ARCHIV - 10.08.2021, Berlin: Ein Schaffner gibt ein Abfahrtszeichen für einen ICE auf dem Bahnsteig im Berliner Hauptbahnhof.
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Mehr Service: Deutsche Bahn will Fahrgastschmerzen lindern

Mehr Service: Deutsche Bahn will Fahrgastschmerzen lindern

Die Bahn hat Rekordfahrgastzahlen und kämpft gleichzeitig mit maroder Infrastruktur. Mehr Service und realistische Umsteigezeiten sollen das Reisen zuverlässiger machen. Ein Trostpflaster oder doch mehr?

Die Pünktlichkeitsstatistik macht den Ernst der Bahn-Lage ziemlich deutlich: "Im Juli haben 59,9 Prozent aller Fernverkehrszüge ihr Ziel pünktlich erreicht", teilt die Deutsche Bahn mit. Die wohl einzig gute Nachricht daran ist: Im Juni waren es noch 58 Prozent. Als Gründe nennt die Bahn sehr hohe Auslastung – besonders viel Verkehr gab es von Mai bis Juli - und "intensive Bautätigkeit". Die Aussichten sind düster, denn die Infrastruktur ist marode, die ganz großen Baustellen kommen erst noch.

Wenn die Behandlung der Krankheit lange dauert, muss der Arzt zumindest die Symptome lindern. So könnte man, was Fernverkehrsvorstand Michael Peterson am Mittwoch in Berlin verspricht, als Schmerzmittel bezeichnen: 1.000 neue Mitarbeiter sollen den Service der Bahn auf übervollen Bahnsteigen und in überbelegten Zügen verbessern, und die eingeplanten Umsteigezeiten werden der Verkehrslage angepasst, sprich: verlängert.

1.000 neue Mitarbeiter für den Fernverkehr

Man setze dort an, "wo wir schnell einen Schritt auf unsere Fahrgäste zugehen können", sagte Peterson. Konkret sollen in den kommenden Monaten 750 neue Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter in ICEs und ICs eingesetzt werden, darunter auch Servicekräfte für die Bordbistros. Hinzu kommen 100 Gästebetreuer an Bord, die beim Ein- und Aussteigen oder der Suche nach einem freien Sitzplatz helfen und 130 Servicekräfte, die auf den Bahnsteigen für Orientierung sorgen sollen. Damit wird das bisherige Serviceteam aus 8.000 Mitarbeiter um 1.000 ergänzt.

Umsteigezeiten werden der Verkehrslage angepasst

Wer bisher durch verstopfte Bahnhofshallen zum Anschlusszug hetzte und dabei die Planung der Deutschen Bahn verfluchte, soll nun milder gestimmt werden. Für rund 800 Anschlussverbindungen werden längere Umsteigezeiten eingeplant. Statt wie bisher acht Minuten seien dann zum Beispiel bis zu 14 Minuten vorgesehen. Abhängig sei das aber von der Lage auf der jeweiligen Strecke, sagt Fernverkehrsvorstand Peterson. Zum Beispiel von Baustellen, die zu Verspätungen führen. Die Umsteigezeiten zu verlängern, ist schon lange möglich bei der Ticketbuchung. Das bleibt auch weiterhin so. Jetzt preist die Bahn ihr Verspätungswissen aber automatisch ein. Und sollte das Umsteigen doch einmal schneller gehen als geplant, kann auch ein früherer Zug genommen werden. Fernverkehrschef Peterson versichert, dass es auch bei Tickets mit Zugbindung keine Probleme bei der Fahrkartenkontrolle geben werde.

Fahrgastverband Pro Bahn: "Die Bahn drückt sich vor Verspätungsentschädigungen"

Die Maßnahmen seien angesichts der schwierigen Lage der Bahn richtig und wichtig, sagt Karl-Peter Naumann vom Bundesverband Pro Bahn gegenüber dem BR. Gerade Ansprechpartner an Bahnsteigen seien derzeit gefragt, weil mehr Menschen unterwegs seien, die das Bahnfahren nicht gewöhnt sind. Naumann bezweifelt, dass 130 zusätzliche Helfer ausreichen. Auch die Anpassung der Umsteigezeiten ist aus Naumanns Sicht notwendig. "Allerdings drückt sich die Bahn mit dieser verlängerten Umsteigezeit auch vor den Verspätungsentschädigungen."

Bahn verspricht 13.000 neue Sitzplätze bis Jahresende

Ob die Maßnahmen wirken, oder nur ein Trostpflaster sind, können Bahnkundinnen und Kunden ab sofort in der Praxis testen. Neben den kurzfristigen Sommermaßnahmen weist Peterson auch auf den Ausbau der ICE-Flotte hin. Bis zum Ende des Jahres wachse die auf 360 Züge an. Bis zum Jahresende stünden 13.000 neue Sitzplätze zur Verfügung. Das könnte heißen: Wenn der Zug auch in der Baustelle steht: Es gibt die Chance, die Weiterfahrt auf einem Sitzplatz abzuwarten.

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