18.06.2025, Berlin: Verena Hubertz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, und Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen, Vizekanzler und SPD-Bundesvorsitzender, geben eine Pressekonferenz nach der Sitzung des Bundeskabinetts auf einer Berliner Baustelle zum ·Bau-Turbo·, der schon Thema der Sitzung war.
18.06.2025, Berlin: Verena Hubertz (SPD), Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, und Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen, Vizekanzler und SPD-Bundesvorsitzender, geben eine Pressekonferenz nach der Sitzung des Bundeskabinetts auf einer Berliner Baustelle zum ·Bau-Turbo·, der schon Thema der Sitzung war.
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"Bau-Turbo" gegen Wohnungsmangel – wird das was?
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"Bau-Turbo" gegen Wohnungsmangel – wird das was?

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"Bau-Turbo" gegen Wohnungsmangel – wird das was?

"Bau-Turbo" gegen Wohnungsmangel – wird das was?

Die Bauministerin sagt, sie wolle mit der Brechstange das Wohnungsproblem in Deutschland in den Griff kriegen. Wie viele Wohnungen entstehen sollen, sagt sie nicht. Dafür reißt sie Planungshürden ein.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Zugegeben, beim Wohnungsmangel etwas Neues zu präsentieren, ist schwer. Das Problem ist beziffert. Maßnahmen, die helfen könnten, sind bekannt. Und die Losung deutscher Bauministerinnen steht auch seit Legislaturen: "Bauen, bauen, bauen." GroKo-Minister Horst Seehofer (CSU) versprach das 2019. Ampel-Ministerin Klara Geywitz (SPD) wiederholte es 2022 und Verena Hubertz (SPD) sagt heute: "Wir werden bauen, bauen, bauen." Und wo? "Zum Beispiel auf Supermarktdächern" (Hubertz, 2025), "Dachflächen sind Bauflächen" (Geywitz, 2022). Auch der Ort, den Hubertz zur Präsentation ihrer Ideen gewählt hat, ist nicht neu: im Neubaugebiet. Da stand auch Geywitz vor drei Jahren.

"Bau-Turbo" soll Planungsverfahren kürzen

Nur alter Wein in neuen Schläuchen? Etwas an Hubertz‘ Ansatz ist neu: Es geht bei dem, was sie als "Bau-Turbo" am Morgen ins Kabinett eingebracht hat, vor allem um die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Statt bis zu fünf Jahren für ein Bebauungsplanverfahren sollen künftig nur noch zwei Monate nötig sein. Möglich machen sollen das Änderungen im Baugesetzbuch. Und die sollen den Kommunen das in die Hand geben, was die Ministerin schon als "Brechstange" bezeichnet hat: Die Kommune kann selbst entscheiden, ob sie auf den langwierigen Bebauungsplan verzichtet. Die Bebauung wird erlaubt, wenn nicht innerhalb von zwei Monaten Einspruch erhoben wird. Die Idee dazu gibt es zwar schon länger. Die Übersetzung in Gesetze ist aber neu.

Wohnen am Gewerbegebiet soll möglich werden

Ausnahmen soll es auch bei der sogenannten Nachverdichtung geben. Um Gebäude aufzustocken und Lücken zu schließen, dürfen Kommunen in dichter bebauten Ortsteilen von städtebaulichen Regelungen abweichen. In Gebieten ohne Bebauungsplan außerhalb eines bebauten Ortsteils soll künftig "im räumlichen Zusammenhang mit bestehenden Siedlungen" gebaut werden dürfen. Das heißt, Anschlussbebauungen und Verdichtungen werden einfacher. Und es soll möglich werden, von Immissionsgrenzwerten abzuweichen. Das heißt zum Beispiel: Wohnungen dürfen näher als bisher an Gewerbegebiete heranrücken.

400.000 Wohnungen im Jahr? Die Ministerin nennt keine Zahl

Anders als ihre Vorgängerin nennt Hubertz keine Zahl von neuen Wohnungen, die pro Jahr entstehen sollen. Geywitz hatte 400.000 versprochen und war gescheitert. Vergangenes Jahr wurden nur 251.900 Neubauwohnungen fertiggestellt. Das sind sogar mehr als 14 Prozent weniger als 2023. Die neue Ministerin sagt, 400.000 Wohnungen in dieser dynamischen Welt "in Stein zu meißeln", mache keinen Sinn. Krieg, Krise, hohe Zinsen und Energiekosten hätten ihrer Vorgängerin eine "ganz anderen Lage" beschert.

"Wir sehen, dass jetzt hinter den Wolken die ersten Sonnenstrahlen wieder hervorkommen", sagt Hubertz poetisch und meint damit, dass Baugenehmigungen und Kreditanträge wieder stiegen. Im April wurden 18.500 neue Wohnungen genehmigt. 4,9 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Besonders stark ist der Anstieg bei den Einfamilienhäusern. Bei Mehrfamilienhäusern stagniert die Entwicklung.

Auch Bayern hat seine Wohnungsbauziele verfehlt

Woran man ihren Erfolg ohne eine Zahl messen soll, wenn nicht am Erreichen einer Zahl, wird Hubertz gefragt. Sie sagt: Daran, ob bezahlbarer Wohnraum entstanden sei. "Daran ob die Menschen wieder eine Wohnung finden und es eben kein Luxusgut ist."

Bayern hat sich dagegen eine Zielmarke gesetzt: 70.000 neue Wohnungen pro Jahr. Im vergangenen Jahr hat es laut Bayerischem Landesamt für Statistik Wohnungsbestand aber nur 51.664 zusätzliche Wohnungen gegeben als im Vorjahr.

"Bau-Turbo" als "Teuer-Turbo"

Die Grünen sehen mehrere Probleme beim neuen Gesetz der Regierung: "Im ursprünglichen Entwurf gab es die Einschränkung auf angespannte Wohnungsmärkte", sagt Bauausschussmitglied Hannah Steinmüller zu BR24. "Aber jetzt kann überall gebaut werden. Im Zweifelsfall auch da, wo gar kein Bedarf ist." Außerdem fehlten die "sozialen Leitplanken", die darauf achteten, dass Wohnraum bezahlbar ist, so Steinmüller. Einfach nur zu bauen und zu hoffen, dass wohnen durch größeres Angebot günstiger wird, hält sie für den falschen Weg. Der "Bau-Turbo" werde zum "Teuer-Turbo".

Im Video: Bundesregierung beschließt Bau-Turbo

Bundesregierung beschließt Bau-Turbo
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Bundesregierung beschließt Bau-Turbo

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