Kreml-Chef Wladimir Putin hat direkte Gespräche mit der ukrainischen Führung vorgeschlagen. Diese könnten am 15. Mai in Istanbul stattfinden. Russland sei zu "ernsthaften Verhandlungen ohne Vorbedingungen" bereit, sagte der russische Präsident vor Journalisten im Kreml. "Diejenigen, die wirklich Frieden wollen, können nicht dagegen sein." Auf die ukrainische Forderung nach einer 30-tägigen Waffenruhe ging Putin nicht direkt ein.
Putin kündigte ein Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan an. Er hoffe, dass Erdoğan seine Bereitschaft bestätigen werde, zu einer Friedenslösung im Konflikt mit der Ukraine beizutragen. Der türkische Präsident hatte sein Land in der Vergangenheit als idealen Ort für mögliche Friedensverhandlungen bezeichnet.
Merz: Russlands Gesprächsbereitschaft "bei Weitem" nicht genug
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor mit westlicher Rückendeckung von Moskau gefordert, eine 30-tägige Waffenruhe ohne Vorbedingungen von Montag an umzusetzen. Andernfalls solle es neue Sanktionen geben.
Den Vorschlag Putins für direkte Gespräche wertete Selenskyj nun als "positives Zeichen, dass die Russen endlich begonnen haben, über ein Ende des Krieges nachzudenken". Der erste Schritt sei aber die Einleitung einer Waffenruhe am 12. Mai, schrieb er auf X.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kritisierte die Reaktion von Putin als unzureichend. Die vom Kreml-Chef geäußerte Gesprächsbereitschaft sei zwar "zunächst ein gutes Zeichen", aber "bei Weitem nicht hinreichend", erklärte Merz am Sonntag in Berlin. Ähnlich äußerte sich der französische Präsident Emmanuel Macron: "Es ist ein erster Schritt, aber er reicht nicht aus."
Kremlsprecher: Waffenruhe ist vorbei
Putin warf der ukrainischen Seite indes vor, mehrere Anläufe für eine Feuerpause sabotiert zu haben. Gleichzeitig schloss er eine Verlängerung der dreitägigen Waffenruhe, die von ihm um den 9. Mai herum ausgerufen worden war, nicht komplett aus. Diese Waffenruhe war um Mitternacht Ortszeit (23.00 Uhr MESZ) ausgelaufen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigte laut der russischen Staatsagentur Tass indes, dass die dreitägige Waffenruhe nicht mehr gelte. "Natürlich ist sie vorbei", sagte Peskow demnach. Es habe von der Gegenseite zahlreiche Verletzungen der Vereinbarungen gegeben und somit "keine ernsthafte Feuerpause".
Beide Kriegsparteien hatten sich auch nach Beginn der einseitig verkündeten Waffenruhe am Donnerstag gegenseitig Angriffe vorgeworfen. Selenskyj warf Putin vor, die Feuerpause der vergangenen Tage nur vorgetäuscht zu haben, um den 80. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion gegen Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg ungestört feiern zu können. "Die Angriffe an der Frontlinie gehen weiter", sagte der Staatschef bei einem Treffen der aus verbündeten Staaten bestehenden "Koalition der Willigen" in Kiew.
Merz nach Treffen in Kiew hoffnungsvoll
Bundeskanzler Merz, der französische Präsident Macron, der britische Premierminister Keir Starmer und der polnische Regierungschef Donald Tusk waren am Samstag nach Kiew gereist, um Russland von dort aus ultimativ zu einem bedingungslosen Waffenstillstand aufzufordern. Merz zeigte sich zunächst hoffnungsvoll. Im ZDF sagte er: "Dies ist die größte diplomatische Initiative, die es in den letzten Monaten, wenn nicht Jahren gegeben hat, um den Krieg in der Ukraine zu beenden."
Russlands Nachbarland verteidigt sich seit mehr als drei Jahren gegen Putins Angriffskrieg. Auch in der Nacht zum Sonntag gab es erneut Berichte über Drohnenangriffe im Kriegsgebiet.
Russland nennt Bedingungen für Waffenruhe
Russland hatte von den USA und der EU als Voraussetzung für eine 30-tägige Feuerpause ein Ende der Waffenlieferungen an Kiew gefordert. "Andernfalls wird es einen Vorteil für die Ukraine geben", sagte Kremlsprecher Peskow im Interview des US-Senders ABC.
Die Ukraine würde eine Waffenruhe dazu nutzen, um ihre "totale Mobilmachung" fortzusetzen, zusätzliche Truppen an die Front zu bringen, neue Soldaten auszubilden und den derzeitigen Kämpfern eine Atempause zu verschaffen, behauptete er. "Warum sollten wir der Ukraine solch einen Vorteil verschaffen?" Russland komme selbst gerade bei seiner Offensive in der Ukraine voran und habe die Initiative, betonte Peskow.
Beide Kriegsparteien bezichtigen sich immer wieder gegenseitig, kein echtes Interesse an einem Ende der Kampfhandlungen zu haben.
Mit Informationen von dpa und AFP
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