Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) findet, "der Geist der Villa Borsig" habe sich bewährt, wenn man die letzten beiden Tage anschaue. Die Stimmung jedenfalls, sagen die Beteiligten nahezu unisono, sei "gut" gewesen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) spricht von "sehr kollegialer Arbeitsatmosphäre", Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) lässt sich sogar zur Aussage hinreißen, die Klausur habe "Spaß gemacht". Auch dem Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), der gestern während der Klausur mit einem Kreislaufkollaps zusammengebrochen war, geht es wieder besser.
Regierung attestiert sich guten Zustand
Der Zustand der Regierung ist also gut, der Zustand der Republik allerdings lässt zu wünschen übrig, dazu kommt eine Stimmung im Land, die irgendwo zwischen resigniert und übellaunig rangiert. Dazu hieß es bereits gestern von Klingbeil, im Prinzip sei "der Hauptgegner die Laune". Diese Laune ins Positive zu drehen, hat sich die Koalition vorgenommen. Und zwar nicht mehr im alten Gästehaus der Bundesregierung, der Villa Meseberg im Norden Berlins, sondern in der Villa Borsig am Tegeler See in Berlin, neue Geister sollen also einziehen.
Modernisierungsbooster-Minister Karsten Wildberger
Nachdem gestern über die bleierne Wettbewerbs- und Wirtschaftsproblematik ausgiebig diskutiert wurde, sollte heute der Modernisierungsbooster gezündet werden. Digitalminister Karsten Wildberger (CDU), der ein eigenes Ministerium für Staatsmodernisierung und Digitales bekommen hat, ist der Mann der Stunde. Zwar ist Digitalisierung ein kleinteiliges Geschäft, heißt es aus der Bundesregierung, aber dennoch soll "die Summe der Einzelteile" Großes ergeben. 80 Einzelmaßnahmen quer durch alle Ressorts, von Agrar- bis Verkehrsministerium hat die Regierung aufgeführt, 40 Seiten dick ist die "Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung (Bund) – für ein schnelles, digitales und handlungsfähiges Deutschland". So sollen etwa Wohngeldanträge digitalisiert und vereinfacht werden, der digitale Führerschein und Fahrzeugschein in einem Wallet, also einer Art digitaler Brieftasche auf dem Smartphone, spätestens Ende 2026 für Bürgerinnen und Bürger nutzbar sein. Auch die EU wird noch ein Wörtchen mitreden, daher gilt das Datum als ambitioniert.
Klingbeil: Bürger müssen merken, dass etwas passiert
Der Bundeskanzler steht jedenfalls sehr aufrecht vor der Kulisse der Industriellenvilla Borsig und ist zuversichtlich, dass er in den nächsten Wochen, Monaten, Jahren, für die er gewählt ist, gute Entscheidungen treffen wird: "Die ersten Schritte in die richtige Richtung sind getan." Eine Ruck-Rede könnte am 3. Oktober kommen, Merz jedenfalls will dann dringliche Themen adressieren.
Unterstützung bekommt Merz von seinem Finanzminister. Anders als der Kanzler, der eher allgemein bleibt, legt Klingbeil den Fokus auf die Frage: "Wie kommt das Geld bei den Menschen an". Schnell und effizient müsse das Geld jetzt fließen, Bürgerinnen und Bürger müssten durch die Rekordinvestitionen merken, dass sich im Land etwas verändere. Einfacher soll vieles werden, etwa ein Unternehmen zu gründen, ein Haus zu bauen: Die Modernisierungsagenda als Grundlage und Turbo, das Land moderner zu machen.
Dobrindt will "Dinge in Ordnung bringen"
"Wir wollen, können, werden Deutschland voranbringen", assistiert Bundesinnenminister Dobrindt. Er will "Dinge, die in Unordnung sind, in Ordnung bringen". Dazu gehört auch die Sicherheit in der Luft: Ein neues Luftsicherheitsgesetz soll kommen und auch ein Drohnenabwehrzentrum. "Aufspüren, abwehren, abfangen" nennt das Dobrindt, das beinhalte auch Drohnen abzuschießen – ein großes Thema beim informellen EU-Gipfel in Kopenhagen, zu dem Kanzler Merz direkt im Anschluss an die Klausur am Tegeler See aufbricht.
Im Video: Worum es am zweiten Tag der Kabinettsklausur ging
Am zweiten Tag der Kabinettsklausur ging es vor allem um Modernisierung.
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