Innenminister Joachim Herrmann
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Herrmann zu Angriff auf Politiker: "Sehr bedenkliches Zeichen"

Herrmann zu Angriff auf Politiker: "Sehr bedenkliches Zeichen"

Nach dem Angriff auf den SPD-Europaabgeordneten Ecke sorgt sich Bayerns Innenminister um die Demokratie. Herrmann betont im BR-Interview zugleich, es sei "völlig unmöglich", dass nun jeder Wahlkämpfer von einem Polizisten begleitet werde.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Entsetzen ist groß: Nach dem brutalen Angriff auf den SPD-Europaabgeordneten Matthias Ecke in Dresden diskutiert die Politik über Konsequenzen aus der Gewalt. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach im Interview mit BR24 von einem "sehr bedenklichen Zeichen", dass sich immer mehr Angriffe auf Wahlkämpfer ereigneten. Das sei "schlecht für unsere Demokratie". Zu ihr gehörten auch der Wahlkampf und das Werben um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger. Angriffe auf Wahlkämpfer oder gar schwere Körperverletzung seien völlig inakzeptabel.

Kurz vor dem Angriff auf Matthias Ecke attackierte eine vierköpfige Gruppe laut Polizei bereits einen Wahlkampfhelfer der Grünen in Dresden. Die Vorfälle in Sachsen waren nicht die ersten gewalttätigen Ausschreitungen im Kontext der anstehenden Wahlen. Laut vorläufigen Zahlen wurden im Jahr 2023 1.219 Gewaltdelikte gegen Partei-Repräsentanten erfasst. Das ist ein deutlicher Anstieg: 2022 waren es noch 575 Delikte.

Herrmann appelliert an "menschlichen Umgang"

Einen Grund für solche Entgleisungen sieht Herrmann in einer immer gereizteren Stimmung in der Bevölkerung und einer zunehmenden Verrohung der Sprache. Hetze vor allem von Rechtsradikalen, mancher "Wortmissbrauch" seitens der AfD, aber auch von anderen politischen Akteuren werde immer weiter verbreitet.

Herrmann appellierte bei aller notwendigen parteipolitischen Konkurrenz an ein "Mindestmaß an vernünftigem menschlichem Umgang" miteinander. Angesichts der Vielzahl an Wahlkämpfern im Vorfeld der Europawahl sei es "völlig unmöglich", jedem aktiven Polizeischutz zu gewähren, so der Innenminister. Gleichwohl stünde das Innenministerium im Austausch mit den Parteien, um besondere Risiken schon im Vorfeld zu identifizieren.

Reul warnt vor immer "gleicher Leier" an Reaktionen

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte deshalb vor immer der "gleichen Leier" an Reaktionen, die nach solchen Vorfällen folgten. "Verurteilen, diskutieren, Sitzungen veranstalten – damit ist niemanden geholfen", sagte Reul der "Rheinischen Post".

Alle Demokraten müssten nun zusammenstehen und auch konkret handeln. "Was jetzt gebraucht wird, ist ein entschlossenes, solidarisches Handeln aller staatlicher Institutionen gegen diese zunehmende Gewaltbereitschaft, eine konsequente Strafverfolgung mit wirkungsvollen Urteilen und endlich wieder ein respektvolles Miteinander in der Gesellschaft", forderte er.

Ecke in Textnachricht: "Lasse mich davon nicht unterkriegen"

Katarina Barley, die als SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl antritt, erzählte beim "Sonntags-Stammtisch" im BR Fernsehen, sie habe am Samstag noch spätabends eine Textnachricht von Matthias Ecke – ihrem Kollegen im Europaparlament – aus dem Krankenhaus bekommen. Er habe geschrieben: "Das ist jetzt alles sehr unangenehm, aber ich lasse mich davon nicht unterkriegen."

Inzwischen gehe es Ecke den Umständen entsprechend gut. Er sei am Sonntag operiert worden, sagte Sachsens SPD-Chef Henning Homann in der Landeszentrale in Dresden. Er habe einen Bruch des Jochbeins und der Augenhöhle sowie Hämatome im Gesicht erlitten.

In der Nacht auf Sonntag hatte sich einer der mutmaßlichen Angreifer bei der Polizei gemeldet und sich gestellt. Er gab an, den Europaabgeordneten niedergeschlagen zu haben. Dies teilte das Landeskriminalamt (LKA) mit.

Sonderkonferenz der Innenminister geplant

Bereits am Samstag hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) von einer "neuen Dimension antidemokratischer Gewalt" gesprochen und eine Sonderkonferenz der Innenminister von Bund und Ländern angekündigt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, die Demokratie müsse sich wehrhaft zeigen: "Dieser Ausbruch von Gewalt ist eine Warnung", sagte Steinmeier.

CDU-Chef Friedrich Merz sprach von völlig inakzeptablen Übergriffen auf Wahlkämpfer. Die Ereignisse von Dresden hätten ihn schockiert. Für Merz muss Deutschland eine streitbare Demokratie bleiben – aber dieser Streit müsse mit Worten ausgetragen werden und nicht mit Fäusten.

SPD-Chefin Saskia Esken nennt die Übergriffe auf Wahlhelfer ein Alarmzeichen an alle Menschen in diesem Land. "Wir werden das nicht hinnehmen", sagt Esken im Interview mit dem NDR. In der Gesellschaft gerate etwas ins Rutschen. Nach den Worten von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt von den Grünen braucht Deutschland mehr Sicherheit, damit die Demokratie leben kann.

Der Deutsche Städtetag fordert härtere Strafen für Menschen, die Politikern drohen oder sie verfolgen. Für Sonntagabend haben zwei Bündnisse zu Demonstrationen in Berlin und Dresden aufgerufen – das Motto: "Gewalt hat keinen Platz in unserer Demokratie".

Barley: "Wenn ich Angst hätte, könnte ich das nicht machen"

Sie habe keine Angst, sagte Barley beim "Sonntags-Stammtisch". "Wenn ich Angst hätte, dann könnte ich das nicht machen." Sie selbst habe noch nie eine unangenehme Begegnung erlebt. Viele Bürgerinnen und Bürger würden sich zunehmend für ihr Engagement bedanken und ihr ihren Respekt aussprechen. Online erlebe sie aber eine "unglaubliche Verrohung", die in den vergangenen Jahren stark zugenommen habe.

Katarina Barley beim Sonntags-Stammtisch
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Katarina Barley berichtete beim Sonntags-Stammtisch von den vielen positiven Begegnungen, die sie mit Bürgerinnen und Bürgern erlebe.

Mit Informationen von ARD, dpa und epd

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