Drohnenaufnahme der Ruinenstadt Rafah im Süden des Gazastreifens, 27.6.2025
Drohnenaufnahme der Ruinenstadt Rafah im Süden des Gazastreifens, 27.6.2025
Bild
(Archivbild) Drohnenaufnahme der Ruinenstadt Rafah im Süden des Gazastreifens, 27.6.2025
Bildrechte: REUTERS/Mohammed Salem/File Photo
Schlagwörter
Bildrechte: REUTERS/Mohammed Salem/File Photo
Audiobeitrag

(Archivbild) Drohnenaufnahme der Ruinenstadt Rafah im Süden des Gazastreifens, 27.6.2025

Audiobeitrag
>

Israels Gaza-Plan: Massenlager in Rafah-Ruinen ohne Rückkehr

Israels Gaza-Plan: Massenlager in Rafah-Ruinen ohne Rückkehr

Die Ankündigung von Israels Verteidigungsminister Katz, über 600.000 Palästinenser in ein Massenlager in Rafah zu bringen, stößt auf Entsetzen. Israelische Juristen warnen vor einem Kriegsverbrechen und einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Über dieses Thema berichtet: Lost in Nahost - Der Podcast zum Krieg in Israel und Gaza am .

Die Schlagzeile der israelischen Tageszeitung "Ha'aretz" fasste die Ankündigung von Verteidigungsminister Katz Anfang dieser Woche treffend zusammen: "Israel plant, alle Bewohner des Gazastreifens in einem in Rafah zu errichtenden Lager zu konzentrieren."

Arabische Staaten lehnen Vertreibungsplan ab

Israels Medien, die an dem Briefing des Verteidigungsministers teilgenommen hatten, gaben den Minister bei der Vorstellung seines Plans zur Errichtung einer "humanitären Stadt" in der Ruinenstadt ganz im Süden des Gazastreifens mit den Worten wieder: Zunächst sollten etwa 600.000 Palästinenser, die in den Sanddünen von Al-Mawasi seit Monaten, teilweise seit anderthalb Jahren in einem Meer von eng aneinander gestellten Zelten ausharren, in eine Zone verbracht werden, in der binnen sechs Wochen Container, Versorgungsgüter und Nahrungsstellen errichtet werden sollten.

Alle Palästinenser, die diese Zone betreten werden, würden einer Überprüfung unterzogen, um sicherzustellen, dass sie keine Mitglieder der Hamas seien. Sie würden nicht mehr in ihre ursprünglichen Wohngebiete zurückkehren können.

Der Verteidigungsminister habe ferner angekündigt, dass später die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens – mehr als zwei Millionen Palästinenser – in dieser Zone festgehalten werden würden. Damit würde Israel einen Plan von US-Präsident Trump umsetzen, der es den Palästinensern ermöglichen würde, aus dem Gazastreifen in andere Länder auszuwandern. Zahlreiche arabische Staaten, von Ägypten bis zu Katar, lehnen dieses Vorhaben strikt ab.

Ein alter Armee-Plan in neuer Verpackung

Nahum Barnea, seit Jahrzehnten Chefkolumnist der auflagenstärksten israelischen Tageszeitung "Yedioth Achronoth", führt den Plan, "den Verteidigungsminister Yisrael Katz mit dem Schlagwort 'humanitäre Stadt' zu verkaufen" versuche, auf Militärplanungen der Armee zurück, die bereits vor anderthalb Jahren ausgearbeitet und im Norden des Gazastreifens angewandt worden seien. Die Idee, so Barnea: Israel würde "die Bevölkerung von einem Gebiet des Gazastreifens in ein anderes verlegen und sie unterwegs kontrollieren".

Jeder, der verdächtigt werde, der Hamas anzugehören, würde nicht durchgelassen. In dem verbleibenden Gebiet würden die Streitkräfte "eine gründliche Säuberung durchführen, töten, verhaften und zerstören." Die "Idee" sei vor kurzem für den Süden des zerstörten Gazastreifens "unter einem neuen und falschen Namen wiederbelebt: 'Die humanitäre Stadt'".

Es handelt "um einen politischen Schwindel", denn der US-Präsident habe ein Veto eingelegt. Trump wolle mit Blick auf den immer noch ausstehenden "Deal" zur Beendigung des Gaza-Kriegs nicht den Unmut der arabischen Staaten hervorrufen. Die Golfstaaten, die Trump im Mai besucht hat, hätten sehr deutlich gemacht, dass sie ihre Unterstützung und ihre Investitionszusagen gegenüber Trump einstellen würden, sollte es zu einer zwangsweisen "Emigration" der Palästinenser aus dem Gazastreifen kommen.

Israelische Juristen: Plan wäre Kriegsverbrechen

Der Plan, die Bevölkerung des Gazastreifens in einer "humanitären Stadt" zu konzentrieren, stellt nach Auffassung von israelischen Völkerrechtlern eine "offenkundig illegale Anordnung" dar. In einem Schreiben an Verteidigungsminister Israel Katz und Generalstabschef Eyal Zamir, das am Freitag veröffentlicht worden ist, warnen die Fachjuristen vor einer Umsetzung des Plans.

Dies würde "ein Kriegsverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen." Unter bestimmten Bedingungen könne der Plan auch "als Völkermord" angesehen werden. "Wir fordern alle betroffenen Parteien auf, sich öffentlich von diesem Plan zu distanzieren, ihm abzuschwören und von seiner Durchführung abzusehen", wie "Ha'aretz" den Appell der 16 israelischen Völkerrechtler wiedergibt.

Für den israelischen Menschenrechtsanwalt Michael Sfard, der seit langem Klagen israelischer Menschenrechtsorganisationen gegen die Streitkräfte und andere staatliche Institutionen führt, läuft der Plan des Verteidigungsministers auf den gewaltsamen Transfer einer Bevölkerung zur Vorbereitung der Deportation hinaus.

Beides seien Kriegsverbrechen, sagte Sfard gegenüber CNN: "Es gibt keine einvernehmliche Ausreise. Es gibt keine freiwillige Ausreise. Die Menschen werden aus dem Gazastreifen fliehen, weil Israel ihnen Zwangsmaßnahmen auferlegt, die ihr Leben im Gazastreifen unmöglich machen würden." Nach internationalem Recht müsse man Menschen "nicht mit vorgehaltener Waffe auf Lastwagen verladen, um das Verbrechen der Deportation zu begehen."

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!