Eine Frau sortiert im Logistik Zentrum der Versandapotheke DocMorris Medikamente.
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Eine Frau sortiert im Logistik Zentrum der niederländischen Versandapotheke DocMorris Medikamente.
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Apotheker verärgert über Rabatte ausländischer Online-Anbieter

Apotheker verärgert über Rabatte ausländischer Online-Anbieter

Der Apothekerverband hat Gesundheitsministerin Warken aufgefordert, gegen Rabatte bei rezeptpflichtigen Medikamenten vorzugehen, die oft von ausländischen Versandapotheken gewährt werden. Solche Nachlässe seien ein Verstoß gegen deutsches Recht.

Über dieses Thema berichtet: Bayern-2-Nachrichten am .

Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) hat von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) mehr Unterstützung gegen die Konkurrenz durch ausländische Versandapotheken gefordert.

Die Regierung müsse insbesondere dagegen vorgehen, dass Anbieter wie DocMorris und ShopApotheke Rabatte bei rezeptpflichtigen Medikamenten gewähren, sagte ABDA-Präsident Thomas Preis dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Solche Preisnachlässe von Online-Anbietern seien "ein klarer Gesetzesbruch". Hier müsse "der Staat eingreifen und dieses Verhalten bestrafen und unterbinden".

Ausländische Arznei-Versender nutzen BGH-Urteil

Hintergrund des Unmuts bei den deutschen Apothekern ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von Mitte Juli, bei dem es um einen 13 Jahre zurückliegenden Fall ging, in dem eine niederländische Versandapotheke Rabatte bei der Einlösung deutscher Rezept gewährte.

Der BGH entschied in dem Fall, dass das damalige deutsche Verbot solcher Boni gegen EU-Recht verstieß - und prompt begannen große Versandapotheken wie DocMorris aus der Schweiz und ShopApotheke aus den Niederlanden wieder damit, deutschen Versicherten "Rezept-Boni" zu gewähren.

Verband warnt vor "ruinösem Preiskampf"

Das Urteil bezog sich auf eine frühere deutsche Gesetzgebung. Aktuell schreibt das Sozialgesetzbuch jedoch wieder vor, dass deutsche Apotheken bei rezeptpflichtigen Medikamenten "Versicherten keine Zuwendungen gewähren" dürfen, also auch keine Rabatte. Der Apothekerverband hält Rabatte und Boni von ausländischen Versandapotheken daher für Verstöße gegen das derzeit geltende Recht.

Nach Überzeugung der Apothekerverbände muss die aktuell geltende Anti-Rabatt-Regelung auch auf ausländische Versandapotheken angewendet werden. "Die Preisbindung darf nicht durch Boni oder Rabatte ausgehebelt werden, sonst kommen wir in einen ruinösen Preiswettbewerb", sagte Verbandspräsident Preis. Die Preisbindung schütze die Versorgung und damit Patientinnen und Patienten: "Stellen Sie sich vor, bei Lieferengpässen würden plötzlich Wucherpreise verlangt."

ABDA: "Keine Denkverbote" beim Vorgehen gegen Versandhandel

Zudem seien Arzneimittel "keine herkömmlichen Konsumgüter", so Verbandschef Preis. Sie hätten Risiken und Nebenwirkungen und machten "eine persönliche Beratung" erforderlich, die Online-Anbieter nicht leisteten. Nicht ohne Grund sei in 19 EU-Ländern der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nicht erlaubt. In der Frage einer Untersagung des Versandhandels mit Medikamenten dürfe es auch in Deutschland keine "Denkverbote" geben, fügte Preis hinzu.

Hinweis auf das Apotheken-Sterben

Ein "flächendeckendes Apothekennetz" gehöre somit zur Daseinsvorsorge, so Preis, denn Versandapotheken könnten auch nicht sofort Medikamente zur Verfügung stellen, sie machten keine Nacht- und Notdienste, stellten keine Rezepturen her und sie dürften zahlreiche Medikamente gar nicht verschicken.

Die Bundesregierung müsse daher dem durch die Online-Anbieter verstärkten Apotheken-Sterben entgegentreten. Seit 2008 seien 4.500 Apotheken geschlossen worden, das entspreche 21 Prozent, so Preis. "Das Apothekensterben ist ein Fakt, der dringend beendet werden muss", sagte er.

In immer mehr Städten gebe es ganze Stadtteile ohne Apotheken, auch weil die Honorare der Apotheker dringend angehoben werden müssten, erklärte Preis weiter. "Seit 13 Jahren hat es keine spürbare Erhöhung der Honorare gegeben, dabei sind die Betriebskosten wie zum Beispiel die Energie- oder Lohnkosten explodiert. Immer mehr Apotheken geraten an die Grenze der Wirtschaftlichkeit", beklagte er.

BGH: Frage der Versorgungssicherheit wird letztlich entscheiden

Ob die Apothekerverbände sich mit ihrer Kritik werden durchsetzen können, dürfte nicht zuletzt davon abhängen, ob sie vor Gericht mit ihren Verweisen auf die Versorgungsqualität für die Bevölkerung Gehör finden: Der BGH hatte in seinem Urteil vom Juli bereits darauf hingewiesen, dass die Gesetzeslage inzwischen nicht mehr dieselbe sei, merkte aber auch an, dass auch das heute geltende deutsche Rabattverbot eventuell nicht EU-rechtskonform sei.

Demnach komme es darauf an, ob die deutsche Regelung erforderlich ist, um eine sichere, hochwertige und flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln zu gewährleisten, ließen die Richter durchblicken. Dies müsse jedoch mit Statistiken oder anderen handfesten Beweisen dargelegt werden.

Mit Informationen von dpa und AFP

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