Die Bundesanwaltschaft hat vier mutmaßliche IS-Anhängerinnen bei ihrer Rückkehr nach Deutschland am Frankfurter Flughafen festnehmen lassen.
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Die Bundesanwaltschaft hat vier mutmaßliche IS-Anhängerinnen bei ihrer Rückkehr nach Deutschland am Frankfurter Flughafen festnehmen lassen.

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Mutmaßliche IS-Anhängerin aus Nürnberg festgenommen

Mutmaßliche IS-Anhängerin aus Nürnberg festgenommen

Die Bundesregierung hat zehn Anhängerinnen der Terrormiliz IS und deren 27 Kinder aus kurdischer Gefangenschaft nach Deutschland gebracht. Vier der Frauen wurden direkt am Frankfurter Flughafen festgenommen. Darunter eine gebürtige Nürnbergerin.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Bundesanwaltschaft hat vier mutmaßliche Anhängerinnen des sogenannten Islamischen Staates (IS) bei ihrer Rückkehr nach Deutschland am Frankfurter Flughafen festnehmen lassen. Inzwischen seien die Haftbefehle in Vollzug gesetzt worden, heißt es aus Karlsruhe.

Gebürtige Nürnbergerin offenbar seit 2014 beim IS

Eine 24-Jährige gebürtige Nürnbergerin ist unter den Festgenommenen. Nach BR-Informationen kehrte sie mit ihren 2016 und 2018 geborenen Kindern nach Deutschland zurück. Der Frau wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Laut Bundesanwaltschaft ist sie seit 2013 Anhängerin des Salafismus. "Dieser Ideologie folgend ging sie im Juni 2014 in Deutschland nach islamischem Ritus die Ehe mit einem gleichgesinnten Mann ein. Beide reisten im Juli 2014 über die Türkei nach Syrien aus und schlossen sich dem IS an", teilt die Behörde mit.

Während der Ehemann mutmaßlich Dienste in verschiedenen Kampfeinheiten versah, soll sich die 24-Jährige um den Haushalt und die gemeinsamen Kinder gekümmert haben. Hierfür, so der Vorwurf, erhielt die Familie Alimentierungen vom IS.

Die Frau soll ab November 2015 im Internet für den IS geworben haben. "Insbesondere bemühte sie sich darum, Mädchen und Frauen in Deutschland zu einer Ausreise nach Syrien zu bewegen. Dazu erteilte die Beschuldigte Ratschläge, wie eine solche Ausreise sowie eine Heirat mit IS-Kämpfern zu bewerkstelligen sei", heißt es von der Bundesanwaltschaft.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Menschenhandel

Wie die gebürtige Nürnbergerin hatten sich der Bundesanwaltschaft zufolge auch die anderen festgenommenen Frauen vor ein paar Jahren nach Syrien oder in den Irak aufgemacht und sich dem IS angeschlossen. Als die Terrorgruppe zerfiel, landeten sie in kurdischer Lagerhaft.

Einer der Frauen werfen die Ermittler auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Menschenhandel vor. Sie soll mit ihrem Mann eine jesidische Frau als Sklavin gehalten haben, die auch Opfer sexueller Übergriffe geworden sein soll.

  • Zum Artikel "Anschläge, Rückkehrer, Schläfer: Wie gefährlich ist der IS noch?"

Baerbock: Frauen müssen sich für ihr Handeln verantworten

Laut Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Bundesregierung insgesamt zehn deutsche Anhängerinnen der Terrormiliz "Islamischer Staat" mit ihren Kindern aus einem Gefangenenlager in Syrien nach Deutschland gebracht.

"In einer äußerst schwierigen Aktion konnten wir heute 27 deutsche Kinder und zehn Mütter aus dem Lager Roj in Nordosten Syriens nach Deutschland zurückholen", erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock in der Nacht zum Donnerstag. Die 27 Kinder seien letztlich Opfer der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS). "Sie haben ein Recht auf eine bessere Zukunft fernab seiner tödlichen Ideologie, und auf ein Leben in Sicherheit, wie wir es auch unseren eigenen Kindern wünschen", betonte Baerbock. Die Mütter hingegen müssten sich für ihr Handeln verantworten.

Bislang größte Rückholaktion

Es handelte sich um die bislang größte Rückholaktion dieser Art. Zuletzt hatte die Bundesrepublik immer wieder IS-Frauen zurückgeholt. Allerdings sind derartige Rückholaktionen schwierig, denn laut Auswärtigem Amt gibt es keine konsularische Betreuung in Nordsyrien.

Seit 2019 vier Rückholaktionen mit zwölf Müttern

Wie das Bundesinnenministerium dem BR schon vor einigen Wochen bestätigte, hat es seit 2019 vier Rückholaktionen mit insgesamt zwölf Müttern und 42 Kindern gegeben. Nach SWR-Recherchen soll sich zuletzt noch eine niedrige dreistellige Zahl deutscher Staatsangehöriger in Lagern in Nordostsyrien befunden haben, etwa die Hälfte davon Kinder.

Schon im Oktober 2021 war eine terrorverdächtige Frau mit Wurzeln in Wolfratshausen gemeinsam mit ihren vier Kindern aus kurdischer Lagerhaft nach Deutschland zurückgeführt worden. Die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus der Generalstaatsanwaltschaft München wirft der Frau vor, 2015 zusammen mit ihrem Ehemann und damals drei Kindern nach Syrien mit dem Ziel ausgereist zu sein, sich dort dem IS anzuschließen.

Die Ermittlungen laufen weiterhin, wie die Generalstaatsanwaltschaft dem BR auf Anfrage bestätigte. Die Mitte 30-Jährige sitze in U-Haft. Ob und wann es zum Prozess kommt, ist aktuell unklar.

Zahl der verurteilten IS-Rückkehrer im mittleren zweistelligen Bereich

Laut Verfassungsschutz waren seit 2012 mindestens 1.150 Menschen aus Deutschland aus islamistischen Beweggründen ins damalige Herrschaftsgebiet der IS-Miliz nach Irak und Syrien ausgereist. Schätzungsweise ein Drittel von ihnen war weiblich.

Die Zahl von Rückkehrern, die in Deutschland inzwischen rechtskräftig verurteilt wurden, bewegt sich laut Bundesamt für Verfassungsschutz im mittleren zweistelligen Bereich.

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