Zu sehen ist ein roter Wahlbrief, den eine Hand in einen gelben Briefkasten einwirft.
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Spätestens am Donnerstag vor der Wahl sollte man seinen Wahlbrief in Deutschland abschicken. So geht man sicher, dass er rechtzeitig ankommt.

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#Faktenfuchs: Für Briefwahl ist die Zeit knapp, aber ausreichend

#Faktenfuchs: Für Briefwahl ist die Zeit knapp, aber ausreichend

Wähler haben bei der kommenden Bundestagswahl weniger Zeit für die Briefwahl als sonst. Experten zufolge reicht die Frist für Menschen mit Wohnsitz in Deutschland aber aus. Aus dem Ausland könnte es mitunter schwierig werden. Ein #Faktenfuchs.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Darum geht’s:

  • Wähler haben vor der vorgezogenen Neuwahl voraussichtlich zwei bis zweieinhalb Wochen Zeit für die Briefwahl – weniger als vor einer regulären Bundestagswahl.
  • Experten zufolge reicht die Zeit für Wähler mit Wohnsitz in Deutschland und im europäischen Ausland dennoch aus.
  • Für Wähler außerhalb Europas könnte die Frist wegen der längeren Postwege aber knapp werden.

Der grobe Zeitplan bis zur Neuwahl des Deutschen Bundestages steht. Am 11. Dezember will Olaf Scholz die Vertrauensfrage stellen, am 23. Februar soll gewählt werden. In der Zwischenzeit wird die Wahl vorbereitet: Kleine Parteien sammeln unter Zeitdruck Unterstützerunterschriften, alle Parteien melden ihre Wahllisten und ihre Wahlkreiskandidaten an.

Wenn voraussichtlich Anfang Februar alle Kandidaten und Listen stehen, können Druckereien die Wahlzettel drucken und die Gemeinden den Wählern ihre Briefwahlunterlagen zuschicken – später als vor einer regulären Bundestagswahl. Hätte die Wahl wie geplant im Herbst 2025 stattgefunden, dann hätten die Briefwahlunterlagen schon sechs Wochen vor der Wahl verschickt werden können. Nutzer im Netz befürchten deshalb, die Zeit vor der Neuwahl reiche nicht aus, um per Brief zu wählen. So schreibt ein X-Nutzer in einem Kommentar: "Angeblich soll ja die Zeit für die Briefwahl nicht reichen und deshalb wolle man auf sie verzichten, habe ich vorhin gelesen."

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Vor der kommenden Bundestagswahl kann man per Brief wählen – dieser X-Nutzer spekuliert fälschlicherweise, dass man darauf verzichten wolle.

Doch das ist falsch. Auch bei dieser Bundestagswahl wird es die Möglichkeit der Briefwahl geben. Und die Experten, mit denen der #Faktenfuchs gesprochen hat, sagen einhellig: Alle Wählerinnen und Wähler in Deutschland haben auch bei der vorgezogenen Neuwahl am 23. Februar ausreichend Zeit, um per Brief fristgerecht zu wählen. Zu Schwierigkeiten könnte die kurze Frist allerdings bei Deutschen führen, die im Ausland leben.

Kreiswahlleiterin: "Logistisch und organisatorisch möglich"

Beantragen können Wähler ihre Briefwahlunterlagen schon jetzt. Viele Kommunen bieten dafür auch Online-Formulare an. Hanna Sammüller-Gradl, Kreiswahlleiterin von München, sagt: "Ungefähr ab dem 13. Januar können Menschen bei uns online Briefwahl beantragen – noch bevor sie ihre Wahlbenachrichtigungen erhalten." Wer in München frühzeitig seine Briefwahlunterlagen beantrage, bekomme sie voraussichtlich schon in der ersten oder zweiten Februarwoche, so Sammüller-Gradl.

Sie sagt: "Für die Wählerinnen und Wähler wird es im Wesentlichen eine ganz normale Wahl werden." Sammüller-Gradl ist für die Organisation der Wahl in allen vier Wahlkreisen in der Stadt München zuständig.

Auch in kleineren Wahlämtern sehen die Organisatoren keine grundsätzlichen Probleme. Jennifer Jahn ist als Kreiswahlleiterin für den Wahlkreis Coburg zuständig. Sie sagt, dass die Zeit für die Briefwahl trotz verkürzter Fristen ausreiche: "Alle Beteiligten wissen darum, sowohl bei den Behörden als auch die Postzusteller. Es ist auf jeden Fall logistisch und organisatorisch möglich." Tristan Wißgott, Jurist an der Universität Göttingen und Autor beim Fachmedium "Verfassungsblog", sagt: "Jeder, der Briefwahl beantragt, wird sicherlich die Chance haben, per Brief zu wählen, wenn er sich in Deutschland aufhält."

Frist könnte für Auslandsdeutsche knapp sein

Doch es gibt auch wahlberechtigte Deutsche, die sich vor und während der Wahl nicht in Deutschland aufhalten. Entweder, weil sie im Urlaub sind, oder weil sie permanent im Ausland wohnen. Für sie stellt die Briefwahl teils eine große Hürde dar.

Urlauber können sich Briefwahlunterlagen an ihren Urlaubsort schicken lassen. Dafür müssen sie ihrer Gemeinde in ihrem Briefwahlantrag die Adresse ihrer Unterkunft im Ausland mitteilen. Wahlberechtigte Auslandsdeutsche ohne festen Wohnsitz in Deutschland müssen zuerst bei der zuständigen Gemeinde die Aufnahme ins Wählerverzeichnis beantragen. Das ist bereits jetzt möglich.

Kurze Fristen sind verfassungsrechtlich geboten

Hanna Sammüller-Gradl, die Kreiswahlleiterin von München, sagt, dass die Frist für Deutsche im europäischen Ausland ausreiche. "Aber beispielsweise für einen Auslandsdeutschen, der in China lebt, wo die Post normalerweise zwei bis drei Wochen braucht, ist es fast nicht möglich, dass es bei dieser Wahl auf dem normalen Wege klappt", so Sammüller-Gradl.

Bei der letzten Bundestagswahl haben sich fast 130.000 Auslandsdeutsche ins Wählerverzeichnis eintragen lassen.

Trotz der Hürden bei der Briefwahl für Auslandsdeutsche hält Jurist Tristan Wißgott die verkürzten Fristen für gerechtfertigt. Er sagt: "Für den Fall vorgezogener Neuwahlen scheint es mir sehr offensichtlich, dass das Bedürfnis nach einer raschen Wahl vorgeht."

Dieser Auffassung ist auch Alexander Thiele, Professor für Staatstheorie und Öffentliches Recht an der Hochschule für Management und Recht in Berlin und assoziierter Professor an der Universität Göttingen. Er sagt: "Die Aufgabe der Wahlleitung ist es, alles möglich zu machen, dass es trotzdem funktioniert. Aber das Verfassungsgericht wird nicht wegen ein paar Stimmen von Auslandsdeutschen sagen, dass die Wahl ungültig ist."

Wahlzettel werden erst gedruckt, wenn Kandidaten feststehen

Dass die Briefwahl-Frist vor der Bundestagswahl im Februar so kurz ist, liegt daran, dass die Vorbereitungszeiten für die Parteien und Wahlämter insgesamt kürzer sind als vor einer regulären Bundestagswahl. Aller Voraussicht nach scheitert Olaf Scholz’ Vertrauensfrage am 16. Dezember wie geplant im Bundestag. Daraufhin hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier 21 Tage Zeit, um das Parlament aufzulösen. Sobald er das getan hat, muss er einen Wahltermin festlegen, der höchstens 60 Tage in der Zukunft liegen darf. Steinmeier hat bereits zugesagt, den Termin auf den 23. Februar zu legen.

Erst dann können Parteien ihre Beteiligungen an der Wahl erklären und Wahlkreiskandidaten sowie ihre Landeslisten einreichen. Anschließend entscheiden die zuständigen Wahlausschüsse über die Zulassungen der Parteien und Kandidaten – und im Anschluss haben Parteien die Gelegenheit, gegen diese Entscheidungen Beschwerde einzulegen. Erst, wenn diese Beschwerden entschieden sind, können die Wahlzettel gedruckt werden – ohne die es keine Briefwahl geben kann.

Fazit

Voraussichtlich werden Wählerinnen und Wähler ungefähr zwei bis zweieinhalb Wochen Zeit für die Briefwahl haben – das ist deutlich kürzer als vor regulären Bundestagswahlen. Wer in Deutschland oder im europäischen Ausland lebt, hat Experten zufolge trotzdem genügend Zeit für die Briefwahl. Für Deutsche, die im außereuropäischen Ausland leben und mit längeren Postwegen rechnen müssen, könnte die Zeit allerdings knapp werden.

Das Grundgesetz schreibt vor, dass nach der Auflösung des Bundestages innerhalb von 60 Tagen neu gewählt werden muss. Juristen zufolge ist der kurze Zeitraum daher verfassungsrechtlich geboten und wiegt schwerer als eine längere Frist für die Briefwahl.

Quellen

Interviews und Anfragen

Interview mit Hanna Sammüller-Gradl, Kreiswahlleiterin München

Interview mit Jennifer Jahn, Kreiswahlleiterin Coburg

Interview mit Jörg Siegmund, Akademie für politische Bildung Tutzing

Interview mit Professor Alexander Thiele, Professor für Staatstheorie und Öffentliches Recht an der Hochschule für Management und Recht in Berlin und assoziierter Professor an der Universität Göttingen

Interview mit Tristan Wißgott, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Grundlagen des Rechts der Universität Göttingen und Autor beim Verfassungsblog

Presseanfrage an die Bundeswahlleiterin

Presseanfrage an das Bundesministerium des Innern und für Heimat

Veröffentlichungen

BR24: Briefwahl zur Bundestagswahl - so geht’s

BR24: Neuwahl im Februar: Deutlich kürzere Frist für Briefwähler

BR24: Vorgezogene Neuwahlen: Kleine Parteien, große Hürden

Bundesministerium des Innern und für Heimat: Teilnahme von Parteien an Bundestags- und Europawahlen

Bundeswahlgesetz: §52 Bundeswahlordnung

Bundeswahlleiterin: Briefwahl Bundestagswahl 2021

Bundeswahlleiterin: Briefwahl Bundestag 2025

Deutscher Bundestag: Fristen im Bundeswahlgesetz

Deutscher Bundestag: Vertrauensfrage

Deutscher Bundestag: Vertrauensfrage und vorzeitige Neuwahlen

Deutscher Bundestag: Was Deutsche im Ausland als Wähler beachten müssen

Tagesschau: Termine, mit denen alle leben können

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