Der Bau und Betrieb der schwimmenden Flüssigerdgas-Terminals an der deutschen Ostsee-Küste wird mindestens dreieinhalb Milliarden Euro teurer als geplant. Insgesamt seien derzeit rund 6,56 Milliarden Euro an Haushaltsmitteln vorgesehen, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium auf Nachfrage der Nachrichtenagentur Reuters und bestätigte damit einen "Spiegel"-Bericht. Ursprünglich seien im Haushalt für 2022 noch 2,94 Milliarden Euro veranschlagt worden.
Die Erhöhung der Kosten sei "aufgrund der sich dynamisch entwickelnden Situation notwendig", hieß es. Der Haushaltsausschuss des Bundestags hat gerade erst zusätzliches Geld für die Terminals bewilligt.
Ministerium: Kosten für zusätzliche Infrastruktur an Land
Laut der Deutsche Umwelthilfe (DUH), der nach eigener Aussage Unterlagen der Bundesregierung für den Haushaltsausschuss vorliegen, beträgt die Kostensteigerung allein bei den beiden Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel 665 Millionen Euro. Zu ursprünglich fünf gecharterten LNG-Terminalschiffen bestünde von der Bundesregierung darüber hinaus die Absicht, zwei weitere zu chartern. Die Mittel für das siebte Terminalschiff habe der Haushaltsausschuss aber gesperrt. Die DUH kritisierte, dass Mehrkosten in Milliardenhöhe entstünden.
Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, die Kostensteigerung liege unter anderem an konkreteren Betriebskosten und Kosten für zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen an Land. "Mittlerweile konnten in umfangreichen Abstimmungen mit zahlreichen Akteuren weitere Kosten bestimmt und zunächst prognostizierte Kosten konkretisiert werden", so das Ministerium. Der Bau der Terminals sei essenziell für die Energiesicherheit. "Insbesondere die Reduktion und dann der Wegfall von russischen Gaslieferungen machen sie zwingend notwendig", betonte das Ministerium. Deutschland verfügt bisher über keine eigenen Anlandeterminals. "Diese neue Infrastruktur ist aber wichtig zur Steigerung der Vorsorge und zur Diversifizierung", hieß es.
Charterdauer 5 Jahre länger als geplant
Aus Unterlagen des Haushaltsausschusses geht dem "Spiegel" zufolge außerdem hervor, dass zwei der Terminals für 15 Jahre gechartert werden mussten statt für zehn Jahre, wie ursprünglich geplant. Deutschland habe demnach zwar die Option verhandelt, den Zeitraum auf zehn Jahre zu verkürzen, müsse darüber aber schon im nächsten Jahr entscheiden.
"Die Ampelkoalition hat sich mit der alternativlosen Nutzung von LNG-Gas erpressbar gemacht und muss jetzt Milliarden draufzahlen", sagte der Linken-Haushaltspolitiker Victor Perli dem Magazin. Der Grünen-Haushaltspolitiker Sven Christian Kindler sagte: "Kurzfristig ist die Gasversorgung zu sichern, aber wir müssen aufpassen, dabei keine fossilen Überkapazitäten für die Zukunft zu schaffen. Wir brauchen im Haushaltsausschuss mehr Klarheit über die Kosten und Risiken der LNG-Projekte."
Habeck: LNG-Terminal zentraler Baustein für Energie-Sicherheit
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte den Bau des ersten deutschen Terminals für Flüssiggas (LNG) innerhalb von 200 Tagen als zentralen Baustein für die Energie-Sicherheit gelobt. "Deutschland kann schnell sein und mit hoher Entschlossenheit Infrastrukturprojekte voranbringen, wenn Bund und Länder und die Projektbeteiligten an einem Strang ziehen", sagte er am Dienstag anlässlich der Fertigstellung des schwimmenden Terminals in Wilhelmshaven. Ein zweites Terminal soll in Brunsbüttel ebenfalls zum Jahreswechsel in Betrieb gehen. Ein weiteres, privates Terminal wird den Planungen zufolge in Lubmin ebenfalls bereit sein.
Da zudem im folgenden Winter 2023/2024 zwei weitere Terminals fertiggestellt sein sollen, könnte dann über die fünf Terminals etwa ein Drittel des deutschen Gas-Bedarfs gemessen am Verbrauch 2021 gedeckt werden. Aus Russland waren per Pipeline aber in den vergangenen Jahren etwa 50 Prozent gekommen. Die Lücke soll vor allem durch Einsparungen beim Gas von um die 20 Prozent gefüllt werden.
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