Einen Tag nach seiner Wahl zum Bundeskanzler hat Friedrich Merz (CDU) in Begleitung des neuen Außenminister Johannes Wadephul (CDU) seinen Antrittsbesuch in Paris absolviert. Mit breitem Lächeln und ausgiebiger Umarmung empfing der französische Präsident den deutschen Staatsgast. Der wirkte noch etwas angespannt, klopfte dem französischen Präsidenten aber immerhin auch schon auf die Schulter. Nach kurzer Arbeitssitzung stellten sich Macron und Merz im Elysée-Palast erstmals gemeinsam einer Pressekonferenz.
Das Ziel: ein "deutsch-französischer Neustart für Europa"
Die Visite von Merz sei kein protokollarischer Antrittsbesuch, sondern bereits ein Arbeitstermin, hatte der Elysée-Palast zuvor erklärt. Beide Seiten wollten nach dem Regierungswechsel in Deutschland nun frischen Wind in die deutsch-französischen Beziehungen bringen. Er habe mit Macron einen "deutsch-französischen Neustart für Europa" vereinbart, so Merz. Beide Regierungen wollten "sehr eng und vertrauensvoll" zusammenarbeiten - was besonders für den Bereich der Sicherheit und Verteidigung gelte.
"3 plus 3"-Gespräche
Merz und Macron wollen einen regelrechten deutsch-französischen Reflex schaffen, wie sie auch in einem gemeinsamen Aufsatz schreiben, der zeitgleich zum Treffen in der französischen Zeitung Le Figaro veröffentlich wurde. Als Format, in der verteidigungs- und sicherheitspolitische Fragen mit Frankreich diskutiert werden sollen, stellte Merz "3 plus 3"-Gespräche der Regierungschefs, Außen- und Verteidigungsminister in den kommenden Wochen und Monaten vor.
Engere Abstimmung, gemeinsame Rüstungsprojekte
"Wir werden gemeinsam Maßnahmen treffen, um die Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeit Europas weiter auszubauen", sagte Merz in der Pressekonferenz der beiden Regierungschefs. So sollen nach Worten des Kanzlers unter anderem der deutsch-französische Verteidigungsrat gestärkt und die bilateralen Rüstungskooperationen vertieft werden.
Macron ergänzte, auch die Investitionen in die Verteidigung müssten erhöht werden. Gemeinsam müsse der von der EU-Kommission vorgeschlagene Plan umgesetzt werden, private und öffentliche Mittel für die industrielle und technologische Basis für die europäische Verteidigung zu mobilisieren.
Gespräche über atomaren Schutzschirm geplant
Merz kündigte an, mit Frankreich und Großbritannien zügig Gespräche über die künftige atomare Abschreckung in Europa aufzunehmen. "Ich sehe die grundsätzliche Notwendigkeit, dass wir mit Frankreich und auch mit Großbritannien über die Frage diskutieren, wie wir eine solche Antwort der Abschreckung auch in Zukunft gemeinsam geben können", sagte der neue Kanzler. Dies sei ausdrücklich als Ergänzung zum atomaren Schutzschild der Amerikaner gemeint.
Auch das "Weimarer Dreieck" soll wiederbelebt werden
Deutschland und Frankreich wollen zudem die Dreiecksbeziehung mit Polen stärken: Am Nachmittag reist Merz zu einem Treffen mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk nach Warschau weiter, während für Wadephul das zweitägige informelle Treffen der EU-Außenminister auf der Agenda steht. Macron will seinerseits am Freitag mit Tusk in Nancy einen französisch-polnischen Freundschaftsvertrag unterzeichnen.
Zugleich erklärte Merz, "in den kommenden Wochen" die Ukraine zu besuchen; diese Visite werde gerade abgestimmt. "Die Ukraine kann sich in ihrem Kampf gegen die russische Aggression auf Deutschland und Frankreich weiterhin verlassen", so Merz.
Mit Informationen von AFP und dpa
Audio: Kanzler Merz' erster Staatsbesuch
Der französische Präsident Emmanuel Macron (r) gibt eine Pressekonferenz mit Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in Paris.
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