Die Hand eines Mannes tippt am Handy (Symbolbild)
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Eine EU-Verordnung verpflichtet Mitgliedstaaten zur Umsetzung einer digitalen Brieftasche (Symbolbild).

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Sich digital ausweisen: Italien startet, Deutschland plant noch

Sich digital ausweisen: Italien startet, Deutschland plant noch

Perso, Führerschein und Co. sicher auf dem Handy: Das sollen alle EU-Staaten ihren Bürgern ermöglichen. In Italien startet das digitale Portemonnaie für alle heute, in Deutschland steckt man noch in den Planungen.

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Amtliche Dokumente wie Personalausweis, Gesundheitskarte und Führerschein nie wieder zu Hause liegen lassen. Stattdessen sind sie immer in einer sicheren App auf dem Handy dabei. Das ist seit diesem Mittwoch in Italien für alle Bürger eine Möglichkeit, sofern sie denn wollen.

EU-Verordnung verpflichtet zur Umsetzung

Was hingegen den Führerschein in Deutschland betrifft, berichtete BR24 kürzlich unter der Überschrift: "Wer bis zum 19. Januar seinen Führerschein umtauschen muss". Es ging also um Papier und Chipkarte. Das irritierte BR24-User "SpiegelbildDerGesellschaft" offenbar. Er kommentierte: "Soll das noch so seine Gültigkeit haben? Die Italiener informieren da ganz anders" – und verwies auf einen Bericht, laut dem sich italienische Staatsbürger künftig eben digital mit dem Smartphone ausweisen können.

In der Tat verabschiedete das EU-Parlament im Februar 2024 die eIDAS-Verordnung, die alle Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, ihren Staatsbürgern eine solche, digitale Lösung bis spätestens 2027 zu ermöglichen. In Italien ging es nun also schneller als in Deutschland.

Deutschland arbeitet am "Herzstück"

Auf BR24-Nachfrage äußerte sich ein Sprecher des Bundesinnenministeriums (BMI) zum Entwicklungsstand der "EUDI-Wallet" (Europäische Brieftasche für die digitale Identität): Derzeit arbeite ein Entwicklerteam unter der Leitung der Bundesagentur für Sprunginnovationen intensiv an der Identifizierungsfunktion der EUDI-Wallet.

"Diese Funktion bildet das Herzstück der Wallet und ist entscheidend für die Implementierung weiterer Elemente wie die qualifizierte elektronische Signatur und diverse qualifizierte Nachweise. Das Ziel ist es, die Identifizierungskomponente bis zum dritten Quartal 2025 technisch fertigzustellen." Bis Ende 2026 soll dann die komplette Wallet marktreif sein.

Über die Grenzen hinaus einfach ausweisen

Der große Vorteil einer europaweiten Umsetzung liegt laut der Europäischen Kommission (externer Link) in der Vereinheitlichung über Ländergrenzen hinweg. Aus dieser würden "eine höhere Sicherheit und mehr Komfort für Online-Aktivitäten, wie die Abgabe von Steuererklärungen, die Anmeldung an einer ausländischen Universität, die Gründung eines Unternehmens in einem anderen Mitgliedstaat und die Teilnahme an Online-Ausschreibungen" folgen.

Schon heute tragen viele ihre Kredit- oder Eintrittskarten digital auf dem eigenen Handy mit sich. Die europaweite Lösung für eine digitale Brieftasche soll hier auch zu einer Vereinfachung führen. So gibt es im Moment noch je nach Betriebssystem und Handyhersteller unterschiedliche Apps und Arten des mobilen Portemonnaies. In Italien wird nun auf eine App gesetzt, die genutzt wurde, um während der Corona-Pandemie den eigenen Impfstatus nachzuweisen. Hier wurde ebenfalls eine sichere Signatur benötigt, um die Echtheit des Dokumentes zu bestätigen. Aufgesetzt auf diese Idee, folgte in Italien die schnelle Umsetzung.

Der Ministeriumssprecher stellt klar, dass man sich im Austausch mit europäischen Partnern befinde. "Während alle EU-Mitgliedsstaaten die gleichen technischen Standards anwenden, um die Interoperabilität der EUDI-Wallets sicherzustellen, berücksichtigt jedes Land seine spezifischen Infrastrukturen, bestehenden Systeme und nationalen Ziele bei der Gestaltung der Wallet."

In Deutschland setzt man auch auf die freie Wirtschaft, um die App zu schaffen. So sollen private Unternehmen und Forschungseinrichtungen neben dem Staat die Möglichkeit bekommen, ihre eigene EUDI-Wallet zu entwickeln und diese vom Staat anerkennen zu lassen. Der Nutzer könnte dann von einer breiteren Auswahl profitieren und sich für die Lösung entscheiden, die ihm am komfortabelsten scheint, umschreibt das Ministerium den Vorteil (externer Link).

Auch Regierungswechsel ändert nicht alles

Auch ein möglicherweise anstehender Regierungswechsel sollte die Entwicklung der deutschen Variante nicht signifikant beeinflussen. Denn die Umsetzung ist durch die eIDAS-Verordnung der EU verankert. Ob allerdings alle Entwicklungsschritte nach der kommenden Wahl unverändert bleiben? Das kann auch das Bundesinnenministerium nicht beantworten: "Über die Pläne künftiger Regierungen kann die Bundesregierung keine Aussagen treffen."

Am Ende wird es auch den Fans des Physischen weiter freistehen, ihren Ausweis und ihr Portemonnaie so mit sich zu führen, wie man es gewohnt ist. Die digitale Brieftasche soll nur eine Möglichkeit für alle Bürger sein, deshalb wird sie auch kostenfrei zur Verfügung stehen. Gleichzeitig werde man bei der Entwicklung die höchsten Sicherheitsstandards und den Schutz der Privatsphäre gewährleisten, hieß es Ende September in einer Pressemitteilung des BMI. Ab welchem Tag genau das digitale Ausweisen möglich sein wird, bleibt aber offen.

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