Friedrich Merz will den Rotstift ansetzen: "Wir werden die Zahl der Köpfe reduzieren", so der CDU-Chef bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags. In dieser Wahlperiode will der wahrscheinliche nächste Bundeskanzler die Bundesverwaltung um acht Prozent schrumpfen. Zwei Prozent jedes Jahr. "Wir machen es sozialverträglich, vernünftig, mit Augenmaß, aber wir werden die Bundesverwaltung deutlich verkleinern." Die nächste Regierung wird aber erstmal wachsen. Statt 15 Ministerien, wie bei der Ampel, planen Union und SPD 16 Ministerien.
Reiner Holznagel vom Bund der Steuerzahler findet das übertrieben. Der Lobbyverband setzt sich für niedrigere Steuern ein und einen schlanken Staat. "Zehn Ministerien hätten völlig ausgereicht", so Holznagel im BR24-Interview. Ein neues Ministerium bedeutet nach seinen Worten zusätzliches Personal, Gebäudemanagement und eine Aufbauphase. "Deswegen ist dieses Signal aus meiner Sicht fatal."
Schwarz-Rot will weniger Beauftragte
CSU-Chef Markus Söder verteidigt das Vorgehen. Die neue Bundesregierung wird nach seinen Worten viel bei den Beauftragten der Bundesregierung einsparen. Noch gibt es davon 45. "Wir werden bei Stellen einsparen, also insgesamt wird der Staatsapparat deutlich reduziert. Insofern haben wir in der Abwägung gesagt, dass das okay ist", so Söder über das zusätzliche Ministerium.
Wie groß ein Kabinett ist, entscheidet die Regierung für sich. Das Grundgesetz sieht nur drei Pflichtministerien vor: Verteidigung, Justiz und Finanzen. In den 1960er Jahren saßen in den Bundeskabinetten oft mehr als 20 Minister. Der letzte Ministerrat der DDR war etwa doppelt so groß. Historisch betrachtet ist das schwarz-rote Kabinett also eher Durchschnitt.
Grüne kritisieren weiteres Ministerium
Grünen-Chefin Franziska Brantner geht es aber auch um Glaubwürdigkeit: "Das ist das Gegenteil von dem, was versprochen wurde." Sie vermutet: Das zusätzliche Ministerium ist durch die Machtarithmetik der Koalition zu erklären. "Das ist genau nicht das Zeichen, was wir an Modernisierung für unser Land brauchen", so Brantner.
Zuletzt haben knapp 15.000 Beamte in den Ministerien gearbeitet. Dazu kommen mehr als 7.500 Angestellte. Die meisten Mitarbeiter zählen das Auswärtige Amt und das Wirtschaftsministerium – beide noch von den Grünen geführt.
Steuerzahlerbund hält Ziele für unambitioniert
Insgesamt arbeiten etwa eine halbe Million Menschen in der Bundesverwaltung. Von Ministerien über Gerichte bis zur Bundeswehr. Zwei Prozent weniger sollen es nach der Vorstellung von CDU-Chef Merz jedes Jahr werden. Rainer Holznagel hält das für nicht besonders ambitioniert. Die meisten Stellen davon seien sowieso als überflüssig identifiziert oder würden nicht mehr neu besetzt. "Es ist keine wirkliche Ambition, es ist nicht wirklich ein Programm zum Bürokratieabbau und schon gar nicht zum Sparen."
Auch die geplanten Umzüge einiger Abteilungen stoßen beim Präsidenten des Steuerzahlerbunds auf Kritik – auch wenn diese Neuordnungen bei Regierungswechseln üblich sind. Der Klimaschutz wechselt vom Wirtschaftsministerium ins Umweltministerium. Bildungs- und Familienministerium ziehen zusammen. Dafür ist das Forschungsministerium jetzt eigenständig. Die Heimatabteilung wechselt vom Innenministerium zur Landwirtschaft. Und der Verbraucherschutz wandert aus dem Umweltministerium zurück ins Justizministerium.
Holznagel nennt das "Selbstverwaltung". Das sorge dafür, dass in den Häusern erstmal nicht gearbeitet werde. Besser wäre es seiner Meinung nach, die bestehenden Strukturen so weit es geht zu belassen. Die Hoffnungen auf einen schlankeren Staat ruhen jetzt ausgerechnet auf dem neuen, zusätzlichen Ministerium – das für Digitalisierung und Staatsmodernisierung.
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