Kinder machen in einer maroden Schulturnhalle Sport. (Symbolbild)
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Viele Schulen in Bayern sind in einem maroden Zustand, wie hier an einer Turnhalle zu sehen ist. (Symbolbild)

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Zwischen Zerfall und Neubau: Der Kampf um bayerische Schulen

Zwischen Zerfall und Neubau: Der Kampf um bayerische Schulen

Schimmel an den Wänden, gesperrte Turnhallen, Schüler in Containern: Viele Schulen in Bayern sind marode oder zu klein für die gestiegene Schülerzahl. Warum scheitern manche Sanierungspläne und andere funktionieren? Zwei Beispiele.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Experten schätzen den Investitionsstau an bayerischen Schulen auf über zehn Milliarden Euro. Alleine die Stadt Augsburg müsste für die Sanierung von 70 Schulen rund zwei Milliarden Euro aufbringen – eine horrende Summe, die nicht zu stemmen ist. Ähnlich wie Augsburg geht es vielen Städten und Gemeinden im Freistaat, die als Sachaufwandsträger die Kosten für die Unterhaltung der Schulen tragen müssen. Zu den finanziellen Belastungen kommen bürokratische Hürden. Zwei Beispiele aus der Oberpfalz und Niederbayern zeigen, wie unterschiedlich es laufen kann.

Toilettengang verhindert Tragödie

Es war ein Schreckmoment für alle Schüler und die Lehrerin: In Hirschau in der Oberpfalz ist im Februar während des Unterrichts an der Grund- und Mittelschule plötzlich ein zum Lüften gekipptes Fenster aus dem Rahmen gebrochen. Das zentnerschwere Fenster landete auf einem Schüler-Schreibtisch und durchschlug die massive Tischplatte. Das Kind, das normalerweise an diesem Platz sitzt, war zum Zeitpunkt des Unfalls glücklicherweise auf der Toilette – niemand wurde verletzt. Seit diesem Vorfall sind Schüler, Lehrer und Eltern in Hirschau verunsichert, die Forderungen nach einer Sanierung der maroden Schule werden immer lauter.

Wie marode die Schulen in Bayern wirklich sind, wie sehr Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte mit den Folgen zu kämpfen haben und – warum eine BR-Sendung in Straubing die Wende gebracht hat, sehen Sie hier im Video:

Im Video: Marode Schulen - Zwischen Zerfall und Neubau

Der Tisch, der an der Schule Hirschau zerschlagen wurde und die Schülersprecher des Johannes-Turmair-Gymnasiums Straubing
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Der Tisch, der an der Schule Hirschau zerschlagen wurde und die Schülersprecher des Johannes-Turmair-Gymnasiums Straubing

Alleine die Planungsänderungen kosten eineinhalb Millionen Euro

Birgit Härtl, die Rektorin der Grund- und Mittelschule Hirschau, kämpft schon seit Jahren dafür, dass ihre Schule endlich saniert wird. Dreimal hat sie schon die Zusage bekommen, dass es mit der Sanierung endlich losgehen kann, dreimal wurden die Pläne wegen Geldmangels der Stadt auf Eis gelegt.

Bürgermeister Herrmann Falk erklärt im BR24-Gespräch, wie machtlos er und die Stadt sind. Eine Sanierung der Grund- und Mittelschule würde bis zu 18 Millionen Euro kosten, eine Summe, die unmöglich aufgebracht werden kann. Falk kritisiert zudem die Vorschriften und bürokratischen Hürden. Jeder Planungsschritt müsse mehrmals abgestimmt und abgesegnet werden, jede Umplanung verteuere das Projekt. Alleine die Planungsänderungen und Neuplanungen haben die Stadt Hirschau bereits eineinhalb Millionen Euro gekostet.

Keine genauen Zahlen in Bayern

Die Schule in Hirschau ist mit ihrer maroden Bausubstanz und den Problemen bei Weitem kein Einzelfall. In ganz Bayern gibt es jede Menge baufällige Schulgebäude.

Auf BR-Anfrage erklärt das Kultusministerium, dass man keinen Überblick hätte, wie viele der rund 4.800 öffentlichen Schulen sanierungsbedürftig seien. Zuständig dafür seien eben die Sachaufwandsträger – sprich die jeweiligen Städte und Gemeinden.

Mehr Vertrauen als Lösung

Markus Pannermayr (CSU) ist Oberbürgermeister von Straubing und gleichzeitig Vorsitzender des bayerischen Städtetags. Er kennt die Not der Schulen und die klammen Kassen der Städte und Gemeinden. Er fordert im BR-Interview mehr Vertrauen, dass die Finanzmittel vor Ort sinnvoll eingesetzt werden. Genehmigungsverfahren für Schulsanierungen und Neubauten müssten beschleunigt und verschlankt werden. Die Kommunen bräuchten eine freiere Hand bei der Umsetzung. Das Ergebnis sei am Ende ja klar messbar, so der Politiker: "Wenn das, was wir bauen, nicht passt, dann kriegen sie das mit, das kriegen die Medien mit, das kriegt die Regierung mit, darüber wird gesprochen."

"Jetzt red i" bringt die Wende

Auch Straubing kämpft seit Jahren mit den Finanzen, musste 2023 sogar kurzfristig eine Haushaltssperre verhängen. Und trotzdem wird dort gerade am städtischen Johannes-Turmair-Gymnasium ein Erweiterungsbau in Holzständerbauweise errichtet. Die Pläne für einen Erweiterungsbau wurden auch in Straubing schon aus Geldmangel kurzfristig auf Eis gelegt. Ein Auftritt der Schülersprecher bei der BR-Sendung "jetzt red i" brachte schließlich die Wende.

Schnelle Hilfe

In der Sendung mit dem Thema "In Zeiten leerer Kassen - was können wir uns noch leisten" sprachen die Schülersprecher den Finanzminister Albert Füracker direkt auf die Problematik in Straubing an. Darauf, dass für die Schüler der Platz fehlt, der seit 2008 bestehende, provisorische Containerbau eine Zumutung für Schüler und Lehrer sei und ein Erweiterungsbau dringend benötigt werde. Nach der Sendung ging es schnell. Finanzminister Füracker besuchte zusammen mit Straubings Oberbürgermeister Pannermayr das Turmair-Gymnasium, es entstand ein Austausch mit der Schulfamilie und wenig später gab es bereits grünes Licht für eine kleinere Variante eines Erweiterungsbaus.

Zwischen Stillstand und Neuanfang

Während in Straubing die Bauarbeiten für den Erweiterungsbau schon laufen und die Schüler Anfang nächsten Jahres schon in den modernen Räumen unterrichtet werden sollen, herrscht in Hirschau weiter Tristesse. Eine Sanierung ist weiter nicht in Sicht, nach dem Vorfall mit dem Fenster wurden lediglich provisorische Sicherungsmaßnahmen durchgeführt.

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