US-Präsident Donald Trump
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US-Präsident Donald Trump feuerte Lisa Cook, ein Vorstandsmitglied der Zentralbank FED.
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Nach FED-Entlassung: Trump und der Vorwurf des Machtmissbrauchs

Nach FED-Entlassung: Trump und der Vorwurf des Machtmissbrauchs

US-Präsident Trump hat ein Vorstandsmitglied der Zentralbank FED entlassen. Die wehrt sich dagegen. Für viele ist Trumps Vorgehen ein weiterer Fall von Machtmissbrauch. Wie weit geht Trump und wie verändert das die USA? Eine Expertin ordnet ein.

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"Es gibt dieses Mal niemanden, der ihn stoppen könnte" – mit diesen Worten warnte die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris im TV-Duell mit Donald Trump vor Donald Trump. Knapp ein Jahr später sehen viele ihre Befürchtung bestätigt.

Diese Woche feuerte der US-Präsident Lisa Cook, ein Vorstandsmitglied der Zentralbank FED. Zuvor attackierte er mehrfach den FED-Chef Jerome Powell, weil dieser die Zinsen nicht senkte. Nun scheint Trump den Umweg über andere Mitglieder des Vorstandes nehmen zu wollen. Cook wurde auf Basis von Vorwürfen entlassen, "die aber bisher weder öffentlich belegt sind noch in irgendeiner Weise von einem Gericht als berechtigt festgestellt wurden", erklärt Politikwissenschaftlerin Julia Simon im Gespräch mit BR24.

Cooks Amtszeit wäre noch über zehn Jahre gelaufen, sie wehrt sich gegen die Entlassung. Ob Trump die Autorität hatte, sie ihres Amtes mit den vorgebrachten Gründen zu entheben, müssen nun Gerichte klären.

Trump besetzt zahlreiche Posten neu

Trump hat bereits mehrere wichtige Posten mit treuen Gefolgsleuten besetzt. Besonders die Neubesetzung von Generalinspekteuren in mehreren Ministerien und Behörden ist für Politikwissenschaftlerin Simon ein gravierender Schritt gewesen. "Natürlich haben Präsidenten immer auf bestimmten Ebenen das Personal ausgewechselt, aber hier geht es in Bereiche hinein, die normalerweise nicht politisch besetzt werden". Das mache diese Entlassungen und Neubesetzungen hochproblematisch. Teilweise seien die Geschassten auch in der Öffentlichkeit diskreditiert worden.

USA-Expertin Simon nennt darüber hinaus die vielen leitenden Juristen im Verteidigungsministerium sowie Führungspersonal im Gesundheitsministerium und deren zugeordneten Behörden als Beispiel, in denen es offenbar rein politische Gründe waren, warum auch wissenschaftliches Personal entlassen wurde. Aber es betrifft auch andere Bereiche: Dass Trump jüngst die Kontrolle über das Kennedy-Center übernommen hat, "ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie umfassend dieser Anspruch ist, Neuausrichtungen vorzunehmen und auch in Bereichen wie Kultur zu politisieren", so Simon.

Demokraten werfen Trump autoritäres Gehabe vor

Seine Kritiker werfen Trump in zahlreichen Fällen autoritäres Vorgehen vor: Er ließ das Militär in Los Angeles aufmarschieren, macht es aktuell in der Hauptstadt Washington D.C. und droht damit, dasselbe in den ebenfalls von Demokraten regierten Städten Chicago und New York zu tun. "Welches Klima wird geschaffen, wenn das Militär im Inneren eingesetzt wird?", fragt Simon und ergänzt: "Insbesondere, wenn wir auf Wahlen zugehen, kann das einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen."

Trump nutzt darüber hinaus die Justiz, um seine Gegner unter Druck zu setzen – ehemalige Weggefährten wie John Bolton oder Chris Christie, die in Ungnade gefallen sind, sehen sich FBI-Ermittlungen ausgesetzt. Er droht damit, den Sendern ABC und NBC die Sendeerlaubnis zu entziehen. Er will den Universitäten die Finanzierung entziehen, wenn sie sich nicht seinem Willen beugen. Bestimmte Museen sollen ihre Ausstellungen vom Weißen Haus genehmigen lassen.

Angriff auf Gerichte

Trump bricht mit Traditionen und Normen. Aber wo beginnt der Machtmissbrauch? "Viele dieser Dinge müssen erst durch die Gerichte gehen, weil vorher noch niemand versucht hat, diese Grenzen zu verschieben", erklärt Julia Simon von der Universität Bremen und ergänzt: "Bis dahin sind aber häufig schon Fakten geschaffen worden". Gerichte spielen dabei eine besondere Rolle. "Es wird versucht, Gerichte zu delegitimieren, Richterinnen und Richter als radikale, linke Akteure und Aktivisten zu brandmarken", sagt Simon.

Wahlen wie die Midterms im November kommenden Jahres wären eine Möglichkeit, die Trumps Macht einschränken könnten – aktuell haben die Republikaner die Mehrheit in beiden Kammern. Auch hier werde laut Simon allerdings durch Gerrymandering (Neu-Zuschnitte der Wahlkreise), einer möglichen Abschaffung der Briefwahl und Verschärfung der Wahlgesetze auf Staaten-Ebene versucht, Einfluss zu nehmen.

Veränderungen "sehr viel tiefergehend"

Politikwissenschaftlerin Simon will noch keine abschließende Bewertung vornehmen. Eines wird aber bereits deutlich: "Was wir sehen, sind autoritäre Praktiken des Regierens, deren Ausweitung und auch deren Normalisierung". Gibt es davon einen Weg zurück?

Exekutivanordnungen könne ein möglicher Trump-Nachfolger rückgängig machen. Simon sieht aber noch woanders ein Problem: "Die Radikalisierung in der Wahrnehmung von bestimmten gesellschaftlichen Gruppen, Hass, Misstrauen, Verschwörungstheorien, die sich verbreiten." Alles, was Menschen an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zweifeln lasse, sickere in die Normen ein und könne gesellschaftliche Beziehungen dauerhaft verändern, das Vertrauen in Verfassung und Grundrechte werde geschwächt. "Das sind Dinge, die sich nicht einfach mit einem Switch umlegen lassen – das ist sehr viel tiefergehend."

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