Streit über "Erkundungsreisen" für Flüchtlinge aus Syrien
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Geflüchtete aus Syrien vor einer Gemeinschaftsunterkunft in Regensburg

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Erkundungsreisen für Syrer: Aus der Union kommt Widerspruch

Erkundungsreisen für Syrer: Aus der Union kommt Widerspruch

Geht es nach der geschäftsführenden Innenministerin Faeser, dann sollen syrische Geflüchtete die Möglichkeit bekommen, in ihr Heimatland zu reisen - zeitlich begrenzt. Auch die Grünen sind dafür. Aus der Union allerdings ist scharfe Kritik zu hören.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Aus Sicht von Nancy Faeser (SPD) wäre es eine pragmatische Lösung: Syrer, die nach Deutschland geflüchtet sind, sollten für eine begrenzte Zeit die Möglichkeit bekommen, in ihr Heimatland zu reisen, um mit eigenen Augen sehen zu können, wie die Bedingungen dort mittlerweile sind - nach dem Sturz des Assad-Regimes.

Steht das eigene Haus noch? Wie geht es Verwandten oder Freunden in der Nähe? Und wie sicher ist die Lage in der jeweiligen Region? Auf solche Fragen könnten Syrer dann eigene Antworten finden - ohne Gefahr zu laufen, durch eine Heimkehr den Schutzstatus in Deutschland zu verlieren. Bisher nämlich sieht das Asylgesetz nur wenige Ausnahmen für entsprechende Erlaubnisse vor, zum Beispiel bei Beerdigungen im Heimatland.

Herrmann: "Zeitdruck nicht erkennbar"

Die Grünen haben bereits Zustimmung zu Faesers Plänen signalisiert. Mehrere Landesminister von der CDU bzw. CSU dagegen äußern sich kritisch. Auch Bayern ist mit dem Vorschlag der Bundesregierung für solche Erkundungsreisen nicht einverstanden.

"Ein äußerer Zeitdruck, vor der Regierungsneubildung eine dauerhafte Entscheidung zu treffen, ist für mich nicht erkennbar", betonte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in dieser Woche. Das geplante Verfahren wecke Erwartungen, die nicht erfüllt werden könnten. Denn über den Widerruf der Schutzberechtigung entscheide allein das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), und zwar "unabhängig von der subjektiv wahrgenommenen Situation vor Ort".

"Einschätzung durch Auswärtiges Amt, nicht durch Einzelpersonen"

Ähnlich die Haltung der baden-württembergischen Migrationsministerin Marion Gentges: Die CDU-Politikerin sagte der "Rheinischen Post" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt), für die Frage, ob ein Schutzstatus widerrufen oder jemand abgeschoben werden kann, komme es auf die Sicherheitslage vor Ort an. Diese Einschätzung werde aber vom Auswärtigen Amt getroffen und nicht von Einzelpersonen. Im Übrigen sei es "nicht an der geschäftsführenden Bundesinnenministerin, hier jetzt eine Entscheidung zu treffen."

In diese Richtung hatte sich im Januar bereits Unionsfraktions-Geschäftsführer Thorsten Frei (CDU) geäußert. Nach seinen Worten kann es nicht sein, dass Menschen einzeln nach Syrien reisen, um die Sicherheit dort persönlich zu überprüfen. Stattdessen müsse der deutsche Staat entscheiden, ob es für Syrer weiterhin einen Fluchtgrund gibt - und damit Anspruch auf Schutz in Deutschland.

Wenn Erkundungsreisen, dann auch Abschiebungen ...

Sachsens Innenminister Armin Schuster von der CDU kommt zu einem weiteren Schluss: Wenn Syrien laut Bundesinnenministerium sicher genug ist, dass Flüchtlinge eigenständig dorthin reisen, dann wäre es aus seiner Sicht auch angemessen, Rückführungen nach Syrien zu organisieren.

Anders sieht das die nordrhein-westfälische Flucht- und Integrationsministerin Josefine Paul von den Grünen. Sie stimmte Faesers Plänen im Interview mit der "Rheinischen Post" grundsätzlich zu. Auf diese Weise könnten sich Betroffene selbst ein Bild von der Lage vor Ort machen und so "eine gefestigte Entscheidung" treffen, ob sie dauerhaft zurückkehren wollen oder nicht. Allerdings findet Paul, dass ein solches Vorgehen des Bundes die Ausnahme bleiben müsse: "Grundsätzlich ist die Bundesregierung in der Pflicht, eine aktuelle Lageeinschätzung zur Situation und Sicherheitslage vorzulegen."

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