Behandlungsfehler: Ärztekammer sieht Probleme im System
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Behandlungsfehler: Ärztekammer sieht Probleme im System
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Behandlungsfehler: Ärztekammer sieht Probleme im System

Falsche Medikamente und Diagnosen, OP-Instrumente im Bauch vergessen: Immer wieder gibt es Meldungen über vermeintliche oder tatsächliche Behandlungsfehler. Was muss passieren, damit es besser wird?

Über dieses Thema berichtet: BR24 Radio Infoblock am .

Behandlungsfehler sind statistisch gesehen eher selten. Aber für Patienten können sie schwerwiegende Folgen haben. Manche Behandlungsfehler passieren, weil sich Mediziner falsch verhalten. Das hat der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, bei einer Fachtagung in Berlin deutlich gemacht. Er sagt aber auch: "Ein Großteil der Fehlerereignisse in der Medizin wird nicht individuell verursacht, sondern durch Defizite, die im System der Versorgung verankert sind."

Aus seiner Sicht setzt eine sichere Patientenversorgung die richtigen Rahmenbedingungen voraus. Politik und Krankenkassen müssten dafür sorgen, dass Ärztinnen und Ärzte die nötige Zeit für verantwortungsvolle Entscheidungen erhalten. Arbeitsverdichtung, Bürokratie und Wettbewerbsdruck führen nach Ansicht von Reinhardt dazu, dass diese Zeit in Kliniken und Praxen häufig fehlt.

Ärztekammer fordert offenen Umgang mit Fehlern

Eine weitere Schwachstelle im Gesundheitswesen sehen Fachleute in der Kommunikationskultur. Darauf wies Susanne Johna hin, die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer. Als Beispiel nannte sie eine Situation wie diese: Ein Arzt untersucht die Wunde eines Patienten, hat aber nicht daran gedacht, sich die Hände zu desinfizieren.

In einem solchen Szenario sei es wichtig, dass jemand aus dem Team sagt: "Moment!" Oder dass jemand auf einen Desinfektionsspender hinweise. "Damit es in der Situation nicht zu einer Gefährdung der Patientensicherheit kommt", so Johna. Dafür aber braucht es aus ihrer Sicht ein Betriebsklima, das einen offenen Austausch ermöglicht. Studien zeigten, dass lediglich 30 bis 40 Prozent der Teilnehmer in kritischen Situationen Probleme von sich aus ansprechen. "Hier ist also noch großes Potenzial zu heben."

Ruf nach flacheren Hierarchien in Kliniken

Um ein solches Instrument effektiv nutzen zu können, müsse klar sein, "dass ein Hinweis auf einen Sicherheitsmangel positiv aufgenommen wird". Johna ist überzeugt: "Wir brauchen eine Systemveränderung, wir brauchen flachere Hierarchien." Ein Führungsprinzip, für das gerade Kliniken bisher eher nicht bekannt sind.

Eugen Brysch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz erinnerte bei der Veranstaltung daran, dass auch der ambulante Bereich in den Blick genommen werden müsse. Also die Arzt-Praxen vor Ort. "Wie schaffen wir eine Kultur des Hinschauens? Wie schaffen wir eine Kultur des Ernstnehmens?" Außerdem sprach sich Brysch dafür aus, Patientenrechte weiter zu stärken. Etwa durch einen Härtefallfonds für Opfer von Behandlungsfehlern.

Behandlungsfehler: Beweislast liegt bei Patienten

Wenn Patienten Ansprüche geltend machen wollen, liegen die Hürden bisher hoch. Denn sie sind es, die einen Behandlungsfehler nachweisen (externer Link) müssen – und, dass durch diesen Fehler ein konkreter Schaden verursacht wurde. Bei einem Verdacht auf Behandlungsfehler können sich Versicherte bei Krankenkassen oder bei Sachverständigen und Schlichtern der Ärzteschaft melden. Diese geben dann Gutachten in Auftrag.

Ein Blick in die Statistik zeigt: Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Behandlungen sind Fehler eher selten. Doch für sich genommen, lassen die Daten aufhorchen. Allein die AOK meldet für vergangenes Jahr rund 16.600 Verdachtsfälle. Bei den meisten ging es um orthopädische oder chirurgische Eingriffe. Rund 5.300 Fälle wurden näher untersucht. Und bei mehr als einem Viertel davon wurden Behandlungs- oder Pflegefehler bestätigt.

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