Unmittelbar nach den ersten Eilmeldungen aus Damaskus vom Sturz des Assad-Regimes gehörte Donald Trump zu den ersten, die den Zusammenhang zwischen dem Ende des syrischen Diktators und Putins Krieg gegen die Ukraine herstellten. Assads "Beschützer, Russland, angeführt von Wladimir Putin, war nicht mehr daran interessiert, ihn zu schützen", textete der künftige US-Präsident auf seiner Plattform "Truth Social". Für Russland habe es "keinen Grund gegeben, überhaupt dort zu sein". Putin habe "wegen der Ukraine" sein Interesse an Syrien komplett verloren.
Ein offensichtlicher Imageverlust für Putin
Mit dieser verkürzten, aber zutreffenden Einschätzung richtete Trump das Augenmerk auf den offenkundigen Imageverlust Putins. Russland sei wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine "momentan ein geschwächter Staat" mit einer "schlecht laufenden Wirtschaft".
Mit der sang- und klanglosen Aufgabe seines langjährigen Schützlings Bashar al Assad räumte Putin vor den Augen der Weltöffentlichkeit eines der wichtigsten Prestigeprojekte vom Tisch: Russlands Großmachtrolle im Nahen Osten als gleichwertiger geopolitischer Gegenpart zu den Vereinigten Staaten. Was aus den russischen Marine- und Luftwaffenbasen in Syrien, die Putin seit 2015 mit milliardenschwerem Einsatz hatte errichten lassen, unter der Ägide der neuen politischen Kräfte im Land werden wird, ist ungewiss.
Mit begrenzten Ressourcen in die Bredouille
Es sei offensichtlich, dass Russland mit seinen Ressourcen und begrenzten Möglichkeiten "in die Bredouille gekommen" sei, analysiert der Politik-Experte Nico Lange, Senior Fellow bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Moskau habe in Syrien nicht mehr so eingreifen können, wie es das noch vor einigen Jahren habe tun können, um Assad zu unterstützen.
Bei NDR Info bewertete Lange die Folgen des Sturzes von Assad für Putin als "echte Niederlage für Russland". Der Kreml habe einen sehr großen Aufwand betrieben, um den syrischen Diktator zu unterstützen und somit "diesen geopolitischen Fußabdruck in der Region" zu behalten. Gegenwärtig sei unklar, ob Russlands Militärbasen in Syrien bleiben könnten.
Der Ukraine dürfte die Syrien-Pleite kaum helfen
Mit Blick auf die Konsequenzen für die Ukraine kommt Lange zu dem Ergebnis, "dass Russland jetzt Truppen aus Syrien abzieht und diese dann sicher im Gebiet Kursk und in der Ukraine einsetzen" werde. Das werde die Situation auf dem Schlachtfeld für die Ukraine "nicht verbessern".
Putins Entscheidung, Assad fallen zu lassen, könnte auch eine "bewusste Ressourcenentscheidung" gewesen sein. Die russische Führung könnte sich gesagt haben: "Wir brauchen unsere Piloten, Bomben, Raketen, Flugzeuge und Luftabwehrsysteme, um unseren Krieg gegen die Ukraine zu gewinnen."
Grenzen der "russischen Machtprojektion" werden sichtbar
Für Russland sei der Sturz des Assad-Regimes "eine verheerende Niederlage", so auch die Nahost-Expertin Hanna Notte vom Center for Strategic and International Studies. Die militärischen und politischen Investitionen Russlands, um "im Mittelmeerraum Fuß zu fassen", seien nun in Gefahr.
Unabhängig davon, ob es Putin gelingen könnte, "einige Anteile an einem Syrien nach Assad zu behalten", führe kein Weg an der Schlussfolgerung vorbei: Putin habe "gerade eine schwere Niederlage erlitten". Die Aufgabe Assads sei das deutlichste Zeichen "seit dem Einmarsch von Putin in die Ukraine", dass es neue Grenzen für die "russische Machtprojektion" gebe.
Lange: Russland "Nimbus der Unbesiegbarkeit" hat gelitten
Zu einem ähnlichen Fazit kommt auch Nico Lange von der Münchner Sicherheitskonferenz: Für Putin und seine Geopolitik der vergangenen Jahrzehnte sei es "ein echtes Problem", dass er in Syrien einen Rückzieher habe machen müssen. Denn: "Das nehmen ja auch alle wahr." Putin kontrolliere die Medien in Russland, "aber trotzdem kriegen das alle mit", sagte Lange im Interview mit NDR Info. Der Nimbus der großen Stärke, "der Nimbus der Unbesiegbarkeit" Russlands habe jetzt "schon sehr stark gelitten".
Im Audio: Syriens Milizen bauen eine Übergangsregierung auf
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