Archivbild: v. l. n. r. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Finanzminister Christian Lindner (FDP), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
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Ampel-Halbzeit: Die holprige Fahrt der "Fortschrittskoalition"

Ampel-Halbzeit: Die holprige Fahrt der "Fortschrittskoalition"

Halbzeit bei der Ampel-Regierung: Vor zwei Jahren startete das Bündnis von SPD, FDP und Grünen. Doch die selbst ernannte "Fortschrittskoalition" hat eine holprige Fahrt mit Streit und Urteilen hinter sich – funktioniert die Ampel noch?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

2021 tritt Olaf Scholz als Kanzler der "Fortschrittskoalition" an – und zieht erst einmal einen Vergleich, der weit zurück in die Vergangenheit reicht: "Die erste Verkehrsampel ist 1924 in Berlin am Potsdamer Platz errichtet worden – damals eine ungewöhnliche Technik. Kann das funktionieren?"

Die politische Ampel aus SPD, FDP und Grünen ist ebenso ungewöhnlich. Für Olaf Scholz ist 2021 aber klar, sie wird funktionieren: als moderner Wegweiser Richtung Zukunft, mit mehr Tempo für Investitionen in Deutschland und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft. Trotz Kaltstart im Corona-Krisenmodus scheint die erste Etappe zu gelingen – vorerst.

Ukraine-Krieg: "Zeitenwende" verändert die Ampel-Regierung

Doch dann kommt der 24. Februar 2022: Der Tag, der "eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents" markiert, sagt Scholz. Mit dem Ukraine-Krieg kommt Tempo in die Aufrüstung der Bundeswehr – und bei Außenministerin Baerbock von den Grünen gibt es einen Kurswechsel: "Vor wenigen Wochen habe ich in diesem Saal zum Thema Waffenlieferungen noch gesagt, dass man seine außenpolitische 180-Grad-Wendung im richtigen Moment und bei vollem Bewusstsein treffen muss. Jetzt ist, so traurig es ist, der Moment dafür."

Die Ampel-Regierung muss immer öfter reagieren, statt regieren. Ihr Treibstoff soll nicht ausgehen, das nächste Schild mit dem Titel "Doppelwumms" kommt: für bezahlbare Energie- und Strompreise.

Die Minister sind getrieben von Krisen. In der Energiekrise und dem Streit über die Laufzeitverlängerung der letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland – darunter Isar ll in Niederbayern – folgt ein Machtwort des Kanzlers: "Ich habe eine Entscheidung getroffen." Die Atomkraftwerke laufen weiter, Mitte April 2023 wird der Atomausstieg Deutschlands besiegelt.

Heizungsgesetz: Umfrage-Werte der Ampel im Keller

Doch nach der Atomausstiegs-Debatte bahnt sich die nächste Baustelle der Ampel-Regierung an: das Heizungsgesetz. Federführend für den Gesetzentwurf ist Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der in einem Fernseh-Interview dem Koalitionspartner FDP vorwirft: "Hier ist der Gesetzentwurf an die BILD-Zeitung bewusst geleakt worden, um dem Vertrauen in die Regierung zu schaden." Das Heizungsgesetz wird zum Dauerstreit und zum Umfrage-Tief der Ampel. Das nächste Warnschild zum Gesetz kommt aus Karlsruhe: Das Bundesverfassungsgericht räumt mit einem Urteil dem Parlament längere Beratungszeiten ein – für FDP-Finanzminister Lindner ist "völlig klar, dass das für eine Regierung ein unangenehmer und peinlicher Moment ist."

Weitere unangenehme Momente folgen: wie der monatelange, öffentliche Streit zwischen Finanzminister Lindner (FDP) und Familienministerin Paus (Grüne) um die Finanzierung der Kindergrundsicherung – Bayern lehnt das Vorhaben im Bundesrat bis heute ab. Es folgt ein Machtwort des Kanzlers und die Erkenntnis von Vize-Kanzler Habeck: "Wir versauen es uns permanent selbst."

Kriegt Ampel die Kurve? "Hämmern und klopfen mit Schalldämpfer"

Auch die von SPD-Gesundheitsminister Lauterbach geplante Teillegalisierung von Cannabis entspannt da nicht. Nach eineinhalb Jahren holpriger Fahrt stellt sich die Frage: Kriegt die Ampel-Regierung bei der gemeinsamen Klausur im Sommer dieses Jahres in Meseberg die Kurve? Lindner betont: "Wir sind eine Regierung, wo gehämmert und geschraubt wird, das führt zu Geräuschen, wie Sie schon festgestellt haben." Und Scholz verspricht: "Wir werden hämmern und klopfen, aber mit Schalldämpfer."

Völlig geräuschlos verläuft der weitere Weg tatsächlich nicht, Unfälle passieren: Der Kanzler stürzt, trägt Augenklappe – sein rechtes Sehfeld ist eingeschränkt. Doch die AfD ist bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern auf der Überholspur und treibt die Regierung beim Thema Migration vor sich her.

Krieg: Sicherheit Israels deutsche Staatsräson

Vieles stürzt im Inneren auf die Ampel ein – doch von Außen noch viel mehr: Am 7. Oktober 2023 greift die Terrororganisation Hamas Israel an. Kanzler Scholz spricht für die gesamte Ampel-Regierung: Deutschland steht "fest und unverbrüchlich an der Seite Israels. (…) Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson."

Mit Deutschlandtempo und Deutschlandpakt folgen weitere Versprechen. Die Ampel will mit der Union und den Ländern gemeinsam den Bürokratie-Stau auflösen, schneller genehmigen, zügiger bauen.

Milliardenloch im Haushalt: "You’ll never walk alone"

Doch auf dem Weg geht das Geld aus: Es fehlen Milliarden im Haushalt. Der Grund: Das Stopp-Schild des Bundesverfassungsgerichts – geplante Corona-Hilfen können nicht einfach umgeschichtet und für Klima-Projekte der Ampel verwendet werden, so das Urteil. Trotz Haushaltsloch bleibt Kanzler Scholz stur auf seiner Route und wiederholt sein Credo: "Wir lassen niemanden allein mit den Herausforderungen, mit denen wir es aktuell so geballt zu tun haben. You’ll never walk alone."

Die Opposition mit CDU-Chef Merz geht da nicht mit – Merz macht Scholz für die Haushaltskrise verantwortlich: "Sie sind ein Klempner der Macht, Ihnen fehlt jede Vorstellung davon, wie sich dieses Land in den nächsten Jahren weiter entwickeln soll."

Halbzeit: Die Ampel steht – aber anders als zu Beginn

Erst einmal ist die Ampel auf der Suche nach Milliarden für nächstes Jahr – die einen bestehen dabei auf die Einhaltung der Schuldenbremse und wollen keine neuen Schulden mehr aufnehmen, allen voran FDP-Finanzminister Lindner. Anders die Grünen und viele in der SPD, die eine Reform der Schuldenbremse fordern.

Vor zwei Jahren noch hatte Olaf Scholz freudig verkündet: "Die Ampel steht." Zur Halbzeit steht die Ampel noch – laut Bertelsmann-Studie sogar ganz gut, fast zwei Drittel der Vorhaben sind demnach umgesetzt oder angepackt: vom Bürgergeld bis zur Mindestlohnerhöhung. Doch das Bild der Ampel ist geprägt von Krisen und Pannen.

Um im Bild zu bleiben, das Scholz zu Beginn der Regierungszeit gezeichnet hat: Anders als bei der Verkehrsampel, ist bei der politischen Ampel noch offen, ob sie wirklich funktioniert.

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