Kampfjets der polnischen Luftwaffe (Symbolbild)
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Polen schießt russische Drohnen ab - was heißt das?

Polen schießt russische Drohnen ab - was heißt das?

Polens Luftwaffe hat in der Nacht mehrere Drohnen über polnischem Staatsgebiet abgeschossen. Die Rede ist von einer gezielten russischen Provokation. Was bedeutet das für die Nato? Und könnte Ähnliches auch in Deutschland passieren?

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

"Polens Verteidigungsminister: Flugzeuge haben auf 'feindliche Objekte' geschossen": Diese Eilmeldung der Nachrichtenagentur AFP kam am Mittwochmorgen um 5.13 Uhr. Der polnische Regierungschef Donald Tusk sprach kurz darauf von russischen Drohnen, die eine "Provokation großen Ausmaßes" darstellten. Was ist passiert – und was sind die Folgen? Alles Wichtige im Überblick.

Was ist genau passiert?

Während russischer Angriffe gegen die Ukraine in der Nacht hat die polnische Luftwaffe drei oder vier Drohnen zerstört, die in den Luftraum des Nato-Landes eingedrungen waren. Auch niederländische Nato-Jets waren beteiligt. Berichten zufolge kamen die meisten oder alle Drohnen aus dem mit Russland verbündeten Belarus. Während die polnische Seite schnell von russischen Drohnen sprach, weist Russland die Vorwürfe zurück. Belarus hat nach eigenen Angaben die polnische Armee vor "verirrten Drohnen" gewarnt.

Die genaue Zahl der Drohnen ist unklar, die Angaben schwanken zwischen acht und mehr als 20. Die Heimatschutz-Einheiten der polnischen Armee und tausende Polizisten wurden angewiesen, nach Trümmern der abgeschossenen Drohnen zu suchen. Mehrere Trümmer wurden bereits gefunden. Medienberichten zufolge handelte es sich teilweise um Aufklärungsdrohnen, die nicht mit Munition bestückt waren. Das wurde bisher aber nicht offiziell bestätigt. Laut Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) waren es aber vor allem Drohnen mit Sprengstoff.

Russland hatte in der Nacht zum Mittwoch erneut Angriffe auf die Ukraine geflogen, unter anderem auf die westukrainische Stadt Lwiw, die etwa 80 Kilometer von der Grenze zu Polen entfernt ist.

Welche Schäden gibt es?

Laut den offiziellen Angaben gab es weder Tote noch Verletzte. Im ostpolnischen Dorf Wyriki wurde das Dach eines Wohnhauses von Trümmern einer abgeschossenen Drohne getroffen. Auch ein Auto soll beschädigt worden sein.

War es der erste Vorfall dieser Art?

Nein. In den vergangenen Wochen waren mehrfach Drohnen in den Luftraum über Polen eingedrungen und abgestürzt. Verletzt wurde dabei niemand. Polens Verteidigungsminister hatte bereits am Dienstag gesagt, die Drohnen könnten zukünftig abgeschossen werden, wenn das vertretbar sei. Die Entscheidung darüber müsse die Armee im Einzelfall treffen. 

Was heißt die mutmaßliche Provokation für die Nato?

Kurz nach dem Abschuss der Drohnen beantragte Polen bei der Nato Konsultationen gemäß Artikel 4. Dieser Artikel sieht Beratungen vor, wenn sich ein Nato-Staat von außen gefährdet sieht. Denkbar wäre, dass die Nato ihre Luftüberwachung über Polen verstärkt. "Wir erwarten deutlich mehr Unterstützung bei der Verteidigung des polnischen Luftraums", machte Polens Regierungschef Tusk bereits klar.

Nato-Chef Mark Rutte erklärte, die Prüfung des Vorfalls sei noch im Gange. Er sei aber "wirklich beeindruckt" von der "sehr erfolgreichen Reaktion" der Nato. Die Mitgliedstaaten seien entschlossen, "jeden Zentimeter" des Bündnisgebiets zu verteidigen.

Der Nato-Artikel 4 wurde seit Gründung des Bündnisses 1949 sieben Mal in Anspruch genommen - zuletzt am 24. Februar 2022, dem Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine. Beantragt wurde das damals von Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechien und der Slowakei. 

Droht jetzt ein direkter Krieg zwischen der Nato und Russland?

Es geht aktuell nicht um ein Ausrufen von Artikel 5, dem Bündnisfall. Dieser Artikel regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird.

Ist der Zeitpunkt zufällig?

Es spricht zumindest einiges dagegen. Diesen Freitag soll in Belarus das russisch-belarussische Militärmanöver "Sapad-2025" (Westen-2025) starten. Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, geht von rund 13.000 übenden Soldaten in Belarus und weiteren 30.000 auf russischem Gebiet aus. Nach belarussischen Angaben aus Minsk soll das Manöver von der Westgrenze ins Landesinnere verlegt werden, um die Spannungen mit dem Westen zu verringern.

Wie reagieren die Bundesregierung und andere EU-Staaten?

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verurteilte den Vorfall scharf. "Russland hat Menschenleben in einem Staat gefährdet, der der Nato und der EU angehört", erklärte er. Dieses rücksichtslose Vorgehen reihe sich ein in eine lange Kette von Provokationen im Ostseeraum und an der Ostflanke der Nato.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte Russland für die "rücksichtslose und beispiellose" Verletzung des polnischen Luftraums. Ratspräsident António Costa sicherte Polen die "volle Solidarität" der EU zu. "Die Ereignisse der vergangenen Nacht sind eine deutliche Mahnung, dass die Sicherheit eines Einzelnen die Sicherheit aller ist", schrieb Costa auf X.

Der französische Präsident Emmanuel Macron bezeichnete den Einflug von Drohnen in den polnischen Luftraum als "schlicht inakzeptabel". Tschechiens Ministerpräsident Petr Fiala sprach von einem Test für die Verteidigungsfähigkeiten der Nato-Staaten: "Das Regime von Putin bedroht ganz Europa und testet systematisch, wie weit es gehen kann."

Könnten russische Drohnen auch bis Deutschland kommen?

Russische Drohnen fliegen schon lange regelmäßig über Deutschland. Berichten zufolge spähen sie vor allem kritische Infrastruktur aus – und sollen auch Informationen über Nato-Waffenlieferungen an die Ukraine liefern. Von russischen Drohnen, die mit Munition bestückt waren, ist bisher nichts bekannt. Über Deutschland wurden bisher keine Drohnen abgeschossen.

Mit Informationen von dpa und AFP

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

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