Eine Person mit in der rechten Szene verbreiteten Springerstiefeln tritt auf eine Brille, die am Boden liegt.
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Die Zahl der rechts und rassistisch motivierten Gewaltdelikte haben zugenommen - auch Kinder und Jugendliche sind betroffen.

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"Nahezu jeden Tag ein Angriff": Gewalt von rechtsaußen nimmt zu

"Nahezu jeden Tag ein Angriff": Gewalt von rechtsaußen nimmt zu

Beratungsstellen sprechen von einer "Bilanz des Schreckens": Die Zahl rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalttaten in Bayern hat sich 2024 mehr als verdoppelt. Opfer sind meist politische Gegner – und auch Jugendliche und Kinder.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Informationen am Vormittag am .

Eine Alltagssituation: Eine Mutter geht mit ihren vier Kindern einkaufen. Doch dann wird sie im Supermarkt von einer Frau rassistisch beleidigt und beschimpft. Schließlich schlägt die Angreiferin mit einer Packung Toilettenpapier auf eines der Kinder ein und verletzt das achtjährige Mädchen. So beschreibt die Opferberatungsstelle B.U.D. exemplarisch einen realen Angriff in Günzburg.

Fast täglich Menschen aus rechten Motiven angegriffen

2024 zählte die B.U.D. gemeinsam mit der Münchner Beratungsstelle BEFORE in Bayern 313 Angriffe, darunter 211 Körperverletzungsdelikte. "Die Zahlen zeigen, dass im vergangenen Jahr statistisch gesehen nahezu jeden Tag Menschen aus rechten Motiven heraus angegriffen wurden", heißt es in dem heute veröffentlichten Bericht der B.U.D. Die Dimension rechter Gewalt reiche von einfacher bis hin zu schwerer Körperverletzung oder (versuchtem) Mord.

Die B.U.D. berät Betroffene rechter Gewalt in ganz Bayern. Sie und die BEFORE-Beratungsstelle unterstützen Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Sie erfassen in einem gemeinsamen Monitoring Angriffe aus dem rechtsextremen Spektrum.

Angriffe auf politische Gegner nehmen zu

Dem Bericht zufolge ist in mehr als der Hälfte der Fälle Rassismus das Motiv. Aber die Täterinnen und Täter gehen auch auf politische Gegner los: Betroffen waren demnach auch Menschen, die sich in politischen Ämtern oder gegen Rechtsextremismus engagieren. Auch Journalistinnen und Journalisten seien attackiert worden – und Menschen, die Zivilcourage zeigten und etwa gegen das Zeigen des Hitlergrußes oder rassistische Gesänge einschritten.

Neben Rassismus nennt der Bericht auch Antisemitismus und LGBTIQ-Feindlichkeit als Tatmotive. Opfer seien auch Kinder und Jugendliche, wie bei dem Fall in Günzburg. Die meisten Angriffe waren Körperverletzungen.

Die Fälle, die B.U.D. und BEFORE in ihrem Monitoring erfassen, liegen regelmäßig über den Zahlen, die das bayerische Innenministerium in seiner Statistik zu Politisch motivierter Kriminalität (PMK-rechts) meldet.

"Bilanz des Schreckens" – bundesweite Zahlen

Der Dachverband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, kurz VBRG, der ebenfalls am heutigen Dienstag in Berlin seine Jahresstatistik für 2024 vorstellt, verzeichnet einen "alarmierenden Anstieg" von Angriffen auf politisch Andersdenkende durch rechtsextreme Gewalttäter.

Der Dachverband führt die Zahlen von Opferberatungsstellen in zwölf von 16 Bundesländern zusammen und zählt 3453 Gewalttaten aus rechten, rassistischen oder antisemitischen Motiven. Mehr als die Hälfte aller Angriffe bundesweit seien rassistisch motiviert. Der VBRG spricht von einer "Bilanz des Schreckens". Deutschlandweit verzeichneten die Opferberatungsstellen außerdem einen "dramatischen Zuwachs bei Angriffen auf sogenannte politische Gegner*innen um zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahr". Bei queerfeindlich motivierten Angriffen gab es einen Anstieg um 40 Prozent.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt stellte am Vormittag in Berlin die bundesweiten PMK-Zahlen vor. Demnach steckt hinter jeder zweiten politisch motivierten Straftat ein rechtes Motiv. Insgesamt seien Gewaltstraftaten aus rechten Motiven bundesweit um gut 17 Prozent auf 1.488 Delikte gestiegen.

Rekord in Bayern: Erheblich mehr Gewalt

Auffallend ist der Vergleich zwischen den Bundesländern. Der Anstieg der Gewaltdelikte von rechts sei in keinem anderen Bundesland so signifikant wie in Bayern gewesen: Dort hat sich die Zahl der Gewaltdelikte laut VBRG mehr als verdoppelt.

Auch das bayerische Innenministerium verzeichnet einen Anstieg bei den politisch motivierten Gewaltdelikten von rechts. Die Zahl stieg 2024 um 20 Prozent auf 171. Das Innenministerium zählte 2024 insgesamt 1.400 Fälle von Hasskriminalität in Bayern. Die Motivation bei der Hasskriminalität insgesamt zeige größtenteils eine rechte Gesinnung, so ein Sprecher.

Anmerkung der Redaktion: Die unterschiedlichen Zahlen von Verbänden und Behörden lassen sich zum Teil auch auf eine unterschiedliche Zählweise bei Erstellung der Statistiken zurückführen. Der VBRG erläutert seine Methoden bei der Datenerfassung hier.

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