hat trotz seines Amtes in Ingolstadt seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in der bayerischen Landeshauptstadt. Seine Frau und seine vier Kinder leben in München. Die Frage, ob er irgendwann Dieter Reiter folgen könnte, stelle sich für ihn derzeit nicht, erklärt Scharpf.
Städtische Referenten arbeiten bis zu 70 Stunden pro Woche
Das RAW ist eines von insgesamt 15 städtischen Referaten. Die städtischen Referentinnen und Referenten sind im Gegensatz zu den ehrenamtlich gewählten Stadträten, berufsmäßige Stadträte, die für diesen Vollzeitjob von bis zu 70 Stunden Wochenarbeitszeit auch ein Gehalt bekommen. Nach Besoldungsordnung B sind das rund 11.000 Euro.
Das Wirtschaftsreferat betreut unter anderem die städtischen Unternehmensbeteiligungen - etwa am Flughafen, dem Olympiapark, der Messe oder den Münchner Stadtwerken. Dazu kommt die Förderung der städtischen Wirtschaftsinfrastruktur sowie des Tourismus und das Lobbying für den Wirtschaftsstandort München. Daneben ist das Referat zuständig für Feste und Märkte. Deshalb ist der Münchner Wirtschaftsreferent zugleich der Chef des Münchner Oktoberfests und Christkindlmarkts.
Ingolstadt bedauert vorzeitigen Weggang des OBs
In Ingolstadt bedauert man den vorzeitigen Weggang des Oberbürgermeisters. "Die Zusammenarbeit lief sehr gut, deswegen sind wir auch alle ein bisschen traurig, zumal die Herausforderungen in der Stadt sehr groß sind", meint die zweite Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll (CSU). Unter anderem werden die Einnahmen der Stadt weniger, es gilt eine Haushaltssperre. Dazu kommen drängende Aufgaben: teure Baumaßnahmen bei Schulen und die Gesundheitsversorgung in der Region. Deneke-Stoll hofft, dass es dem nächsten OB gelingen wird, das gute Klima im Stadtrat fortzuführen.
Nach aktueller Planung sollte die OB Wahl in Ingolstadt im Februar stattfinden, damit der neu gewählte Kandidat sein Amt zum 1. März antreten kann. Ein Bündnis aus verschiedenen Ingolstädter Stadtratsfraktionen plant einen gemeinsamen Kandidaten. Bei SPD, Grünen, ÖDP, Linken und UWG scheint es auf den SPD-Fraktionsvorsitzenden Christian De Lapuente hinauszulaufen. Die CSU will ihren Kandidaten erst im November bekanntgeben. Scharpfs Vorgänger Christian Lösel will sich wieder bewerben. Zum ersten Mal will auch die AfD einen Kandidaten aufstellen.
Im Video: Oberbürgermeisteramt in Ingolstadt verwaist
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